Abnutzung an der »Blauen Linie«
Von Karin LeukefeldDie Gefechte zwischen Israel und Libanon weiten sich aus. Am Montag schoss die libanesische Hisbollah über dem Gebiet von Iklim Al-Tuffah eine israelische Drohne des Typs »Hermes 450« von Elbit Systems ab und veröffentlichte ein Video von dem Abschuss sowie Bilder, die technische Details der Drohne illustrieren. Das mehr als sechs Meter lange Flugobjekt kann mit Mehrfachladungen von Bomben und Raketen bestückt werden und wird von der israelischen Luftwaffe zur Überwachung und für Angriffe eingesetzt. Stückpreis liegt bei zwei Millionen US-Dollar.
Im israelischen Fernsehen wurde der Vorfall mit Militärexperten und ehemaligen Offizieren breit diskutiert. Israel verstricke sich in einen »Abnutzungskrieg« mit der Hisbollah, sagte der ehemalige Berater im israelischen Verteidigungsministerium David Hakham. Ein pensionierter Offizier warnte, jeder Pilot müsse mit einem Abschuss über dem Libanon rechnen. Die Hisbollah verfüge über ein hochentwickeltes Luftverteidigungssystem.
Israel reagierte noch am selben Tag mit einem Raketenangriff auf ein Gebäude unweit der Stadt Baalbek, im Nordosten des Libanon und weit von der »Blauen Linie«, der Demarkationslinie zwischen den beiden Ländern, entfernt. Man greife »Hisbollah Terrorziele tief im Inneren von Libanon an«, hieß es in einer ersten Erklärung. Eine »Luftverteidigungseinheit der Hisbollah in Baalbek« sei zerstört worden. Auch die abgeschossene Drohne sei vernichtet worden, um zu verhindern, dass der Hisbollah sensible Daten in die Hände fallen könnten. Zusätzlich habe die israelische Armee einen Hisbollah-Kommandeur mit einem Drohnenangriff getötet. Die libanesische Organisation bestätigte den Tod eines Mitgliedes in dem Ort Madschal.
Nach Angaben aus Baalbek wurden ein Lager für Lebensmittel der Supermarktkette Al-Nur sowie ein Wohnhaus bombardiert. Zwei Angehörige der Hisbollah kamen bei dem Angriff auf das Lager ums Leben. Al-Nur verkauft Waren zu ermäßigten Preisen an Libanesen, die aus armen Familien stammen. Als Reaktion auf die Zerstörung des Lebensmittellagers und der Angriffe in Baalbek feuerte die Hisbollah am Dienstag morgen rund 40 »Katjuscha«-Raketen auf die israelische Militär- und Aufklärungsbasis auf dem Meron Berg. Israel reagierte erneut mit Beschuss von Dörfern im Südlibanon. Kurz vor jW-Redaktionsschluss meldete die Hisbollah Angriffe auf eine weitere israelische Militärbasis auf dem Gebiet der von Israel besetzten Scheeba-Höfe.
Die Ziele, die von den Raketen diesseits und jenseits der »Blauen Linie« zerstört werden, sagen viel über die Angreifer aus. Während die Hisbollah seit dem 8. Oktober gezielt die israelische Militär- und Überwachungsstruktur in einer Entfernung von bis zu acht Kilometern südlich der »Blauen Linie« angreift und Überwachungs- und Angriffsdrohnen der israelischen Streitkräfte im libanesischen Luftraum attackiert, greifen die israelischen Streitkräfte neben Stützpunkten im südlichen Libanon vorwiegend zivile Infrastruktur an. Die libanesische Hisbollah und andere Militante erklären ihre Angriffe auf die militärische Infrastruktur Israels als Unterstützung für den palästinensischen Widerstand. Gibt es einen Waffenstillstand im Gazastreifen, sollen auch die Waffen an der »Blauen Linie« schweigen.
Der israelische Verteidigungsminister Joaw Gallant kündigte den »Krieg gegen Libanon« an, sollte sich die Hisbollah nicht aus dem Süden des Landes bis hinter den Litani-Fluss zurückziehen. Die Hisbollah werde von der Grenze vertrieben, so Gallant, »mit Krieg oder mit Verhandlungen«. Hassan Nasrallah, Generalsekretär der Organisation, erklärte vor zwei Wochen, es sei »einfacher, den Litani-Fluss an die Grenze zu bringen, als die Kämpfer der Hisbollah von der Grenze weg und hinter den Litani-Fluss zu drängen«. Libanesisches Territorium gehöre dem Libanon.
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