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Aus: Ausgabe vom 19.06.2024, Seite 8 / Ansichten

Scharfmacher vor

Von Jörg Kronauer
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Estlands Ministerpräsidentin Kaja Kallas soll zur EU-Außenbeauftragten ernannt werden

Die Zukunft muss warten. Eigentlich hatten sich die EU-Staats- und Regierungschefs auf ihrem nächsten Gipfel in der kommenden Woche vor allem mit Themen beschäftigen wollen, mit denen das Bündnis langfristig konfrontiert sein wird. Nun aber müssen sie sich nach dem Scheitern ihres Versuchs vom Montag abend, die Brüsseler Spitzenposten zu vergeben, erneut mit Personalfragen befassen. Angesichts der herausragenden Fähigkeit des Staatenkartells, sich bei seinem undurchsichtigen Gekungel in bitteren inneren Streitigkeiten zu zerfleischen, ist vollkommen ungewiss, wieviel Zeit ihnen dann noch für die »wichtigen Zukunftsthemen« übrigbleibt, die sie eigentlich auf ihrer Tagesordnung haben. Nun denn – schleppende Trägheit ist man von der EU gewohnt.

Dabei sagen schon die Personalia, auf die man sich in Brüssel wohl im Kern geeinigt hat, eine Menge über die Zukunft aus. Estlands Ministerpräsidentin Kaja Kallas etwa soll zur EU-Außenbeauftragten ernannt werden. Leistete die Union sich bislang einen Josep Borrell, der jenseits des »Gartens« Europa nur wilden »Dschungel« sah, so wird sie ihre Außenpolitik nun wohl einer Politikerin übertragen, die als Europas härteste antirussische Scharfmacherin gilt. Frieden? Nein, der sei »nicht das oberste Ziel«, erklärte sie Ende 2023, als es um die Frage ging, wie weit man es mit dem Machtkampf gegen Moskau treiben solle. Ihre Forderungen nach zugespitzter Aufrüstung belegen: Sie meint das ernst. Als sie einst durchblicken ließ, sie wolle NATO-Generalsekretärin werden, fragte ein EU-Diplomat, ob es denn klug sei, einer Person den Posten zu übertragen, »die gern Russen zum Frühstück verspeist«. Die NATO unterließ es; die EU ist dazu bereit.

Auch die Tatsache, dass Ursula von der Leyen ihren Posten behält, spricht eine deutliche Sprache. Die Kommissionspräsidentin nähert sich weiter Giorgia Meloni und der äußersten Rechten an. Ihr Sprecher Eric Mamer verurteilte am Montag zwar den Gebrauch faschistischer Symbolik, sparte dabei jedoch jeglichen Hinweis auf die Jugendorganisation von Melonis Fratelli d’Italia aus, die zur Zeit mit Römischen Grüßen und mit Mussolini-Lobeshymnen Schlagzeilen macht. Politico hat enthüllt, die Vorlage eines Kommissionsberichts zur Rechtsstaatlichkeit in der EU solle verschoben werden – denn der Bericht belege eine klare Beschränkung der Pressefreiheit in Italien unter Meloni. Ultrarechte Russenfresser: Das ist, so steht wohl zu vermuten, das Milieu, das sich von der künftigen EU-Spitze kongenial bedient sehen kann.

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