Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025

Klare Ansagen

Die Rosa-Luxemburg-Konferenz 2011 bot mehr als die »Kommunismus«-Hysteriker wahrnehmen wollen
Von Arnold Schölzel
Samstag im Humboldt-Saal der Berliner Urania: Politisches Spitzenprogramm von 11 bis 20 Uhr
Sorgte schon beim Konferenzauftakt für gefüllte Reihen – der israelische Soziologe Moshe Zuckermann
Gefragte Grundlagenlektüre an einem der vielen Büchertische
Der gutgelaunte Konferenzmoderator Dr. Seltsam verkündete gegen 19.20 Uhr am Sonnabend: »Wir haben einen neuen Besucherrekord – 2000 Leute drinnen, 2000 Leute draußen und 5000 Polizisten vor dem Gebäude«. Die Zahlen waren leicht übertrieben, aber richtig ist: Mit 2200 Gästen war die Rosa-Luxemburg-Konferenz 2011 so gut besucht wie keine zuvor. Während der mit enormem Beifall aufgenommenen Rede der Linksparteivorsitzenden Gesine Lötzsch (siehe Seiten 4/5) mußte der Saal der Berliner Urania wegen Überfüllung gesperrt werden, so daß viele Besucher das Geschehen dort nur über die zahlreichen Monitore im Gebäude verfolgen konnten. Das Aufgebot an staatlichen Ordnungshütern entsprach einer Bürgerkriegslage. Antikommunismus wirkt: Einige Hoffnungsträger des Anti-Islamvereins »Pro Deutschland« wurden von den Uniformierten auf Distanz gehalten. Die wiederum verhinderten eine körperliche Auseinandersetzung zwischen vor dem Gebäude aufmarschierten »Opfern des Stalinismus« und dort anwesenden Neonazigegnern nicht. Die wie stets bei solcher Gelegenheit zufällig anwesenden Fernsehteams hatten die für sie wichtigsten Bilder des Tages im Kasten.

Nahostkonflikt

Das Gesamtangebot der Konferenz interessierte die rund 140 akkreditierten Pressevertreter ohnehin nicht. Die Besucher folgten allerdings anderen Kriterien als sie. Bereits zum Beitrag des ersten Referenten, des Soziologen und Historikers Moshe Zuckermann aus Tel Aviv, füllte sich der Konferenzsaal. Zuckermann knüpfte an Rosa Luxemburgs Einsicht an, daß »der Kapitalismus als Imperialismus der Kriege bedarf, wie uns George W. Bush im vergangenen Jahrzehnt« gelehrt habe. Die Grundstruktur des Nahostkonflikts lasse sich von daher begreifen. Der Redner nannte für ihn zwei Hauptursachen: Die Nationalstaatsidee, die der Zionismus in anomaler Form aufgegriffen habe – ohne Staat, ohne Kollektiv und ohne Sprache. Zweitens das Resultat des Ersten Weltkrieges mit den Völkerbundmandaten für Großbritannien und Frankreich in der Region, die aus der »Logik des Kolonialismus und Imperialismus« heraus von den beiden Mächten ausgeführt wurden. Sie hätten einen Territorialkonflikt hinterlassen. Den aber habe religiöser Fundamentalismus in Israel und auf palästinensischer Seite »kontaminiert«. Palästina sei derzeit nicht so konsolidiert, daß es Verhandlungspartner sein könne, Israel aber wünsche keine Verhandlungen. Zu erhoffen sei eine Befriedung, die reale soziale Kämpfe wieder möglich mache. Zuckermann warnte davor, sich durch Antisemitismusvorwürfe deutscher Medien von Kritik an Israel abschrecken zu lassen. Allerdings sei zu beachten: Juden, Zionismus und Israel seien ebenso drei verschiedene Dinge wie Antisemitismus, Antizionismus und Israelkritik.

Der Generalsekretär der nord­irischen Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes (NIPSA), Brian Campbell, und Christos Katsotis, Mitglied des Sekretariats der griechischen Gewerkschaftsvereinigung PAME, berichteten in einem zweiten Vortragsblock über die Versuche ihrer Organisationen, die verheerenden Auswirkungen des neoliberalen Krisenmanagements auf die Lebenslage der Bevölkerung ihrer Länder abzuwehren. Campbell stellte heraus, daß Nordirland de jure nicht souverän sei und die Republik Irland ihre Souveränität an Europäische Zentralbank und Internationalen Währungsfonds verloren habe. Die neue Londoner Regierung setze unmittelbar den »Klassenkrieg« fort, der seit den Zeiten der Premierministerin Margaret Thatcher im Vereinten Königreich von oben geführt werde. In Irland bezahlten die einfachen Menschen für Bankenrettung und die Krise insgesamt durch harte Einschnitte in ihre Einkommen. Der Redner verwies auf jene Länder Lateinamerikas als Vorbild, die wie Kuba oder Venezuela es geschafft hätten, ihre staatliche Unabhängigkeit zu wahren – zugunsten der Bevölkerung. Katsotis charakterisierte die Krise als »Ausdruck einer parasitären Produktionsweise« und schilderte das Engagement von PAME (»ziviler Ungehorsam und Unbeugsamkeit«) in den Kämpfen gegen die von außen auferlegte Kürzungspolitik. Die Rede vom Staatsbankrott sei eine Formel, um von Arbeitslosigkeit, Rentenkürzungen und anderen Maßnahmen zur Verminderung von Fami­lienbudgets abzulenken.

Alternative Außenpolitik

Der ungarische Philosoph und Politiker Gáspár Miklós Tamás widmete sich in seinen Ausführungen einem zentralen Gedanken: »Es ist zu spät, die bürgerliche Demokratie zusammen mit bürgerlichen Kräften retten zu wollen. Das geht nur mit einer starken, selbstbewußten Linken.« Er bezog diese Marschroute ausdrücklich nicht nur auf Ungarn, wo mit »links« in der Bevölkerung derzeit nur Privatisierung jeglichen staatlichen Eigentums, Freihandel, Unterstützung des Afghanistan-Krieges und Senkung aller Sozialausgaben verbunden werde, sondern auf die entwickelten kapitalistischen Länder insgesamt.

Über konkrete Alternativen zu den Zielen heutiger imperialistischer Außenpolitik sprach als letzter Referent vor der Podiumsdiskussion der Exminister Venezuelas David Velásquez, derzeit Botschafter seines Landes in Teheran. Die Integrationsmechanismen, auf die sich eine Reihe von Ländern Südamerikas geeinigt hätten, seien darauf ausgerichtet, neue Strukturen in den internationalen Beziehungen souveräner Staaten zu etablieren und daher den »betrügerischen Projekten des Imperialismus« entgegengesetzt. Aus Sicht Venezuelas dienten die Bemühungen auf diesem Gebiet dem Ziel, »eine multipolare Weltordnung durchzusetzen und verschiedene Sozialismen« zu etablieren. Das fordere die USA und die EU zu Kampagnen heraus, in denen die Realität der Verhältnisse in seinem Land verzerrt werde. Bei allen Fehlern gehe es darum klarzustellen, daß Großmächte nicht das Recht haben, anderen Ländern ihren Entwicklungsweg vorzuschreiben.

Ergänzt und illustriert wurden diese klaren Ansagen, wie auf Rosa-Luxemburg-Konferenzen üblich, durch kurze Statements zu konkreten Ereignissen und Personen: Toni Köhler-Terz berichtete über die neugegründete Assoziation antikapitalistischer Künstler, der Pressesprecher der Stuttgarter »Parkschützer«, Matthias von Hermann, rief zur Teilnahme an der nächsten Großdemonstration gegen »Stuttgart 21« am 29.Januar und zum bundesweiten Ak­tionstag an allen Hauptbahnhöfen am 5.Februar auf. Rolf Becker erläuterte die Situation des in einer US-Todeszelle gefangenen Mumia Abu-Jamal und plädierte eindringlich, einmütig für dessen Befreiung zu kämpfen; eine Vertreterin der Roten Hilfe warb für konkrete Solidarität mit politischen Gefangenen. Verleger Willi Baer stellte die Vorhaben der »Bibliothek des Widerstandes« vor, Thomas Rudek forderte zur Teilnahme am Volksentscheid über die Veröffentlichung der Geheimverträge zwischen dem Land Berlin, RWE und Veolia Wasser – einschließlich aller Nebenabsprachen – am 13. Februar auf. Zwei Höhepunkte des Tages: Eine Liveschaltung zur Großdemonstration im baskischen Bilbo (Bilbao) für politische Gefangene und die Worte an das Auditorium von Irma Sehwerert Mileham, der Mutter von René González, einem der in den USA nach einem politisch gelenkten Verfahren inhaftierten Cuban Five.

Von all dem bekamen die sogenannten Medienvertreter wenig mit. Ihre »Berichterstattung« meidet die Wiedergabe von Argumenten.

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