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Aus: Ausgabe vom 05.08.2024, Seite 7 / Ausland
Antimuslimischer Rassismus

Rechte Randale breitet sich aus

UK: Nach einem Messerangriff greifen die Ausschreitungen auch auf Nordirland über
Von Dieter Reinisch
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Misstrauen den Medien: Demonstranten am Sonnabend in Liverpool

Bei rechten Randalen in Großbritannien hat es weitere knapp 100 Verhaftungen gegeben. In der Nacht zu Sonntag konzentrierten sich die Ausschreitungen besonders auf nordenglische Städte wie Hull, Liverpool, Manchester, Stoke-on-Trent, Blackpool, aber auch Bristol im Westen. Darüber hinaus breiteten sich die Randale auf Nordirland aus. Hintergrund ist ein tödlicher Messerangriff eines gebürtigen Briten ruandischer Abstammung am vergangenen Montag in Southport. Es kursiert jedoch die Falschmeldung, nach der ein Asylbewerber für die Tat verantwortlich sei.

In Belfast riefen Rechte am Sonnabend zu einer islamfeindlichen Kundgebung vor dem Rathaus auf. Hunderte Menschen versammelten sich zur Gegenkundgebung »Einheit statt Spaltung«. Einige in der Menge hielten Transparente mit der Aufschrift »Nein zu Rassismus« und »Flüchtlinge sind willkommen«. Nahezu Mitglieder aller linken, sozialistischen und republikanischen Organisationen nahmen an der Kundgebung teil. Kurz darauf versammelten sich, getrennt durch einen Polizeikorridor, islamfeindliche, extrem rechte Demonstranten. Unter den Anwesenden waren vor allem probritische Loyalisten. Ihnen hatte sich eine Zahl von extrem Rechten aus der irischen Hauptstadt Dublin angeschlossen. Dort war es in den vergangenen Wochen zu rassistischen Ausschreitungen bei Protesten gegen die Unterbringung von Asylsuchenden im Stadtteil Coolock gekommen. Auch Teilnehmer der Kundgebung am Sonnabend skandierten »Islam raus«, einige trugen ein »Coolock sagt nein«-Transparent.

Wie nach dem Protest in Dublin kam es auch am Sonnabend in Belfast zu Gewalttaten. Rechte warfen Feuerwerkskörper und andere Wurfgeschosse auf die Gegenkundgebung. Eine Frau wurde dabei verletzt und musste ärztlich behandelt werden, berichtete der Journalist Kevin Scott. Der Abgeordnete der linkssozialistischen People Before Profit, Gerry Carroll, verurteilte das Verhalten auf X: »Eine rechtsextreme Versammlung vor dem Rathaus wirft Feuerwerk auf eine Menschenmenge aus Männern, Frauen und Kindern. (…) Diese Leute stellen eine gefährliche Bedrohung für unsere Gemeinschaft dar und müssen durch eine Massenbewegung der Volksmacht gestoppt werden.«

Während die Kundgebung gegen Islamfeindlichkeit am frühen Nachmittag endete, zogen die rechten Demonstranten weiter in den Süden von Belfast. Einige Dutzend von ihnen erreichten die Ormeau Road, wo sie von rund 100 Anwohnern am Weitermarschieren gehindert wurden. Die Rechten zogen auf der Suche nach einer Moschee dann planlos umher. Angeführt wurde die Gruppe offenbar von Personen aus Dublin, die in Belfast nicht ortskundig waren.

Kevin Scotts Kommentar dazu: »Bizarre Szenen in Südbelfast, wie eine Gruppe Rechter auf der Suche nach einer Moschee herumirrt.« Auf ihrem Streifzug durch Belfast attackierten die Rechten mehrere Hotels im Umkreis der Queens University. Auch eine Shishabar wurde verwüstet, und migrantische Geschäfte und Cafés wurden zum Ziel. Die ganze Nacht hindurch wurden mehrere Autos und Mülleimer in der Gegend um die loyalistische Hauptstraße Sandy Row angezündet. Die nordirische Polizei PSNI nahm zwei Personen fest. Auch in Bangor, östlich von Belfast, kam es zu einem islamfeindlichen Protest. Die Stadt ist eine Hochburg der loyalistischen Ulster Defence Association (UDA), die in den vergangenen Jahren regelmäßig derartige Proteste organisierte.

Die Antwort der Regierung in London auf die Situation ist Härte. Premierminister Keir Starmer sagte den Polizeikräften »volle Unterstützung« zu, um gegen »Extremisten« vorzugehen, die versuchten, »Hass zu säen«. Er schob die Schuld auf rechte Politiker und ihre Agitation. Doch Andrew Feinstein, der als linker Kandidat Starmer die Hälfte der Stimmen in seinem Wahlkreis abnehmen konnte, widersprach auf X: »Es ist nicht nur der unverhohlene Rassismus von Tommy Robinson und Nigel Farage, der zu den islamfeindlichen Unruhen in Großbritannien geführt hat, sondern auch die etwas subtilere Islamophobie von Rishi Sunak und Keir Starmer. (…) Islamophobie ist im britischen Establishment tief verwurzelt.«

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in André M. aus Berlin (5. August 2024 um 11:18 Uhr)
    Linksidentitäres Zeug ohne objektive Ursache-Wirkung Erforschung. Unmarxistisch durch und durch. Kann ich auch im Freitag lesen. Dafür hab ich kein JW-Abo. Also keinerlei Erkenntnisgewinn, leider.

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