4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 24.03.2018, Seite 16 / Aktion
Zeit, sich ein anderes Bild von der Welt zu machen

Zensur findet statt

Kriegspropaganda jederzeit möglich, Werbung für Frieden bleibt verboten
Von Dietmar Koschmieder
Visualisierung des jW-Radiospots »›Putin ist ein Kriegstreiber‹
Visualisierung des jW-Radiospots »›Putin ist ein Kriegstreiber‹ – Zeit, sich ein anderes Bild von der Welt zu machen«

Dem Vormarsch rechter Politik und Kultur muss offensiv etwas entgegengesetzt werden. Deshalb war es wohltuend, dass sich auf der Leipziger Buchmesse mehr als 80 Verlage zu dem Bündnis »Verlage gegen rechts« zusammengefunden haben und so das rassistische Geschwätz rechter Verlage und Besucher auf der Messe nicht unwidersprochen blieb. Wir setzen in der Tageszeitung junge Welt mit jeder Ausgabe ein Signal gegen Rechtsentwicklung, Desinformation und Kriegstreiberei. Wir beschreiben weltweite Ausbeutung – und leisten es uns, Täter und Opfer, Ursache und Wirkung auseinanderzuhalten. Allerdings ist es für eine Zeitung mit klarer linker Ausrichtung nicht einfach, sich auf dem komplizierten kapitalistischen Markt zu halten.

Für eine Zeitung, die fast ausschließlich über Einnahmen aus Abonnements finanziert wird, ist es überlebenswichtig, dass möglichst viele Menschen das Angebot kennen. Nur dann können sie auf die Idee kommen, die junge Welt zu kaufen. Doch leider wird unsere Zeitung im Mediendschungel gerne verschwiegen. Selbst wenn sie internationale Konferenzen mit 3.000 Besuchern veranstaltet wie zuletzt die Rosa-Luxemburg-Konferenz im Januar. Auch deshalb ist die junge Welt gezwungen, regelmäßig viel Geld in die Hand zu nehmen, um über verschiedene Kanäle Werbung für das Lesen der Zeitung zu machen.

Selbst das geht nicht ohne Schwierigkeiten: Die Deutsche Bahn verweigert der jungen Welt schon seit Jahren generell die bezahlte Nutzung von Werbeflächen, weil sie vom Verfassungsschutz beobachtet werde. Und diverse Radiosender lehnten bereits gebuchte jW-Radiospots aus inhaltlichen Gründen ab. So wurde vergangenes Jahr die Ausstrahlung eines bezahlten Radiospots mit dem Lied »Kleine weiße Friedenstaube« und dem folgenden Slogan »Zeitung gegen den Krieg« abgelehnt – mit der Begründung, es handele sich dabei um Friedenspropaganda.

Auch in diesen Tagen müssen wir Zensur hinnehmen: Im Rahmen der aktuellen jW-Probeabo-Kampagne schalteten wir fünf unterschiedliche Radiospots, die in Hamburg anstandslos gesendet wurden – nicht aber in Berlin, hier wurden zwei nicht freigegeben. Einer davon geht so: Eine Leserin liest eine Zeitungsschlagzeile vor: »Putin ist ein Kriegstreiber ...« Sie zerknüllt verärgert die Zeitung, ein Sprecher sagt: »Zeit, sich ein anderes Bild von der Welt zu machen.« Auch der folgende Spot wird in Berlin nicht gesendet: Der Aussage »Bundeswehr fehlt Winterkleidung für die NATO-Ostfront« wird die Aufforderung entgegengestellt, sich ein anderes Bild von der Welt zu machen. Wohlgemerkt: Es handelt sich in beiden Fällen nicht um Erfindungen, sondern um Zitate aus Zeitungen. Und was lernen wir daraus? Zum einen, dass Kriegspropaganda jederzeit möglich ist, Werbung für den Frieden allerdings nicht. Die Vorgänge sind aber auch ein weiterer Beweis dafür, dass ohne die aktive Mitwirkung unserer Leserinnen und Leser eine Steigerung der verkauften jW-Auflage nicht möglich ist.

Alle fünf Radiospots können online im Aktionsblog der jungen Welt gehört werden.

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Leserbriefe zu diesem Artikel:

  • Harald Möller: Keine Gießkanne Allgemeine Werbung zum Beispiel über Werbespots oder Plakate wird sowieso überschätzt. Viel effizienter ist die persönliche Werbung entweder durch Personen, die ihren Bekannten, Freunden oder Familien...

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