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Aus: Ausgabe vom 22.04.2008, Seite 3 / Schwerpunkt

Die Bahn und die Erinnerung

Mahnwache kontra Blockadehaltung
Die Berliner Initiative für den »Zug der Erinnerung« will am heutigen Dienstag mit einer Mahnwache vor dem Bahn-Tower am Potsdamer Platz ein Resümee des Aufenthalts in der Hauptstadt ziehen. Zugleich will sie damit, wie es in einer Erklärung vom Wochenende heißt, dagegen protestieren, daß die Deutsche Bahn AG »unbeeidruckt von allen Appellen nach wie vor keine Bereitschaft zeigt, den Zug der Erinnerung zu unterstützen«.

In der Tat hat der Vorstand des Unternehmens, spätestens mit der Weigerung, der rollenden Ausstellung auch in seinem Vorzeigebahnhof, dem Hauptbahnhof, ein Gleis zur Verfügung zu stellen, für öffentliche Empörung gesorgt. Allein vom damaligen Lehrter Bahnhof waren 1941/1942 über 7000 Menschen in die Vernichtungslager der Nazis deportiert worden. Wie schon an früheren Stationen des Zuges, der auf seiner bisherigen Fahrt über 6000 Kilometer bereits 160000 Besucher registrieren konnte, wurden auch hier technische und logistische Probleme vorgeschoben; erst am 11.April konnte die Initiative für den folgenden Tag »Freie Fahrt« für den Ostbahnhof signalisieren. Auch die letzte Station des Zuges in Berlin-Grunewald wurde erst nach Protesten freigegeben.

Ein zweiter Kritikpunkt betraf und betrifft die Trassen- und Stationsgebühren, die die Bahn-Spitze von der privaten Zug-Initiative verlangt; allein in Berlin sind das rund 10000 Euro. Das erinnert verdammt an die einst von der Reichsbahn für die Todestransporte kassierten Summen – vier Pfennige pro Person und Kilometer. Selbst Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee sah sich darob veranlaßt, der Bahn AG das Bekenntnis zur eigenen Vergangenheit nahezulegen und auf diese Einnahmen zu verzichten. In deren inzwischen von der Chefetage der Bahn in Aussicht gestellte Überweisung an eine jüdische Stiftung statt an den nichtjüdischen Trägerverein des »Zuges der Erinnerung« sah die taz »einen umgekehrten Arier-Paragraphen«.(jW)

Heute, 17 – 20 Uhr, Mahnwache vor dem Sitz der Deutschen Bahn AG am Potsdamer Platz in Berlin

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