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Aus: Ausgabe vom 02.02.2013, Seite 16 / Aktion

Verschleiern statt aufklären

Glaubwürdig ist nur, wer die Dinge beim Namen nennt
Von Dietmar Koschmieder
Fotomontage vo
Ausriß der Berliner Zeitung vom 30.01.2013 / Fotomontage von John Heartfield (Titelseite der Arbeiter Illustrierten Zeitung vom 16.10.1932)
Hitler war der »Mann der Millionen«, titelt die Berliner Zeitung am Mittwoch dieser Woche. Und wer hat ihn an die Macht gebracht? »An die Macht trug ihn die erste moderne Volkspartei«. So sieht im Kern die »Analyse eines verhängnisvollen Aufstiegs« in dieser Zeitung aus. Belegt wird das unter anderem mit den Ergebnissen der Wahlen zum 6. Reichstag vom 31. Juli 1932: 37,4 Prozent für die NSDAP! Verschwiegen wird, daß diesen nur wenige Monate später die Wahl zum 7. Reichstag am 6. November 1932 folgte, bei der die Nazipartei auf 33,1 Prozent abrutschte. Zum Vergleich: SPD und KPD konnten sich zusammen auf 37,3 Prozent verbessern. Hitler erhielt erst daraufhin den Auftrag zur Regierungsbildung von Reichspräsident Hindenburg und dessen Hintermännern. Hindenburg handelte so nicht wegen sensationeller Stimmengewinne für die Faschisten sondern im Gegenteil deshalb, weil deren Bewegung den Zenit bereits überschritten zu haben schien. Die Hitlerfaschisten bekamen ihre Machtposi­tion nicht von vielen Millionen, sondern von wenigen Millionären übertragen. John Heartfield erkannte dies damals schon (»Millionen stehen hinter mir«), Götz Aly und die Berliner Zeitung verschleiern 80 Jahre später einfache Tatsachen mit Legendenbildung.

Allerdings brauchen bürgerliche Medien dazu nicht immer so lange. In dieser Woche meldete der Radiosender RBB in seinen Nachrichten, daß Deutschland seine Beteiligung an den Hilfsaktionen in Afrika ausweiten werde. Gemeint ist allerdings nicht die Lieferung von Nahrungsmitteln für Hungernde, sondern die Beteiligung an einem grausamen Krieg gegen die Bevölkerung in Mali. Am Schluß heißt es dann, daß es zum bundesdeutschen Einsatz Proteste gegeben habe. Die Rede war allerdings nicht von linken Abgeordneten oder der Friedensbewegung, sondern davon, daß Deutschland sich nicht umfassender und engagierter am Krieg beteiligt. Da paßt es auch ins Bild, wenn am Donnerstag derselbe Sender von einer »Ak­tion« der israelischen Regierung in Syrien berichtet. Aktion? Wenn eine Regierung Bomberpiloten den Auftrag gibt, in ein fremdes Land einzudringen und dort tödliche Sprengmittel abzuwerfen, ist das keine »Aktion«, sondern ein Terrorakt, der die UN-Charta kraß verletzt, wie das unverschleiert in der jungen Welt vom Freitag nachzulesen war.


Wenn Medien sich weigern, die Dinge beim Namen zu nennen, dürfen sie sich nicht wundern, daß sie an Glaubwürdigkeit verlieren. Immerhin tragen sie so zur Erkenntnis bei, von welchem Standpunkt und in wessen Interessen sie berichten und analysieren.

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