4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 20.04.2024, Seite 1 / Titel
Naher Osten

Schlagabtausch als Show

Iran mit Raketen angegriffen, Israel gibt keinen Kommentar ab. Offenbar bleibt militärische Reaktion Teherans aus
Von Knut Mellenthin
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Militärangehörige vor einer Nuklearanlage in Isfahan, Iran (19.4.2024)

Was am Freitag morgen fragen ließ, ob das die angekündigte Revanche Israels für den iranischen Großangriff mit Drohnen, Raketen und Marschflugkörpern am vergangenen Sonntag war, schien sich im Verlauf des Tages auf eine banale »Botschaft« an Teheran zu reduzieren: Israels Streitkräfte sind in der Lage, jederzeit das Territorium der Islamischen Republik zu erreichen. Das ist bei einer Luftlinienentfernung von 1.590 Kilometern zwischen Tel Aviv und Isfahan allerdings keine Sensation.

Ein israelischer Gegenschlag war nach der Operation »Wahres Versprechen«, mit der Iran die Tötung von sieben Offizieren der Revolutionsgarden in seiner Botschaft im syrischen Damaskus am 1. April rächen wollte, als selbstverständlich erwartet worden. Am Dienstag meldeten israelische Medien ohne offizielle Bestätigung, das Kriegskabinett habe sich über die Art der Reaktion verständigt, nur der Zeitpunkt sei noch nicht festgelegt worden.

Am Donnerstag seien laut Bloomberg News die USA darüber informiert worden, dass in den nächsten 24 bis 48 Stunden ein Luftangriff auf Iran stattfinden werde. Ein israelisches Kampfflugzeug habe dann nach Angaben der Jerusalem Post in der Nacht auf Freitag Raketen auf einen Stützpunkt der iranischen Luftwaffe bei der Stadt Isfahan abgefeuert. Dieser soll bei den Drohnen- und Raketenangriffen vom Wochenende eine wichtige Rolle gespielt haben. Die iranische Luftabwehr habe versucht, den israelischen Beschuss abzuwehren. Laut der iranischen Agentur Fars sei die Flugabwehr auch in der Stadt Täbris aktiviert worden. Zudem seien in der Nacht auf Freitag auch Stellungen in Syrien angegriffen worden.

Zuerst war allerdings aus Iran berichtet worden, dass kurz nach Mitternacht drei Drohnen über Isfahan aufgetaucht und abgefangen worden seien. Das habe die Explosionsgeräusche verursacht, die weithin wahrgenommen worden seien. Es habe keine Beschädigungen gegeben, niemand sei verletzt worden, hieß es in einer Stellungnahme der iranischen Luftabwehr. Die Nachrichtenagentur Reuters zitierte einen nicht näher bezeichneten iranischen »Offiziellen« mit der zunächst unbestätigten Aussage, dass keine militärische Antwort gegen Israel geplant sei. Ein ausländischer Ursprung des Vorfalls sei nicht ermittelt, ein Angriff von außen nicht bemerkt worden. Alles weise eher auf eine »Infiltration« als auf einen Angriff aus Israel hin. Das Wort »Infiltration« wird im Iran in Zusammenhang mit Aktivitäten von bewaffneten Organisationen benutzt, die angeblich von ausländischen Geheimdiensten und Streitkräften unterstützt werden.

Offizielle israelische Stellungnahmen zu den Vorgängen gab es am Freitag zunächst nicht. Mehrere Medien, darunter die Washington Post, meldeten jedoch Äußerungen, die anonym bleibenden israelischen »Offiziellen« zugeschrieben wurden. Demnach sei der Angriff »sorgfältig kalibriert« worden und als »Botschaft« gemeint, dass Israel technisch in der Lage sei, im Iran erhebliche Schäden zu verursachen, aber in der gegenwärtigen Situation lieber eine Eskalation vermeiden wolle. In diesem Sinn hatten offenbar in den vergangenen Tagen eine Reihe westlicher Staaten, darunter die USA und die Hauptmächte der EU, auf die von Benjamin Netanjahu geführte Regierung einzuwirken versucht. Die iranische Berichterstattung könnte dafür sprechen, dass auch Teheran es bei dem Schlagabtausch belässt.

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