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Aus: Ausgabe vom 04.05.2024, Seite 8 / Ansichten

Front gegen China

Baerbocks Besuch in Australien
Von Jörg Kronauer
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Annalena Baerbock auf der Marinewerft »Osborne Naval Shipyard« in der Nähe von Adelaide (Osborne, 3.5.2024)

Annalena Baerbock hat ein neues Lieblingsziel für Fotoshootings auf ihren Reisen in die Asien-Pazifik-Region entdeckt: Kriegsschiffe. Bereits im Juli 2022 hatte sie einen Besuch in Tokio genutzt, um einen Abstecher zur nahe gelegenen Marinebasis Yokosuka zu machen und sich dort auf einer japanischen Korvette ablichten zu lassen. Als sie im Januar 2024 in Manila eintraf, gingen Bilder um die Welt, die sie zeigten, wie sie an Bord eines philippinischen Patrouillenboots eine Drohne zu steuern versuchte. Für den Freitag schließlich hatte die Bundesaußenministerin die Besichtigung eines Patrouillenboots angekündigt, das in einer Werft im südaustralischen Adelaide liegt und dort unter Anleitung des Bremer Schiffbauers Lürssen für Australiens Marine gebaut wird: Nichts geht über eine romantische Kulisse.

Mit ihrem Auftritt in Adelaide vertrat Baerbock zum einen die Interessen der deutschen Rüstungsindustrie. Lürssen hat Ende 2017 den Auftrag erhalten, als Generalunternehmer den Bau von zwölf Patrouillenbooten für die australische Marine zu leiten. Gebaut werden sie in Adelaide und im westaustralischen Perth. Im Februar hat Canberra angekündigt, man werde nun doch nur sechs Boote kaufen. Der Grund: Die acht Atom-U-Boote, die Australien im Rahmen des AUKUS-Pakts gemeinsam mit Großbritannien und den USA bauen will, werden – kein Tippfehler – 368 Milliarden australische Dollar kosten. Das sind nach aktuellem Kurs 225 Milliarden Euro. Da muss halt anderswo gekürzt werden. Lürssen ist sauer und hofft, als Ersatz gemeinsam mit Thyssen-Krupp Marine Systems den Auftrag zum Bau der zehn Korvetten zu erhalten, die Canberra trotz allem noch beschaffen will. Dass Baerbock nicht in die Hauptstadt geflogen ist, sondern nach Adelaide, hat seinen Grund.

Baerbocks Auftritt in der Kriegsschiffwerft betonte zudem die Bedeutung, die Marinen und auch Küstenwachen zur Zeit für die deutsche Politik in der Asien-Pazifik-Region besitzen – klar: im Machtkampf gegen China. Washington ist dabei, die Seestreitkräfte verbündeter Staaten in der Region mit gemeinsamen Manövern eng zusammenzuschweißen; das gilt vor allem für Japan, die Philippinen und Australien. Die Seestreitkräfte der drei Staaten hielten im April erstmals eine gemeinsame Kriegsübung mit der US-Marine vor den Philippinen ab; im Sommer werden ihre Luftwaffen wohl zu einem gemeinsamen Manöver in Australien zusammentreffen. Teilnehmen wird auch die Bundeswehr.

Baerbock verpasste en passant den australischen Grünen einen verbalen Tritt in den Hintern. Die sind noch der Meinung, 368 Milliarden australische Dollar für Atom-U-Boote seien eine Katastrophe für Mensch und Umwelt, AUKUS gehöre in den Orkus. Baerbock hat derlei Bedenken längst hinter sich gelassen. Sie habe, teilte sie in Adelaide mit, keinerlei Einwände gegen Canberras Pläne – völlig egal, welche U-Boote, welches »andere Material« dabei im Spiel sei.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (4. Mai 2024 um 21:39 Uhr)
    Ein diplomatischer Erfolg erfordert stets eine unterstützende Machtposition im Hintergrund. Daher scheinen die Reisen von Frau Baerbock im Auftrag Deutschlands lediglich inszenierte Medienspektakel zu sein, geprägt von Wunschdenken, jedoch ohne substantielle Realität.

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