Seltene Erden gegen Waffen
Von Reinhard Lauterbach
Zu dem am Dienstag unterzeichneten Rohstoffabkommen zwischen der Ukraine und den USA sind inzwischen weitere Einzelheiten bekanntgeworden. Sie zeigen, dass es sich nach wie vor um ein reines Rahmenabkommen handelt. Die wichtigste Veränderung gegenüber dem ersten Entwurf vom Februar ist, dass die USA darauf verzichtet haben, die Ukraine nachträglich für bereits erhaltene Waffenlieferungen zahlen zu lassen. Sicher in der Einsicht, dass dieses Geld ohnehin nicht vorhanden ist und auch nur wieder vorgestreckt werden müsste.
Geplant ist weiterhin, einen gemeinsamen US-ukrainischen Fonds zur Entwicklung und zum Wiederaufbau der Ukraine zu gründen. Dieser soll in die Erschließung ukrainischer Rohstoffvorkommen investieren. Unklar ist, ob in Ergänzung privater Investitionen, als Zuschuss oder an ihrer Stelle. Aufgelistet sind 57 Metalle und Mineralien, um deren Förderung sich der Fonds kümmern soll. Bereits ausgebeutete Lagerstätten sind von der Regelung nicht betroffen; aber der Fonds – und damit US-Unternehmen – soll ein Vorkaufsrecht auf alle künftig in der Ukraine zu fördernden Rohstoffe aus dieser Liste bekommen, außerdem das Recht des ersten Angebots bei der Vergabe von Fördergenehmigungen.
Wie sich der Fonds finanzieren soll, ist dem Anschein nach widersprüchlich geregelt. Fest steht nur, dass die USA künftige Waffenlieferungen an Kiew als Beiträge für diesen Fonds verrechnen können. In der Praxis dürfte dies bedeuten, dass die Ukraine einen überproportionalen Anteil nötiger Investitionen selbst tragen muss. Wie, ist eine andere Frage, denn indem die USA eine Konkurrenz etwa mit der EU um die Förderlizenzen ausschließen, halten sie die von Kiew erzielbaren Preise niedrig und damit auch die Finanzausstattung des Fonds zwangsläufig begrenzt.
Ob es unter diesen Umständen zu relevanten Investitionen privaten Kapitals in ukrainische Rohstofflagerstätten kommen wird, ist also ungewiss. Solange der Krieg andauert, sicherlich eher nicht. Auch ob die Lagerstätten soviel wert sind, wie Donald Trump im ersten Überschwang behauptete – drei Billionen US-Dollar –, muss sich erst herausstellen. Denn »seltene Erden« heißen deshalb so, weil sie nur in geringen Konzentrationen vorkommen und ihre Förderung darum teuer ist. Der staatliche »U. S. Geological Survey« hat sich zu Umfang und Wert der ukrainischen Lagerstätten weit zurückhaltender geäußert als Trump.
Angeblich sollen die Bestimmungen des Rohstoffabkommens einem künftigen EU-Beitritt der Ukraine nicht im Wege stehen. Doch allein das Vorkaufsrecht für die US-Seite ist mit dem Prinzip des freien Marktzugangs kaum vereinbar. Womöglich ist der Schlüssel für diesen Widerspruch die Befristung des Rohstoffabkommens auf zehn Jahre. Denn ein früherer Beitritt der Ukraine zur EU erscheint derzeit ohnehin illusorisch. Dann allerdings würde die EU ein Land übernehmen, das bereits von US-Kapitalen ausgeschlachtet wurde, und bliebe auf den Kosten der Integration Kiews sitzen.
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