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Aus: Ausgabe vom 17.05.2008, Seite 16 / Aktion

Linksaußen läuft was

Kurz vor der EM in den Alpenrepubliken bescheinigt der Verfassungsschutz der jungen Welt eine gute Form
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Auf den Redaktionsfluren geht die Angst um. Jeder verdächtigt jeden. Während freie Völker in einem schicksalhaften Kampf mit dem Terrorismus ringen, sollen hier mitten unter uns Extremisten am Werk sein. Für ein solches Klima hat der Jahresbericht 2007 des Bundesamtes für Verfassungsschutz gesorgt. »Einzelne Redaktionsmitglieder und ein großer Teil der Stamm- und Gastautoren sind dem linksextremistischen Spektrum zuzuordnen«, heißt es dort. Und damit nicht genug. Schließlich bezeichnet sich das Blatt sogar »selbst als ›konsequent linke, sozialistische Tageszeitung‹ und propagiert die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft.«

Der Erguß der Schlapphüte kommt diesmal etwas vorzeitig. Das ist auch kein Wunder, da die Erregungskurve der Traditionsantikommunisten leicht nach oben zeigt. Üblicherweise wird der Bericht der vorgeblichen Verfassungshüter am 23. Mai vorgestellt – aber das wäre ja nicht rechtzeitig vor dem Linke-Bundesparteitag. Das Datum erinnert an jenen Tag 1949, an dem das Grundgesetz nach Genehmigung durch die westlichen Militärgouverneure vom Parlamentarischen Rat verabschiedet wurde. Deutschland war damit gespalten. Ein schöner Anlaß also.

Die junge Welt läßt nicht im geheimen, was hier eigentlich geschützt wird, denn Grundgesetz und gesetzlich garantierte Pressefreiheit können es nicht sein. Der Hauptfeind stand bei dieser Behörde seit ihrer Gründung links: Vier Jahre nach dem Krieg, der in Osteu­ropa verbrannte Erde hinterließ, liefen schon die Vorbereitungen zur Aufstellung einer Armee unter Führung der Generäle Hitlers. Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein formulierte später: »Die neue Armee wurde nicht gegründet, um den Bonner Staat zu schützen, sondern der neue Staat wurde gegründet, um eine Armee gegen die Sowjets ins Feld zu stellen – mag diese Ratio den Paten im In- und Ausland auch nicht voll bewußt gewesen sein.«

Dieser Staatsräson folgte der Aufbau der bundesdeutschen Sicherheitsbehörden. Mag der Innenminister sich über islamischen Terror ausbreiten – es geht um die alten Großmachtinteressen und die Unterdrückung von sozialem Widerstand im Innern. Hieraus leitet sich die Existenzberechtigung für einen Geheimdienst wie den Verfassungsschutz ab. Keine guten Referenzen, sollten bei der jungen Welt tatsächlich Pläne für eine neue Ordnung geschmiedet werden, natürlich gespickt mit Schutz- und Sicherheitsorganen und einer roten Christel an der Spitze der Justiz. Kann denn Sozialismus Sünde sein?

Wir haben gehaltvollere Berichte als das Bundesamt, nicht zuletzt darüber, was die Schattenpolitik derjenigen angegeht, die als Helden der freien Welt Recht und Gesetz brechen. Über deren »Leichen im Keller« finden Sie ein ganzes Dossier in unserer Onlineausgabe.

Kurz vor der Fußball-EM zeigt sich die junge Welt gut in Form. Die Spielerbeobachter vom Bundesamt in Köln zählen uns als »bedeutendes Printmedium im linksextremistischen Bereich« sogar zum Favoritenkreis. Im Abo, im Internet, am Kiosk können Sie als Leserinnen und Leser dazu beitragen, daß wir als starker Linksaußen weiter im Spiel bleiben.
Verlag und Redaktion

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!