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30.06.2017, 17:59:31 / Sommer des Widerstands

Reise ans Ende der Nacht

Jérôme Leroy: Der Block
Von Anselm Lenz
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Der rechte Block fischt im Frankreich der Gegenwart erfolgreich nach Jüngern, um seine Regierungsübernahme vorzubereiten. Frankreich ist am Ende, ein ständiger Ticker im TV zeigt die Opferzahlen der aufbrechenden Konflikte im Land. »Diese Generation war in einer virtuellen Welt groß geworden, mit der Angst vor AIDS, vor Fremden, vor Arbeitslosigkeit, vor sozialer Unsicherheit, inmitten skandalöser Verarmung in den Einfamilienhausgebieten.«

Für die Schergen um Stanko sind die bürgerkriegsähnlichen Zustände wie ein Biotop. Er steht einer Gruppe vor, die als eine der härtesten Schläger- und Mörderbanden im Umfeld der ultrakonservativen Partei Frankreichs den Rücken freihält und Nachwuchs rekrutiert. Irritierend für Stanko, dass sich immer öfter Algerier bei ihm für seinen neofaschistischen Trupp melden, aber zeitweise »brauchbar«.

»Du liebtest das Testosteron, das förmlich in der Luft lag, (...) das spürte man, wie sie darauf brannten zu kämpfen, ihre Sehnsucht nach Gewalt« – auch der Parteifunktionär Antoine Maynard liebt die Brutalität. Maynard begegnet dem Leser als abgefallenes Bürgersöhnchen, das am Lycée, dem französischen Gymnasium, zum Fan präfaschistischer Literatur und in der Gegenwart Parteifunktionär und Ehemann der neuen Vorsitzenden des Front National ist.

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Mit der Entwicklung dieser beiden Freunde Stanko und Maynard, der eine wird selbst zum Verfolgten, der andere zum staatstragenden Politkader, zeichnet der Autor vier Jahrzehnte einer Entwicklung des rechten Milieus in Frankreich nach. Eine Gärungszeit in den Dekaden der Neoliberalen Epoche, als deren Ergebnis sich in der Gegenwart längst jener vorgorene, düstere Wein in die Straßen der »Grande ­Nation« ergießt.

Die »klassischen antifaschistischen Denkmuster allein genügen nicht mehr«, schreibt der Autor im Nachwort; denn in diesem Roman gibts was zu lernen, auch über das Versagen der Linken und insbesondere der Linksbürgerlichen. Leroy hat uns mehr zu erzählen als Didier Eribon – und ist mit kriminalistischer Präzision unterhaltsam. In verständlicher Sprache und nachvollziehbaren Figuren überzeichnet Leroy das Bild der Fünften Republik, wo sie sozialpsychologisch und ökonomisch derzeit ist: Nah am Abgrund.

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