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Aus: Ausgabe vom 18.04.2024, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft
Arbeitsbedingungen unter Tage

Bergmann gewinnt gegen K+S

Kali- und Salzkonzern muss Kumpel weiterbeschäftigen. Kritik an Vorgesetzten ist erlaubt
Von Susanne Knütter
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Das Urteil hat Bedeutung für alle Beschäftigten. Der Bergbaukonzern K+S, der im Herbst letzten Jahres einen jungen Bergmann wegen einer kritischen Rede auf einer Betriebsversammlung fristlos entlassen hat, muss ihn weiter beschäftigen. Das Arbeitsgericht Fulda entschied am 10. April im »Prozess Julian Wächter gegen K+S«: Die Kündigung war rechtswidrig. »Das Arbeitsverhältnis wurde weder durch die außerordentliche, noch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung aufgelöst«, erklärte die Anwaltskanzlei Meister und Partner, die den Bergmann in der Sache vertrat. Auch der Versuch des Konzerns, das Arbeitsverhältnis durch das Gericht aufzulösen, wurde abgewiesen.

»Damit steht fest, wer sich in dieser Auseinandersetzung rechtswidrig verhalten hat: Nicht der Kläger, sondern die Beklagte K+S«, kommentierte der Anwalt des Arbeiters, Peter Weispfenning. Kritische Äußerungen auf einer Belegschaftsversammlung zu Arbeitsbedingungen, Arbeitssicherheit, Arbeitsplatzabbau, aber auch zu politischen Fragen, wie Kritik an Regierung und AfD mit betrieblichem Bezug sind durch das Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt. Belegschaftsmitglieder haben das Recht, solche Kritiken in deutlicher und auch polemischer Form vorzutragen. Solange sie einen Tatsachenkern haben.

Den hatte K+S bestritten. Etwa bei der Aussage über »drei Herzinfarkte in der A-Schicht in Unterbreizbach«. Tatsächlich sei aber unstrittig, dass Kollegen während der Schicht über stechenden Schmerz in der Brust geklagt hatten, wie lokale Medien nach dem Prozess berichteten. Die Aussage zu den Herzinfarkten war somit nicht frei erfunden, wie der Konzern unterstellt hatte.

Auch K+S’ Unbehagen über die kritischen Medienberichte nach der Entlassung, für die das Unternehmen ausgerechnet den gekündigten Bergmann verantwortlich machen wollte, ließ das Arbeitsgericht nicht als Argument gelten. Kurzum: Julian Wächter hat auf ganzer Linie gewonnen.

Dennoch darf er noch nicht in den Schacht zurück. K+S wurde zwar gerichtlich verpflichtet, Wächter als Bergbautechnologen weiterzubeschäftigen bis zum Ende des Rechtsstreits (es kann noch Berufung eingelegt werden). Der Kumpel hatte seine Arbeitskraft nach dem Sieg auch sofort angeboten, wurde aber abgewiesen. Zunächst mit der Begründung, das schriftliche Urteil läge noch vor. Am Dienstag wurde der Bergmann nach jW-Informationen erneut abgewiesen, mit dem Argument, seine Untersuchung zur Grubentauglichkeit stünde noch aus und man wisse noch nicht genau, wo bzw. in welcher Grube man ihn in Zukunft einsetzen wolle. Rainer Weinmann von der Initiative »Kumpel für AUF«, die den Bergmann unterstützt, sieht sich in seiner Einschätzung bestätigt, die Entlassung sei politisch motiviert gewesen. Der kritische Kumpel soll – auch vor dem Hintergrund des laufenden Umbaus des Betriebs im Rahmen des Projekts Werra 2060 – möglichst ferngehalten werden von der Belegschaft.

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