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Aus: Ausgabe vom 29.11.2008, Seite 16 / Aktion

Marxistisches Gedankengut

Von Dietmar Koschmieder
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»Ein weniger prominenter Mörder, der keine Spur von Reue zeige, könne wohl kaum mit einer solchen Vorzugsbehandlung rechnen«, teilt der Bundesverband der Republikaner am Dienstag anläßlich der angekündigten Freilassung des Gefangenen aus der RAF Christian Klar mit. »Durch sein Grußwort an die linksextremistische Rosa-Luxemburg-Konferenz (...) habe sich Klar als geistiger Brandstifter gezeigt«, heißt es weiter.

Einen Tag später schreibt zum gleichen Thema Christian Bommarius in der Berliner Zeitung, daß die Freilassung von Christian Klar keine Mißachtung des Rechtsempfindens, sondern schlicht geltendes Recht sei. »Damit verweigern sie (die Richter) Klar ein letztes Mal, was er seit seiner Festnahme im November 1982 begehrte: die Anerkennung als politischer Gefangener. Er wird behandelt wie jeder andere. Das ist keine Schwäche, sondern ein Triumph des Rechtsstaats.«

Christan Klar war kein politischer Gefangener? Daß es in der Diskussion weniger um sein Verhalten vor der Verhaftung, sondern um seine Haltung danach geht, belegen die Überschriften zu den Berichten in den Medien anläßlich seines obengenannten Grußwortes im Februar 2007: »Nach marxistischem Grußwort: Politiker warnen vor Begnadigung Klars« (Rheinische Post); »Bayerns Justizministerin Dr. Beate Merk (...): ›Wer sich so äußert, kann nicht gleichzeitig Gnade erwarten‹« (Pressemitteilung Bayerisches Justizministerium); »Der frühere RAF-Terrorist Christian Klar ruft weiter zum Kampf gegen das Kapital auf. Darf er dennoch begnadigt werden?« (Zeit online), »Marxistisches Gedankengut. Klar will Kampf gegen das Kapital fortsetzen. Die Weltanschauung des früheren RAF-Terroristen Christian Klar scheint sich auch in 24 Jahren Haft nicht geändert zu haben« (sueddeutsche.de) usw.


FDP-Chef Guido Westerwelle hat es schon damals auf den Punkt gebracht: »Wer (...) unsere Grundordnung nicht anerkennt, hat keine Gnade verdient.« (Rheinische Post) Im Gegenteil: Wer sich antikapitalistisch äußert, muß mit der vollen Härte des kapitalistischen Staates rechnen. Zu dessen politischem Personal gehört auch der Studentenverband RCDS, und der erinnerte schon 2007 in einer Erklärung daran, wie gefährlich die RAF einst war: »Eine vorgezogene Haftentlassung Klars ist in der jetzigen Situation eine Beleidigung für alle standfesten Demokratinnen und Demokraten, die in den 70er Jahren den Mut hatten, die Ziele der RAF abzulehnen und die Grundwerte unserer Demokratie zu verteidigen«. Solche gab es damals also auch. Und heute? Selbst in den Wirtschaftsteilen jeder besseren Zeitung kann man marxistische Grußworte lesen.

Doch nicht bei allen ist marxistisches Gedankengut reine Konjunktursache. Auch bei der jungen Welt nicht. Noch kann man sie drei Wochen lang probelesen. Oder gleich abonnieren.

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