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04.04.2013, 12:58:16 / Entscheidung in Venezuela

»Sozialist« Capriles

Von André Scheer
Henrique Capriles als »bolivarischer Revolutionär«
Henrique Capriles als »bolivarischer Revolutionär«

Der Kandidat der venezolanischen Opposition bei der Präsidentschaftswahl am 14. April, Henrique Capriles, liegt in allen Umfragen klar hinter dem Kandidaten des Regierungslagers, Nicolás Maduro.

Um den Rückstand, der von den Meinungsforschungsinstituten mit bis zu 22 Prozentpunkten angegeben wird, aufzuholen, kopiert Capriles immer offener Slogans, Symbole und Stilelemente des vor einem Monat verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez. Zugleich wirft er Maduro vor, »nichts eigenes« anbieten zu können, sondern sich hinter dem Bild des Comandante der Bolivarischen Revolution zu verstecken.

Im Werben um unzufriedene frühere Chávez-Anhänger trat Capriles am Mittwoch uin Caracas bei einer Veranstaltung auf, die von einer Gruppe »Bolivarianos und Revolutionäre für Capriles« organisiert worden war. Dekoriert war der Versammlungssaal mit einer Kopie des Logos, das die venezolanische Regierung 2010 als Symbol für die Feierlichkeiten zum 200. Jahrestag der Unabhängigkeit des Landes publiziert hatte. Es zeigt die Form des südamerikanischen Kontinents, die in ein stilisiertes Bild des Nationalhelden Simón Bolívar hoch zu Roß und mit gezücktem Schwert übergeht. Als Sprecher der Gruppe trat ein Henry Faceto auf, der sich als »Mitbegründer« der 1997 von Hugo Chávez ins Leben gerufenen »Bewegung Fünfte Republik« (MVR) bezeichnete. »Comandante, ich habe auf ihrer Seite gestanden, aber diese Zeit ist vorbei«, erklärte Faceto, wetterte zugleich jedoch gegen »14 Jahre Faulheit« der bisherigen Regierung.

Seit dem Amtsantritt von Hugo Chávez 1999 haben immer wieder zeitweilige Mitstreiter die Seiten gewechselt, sei es wegen politischer Differenzen mit der Regierungspartei oder weil sich ihre Karriereambitionen nicht erfüllt haben. Schon im Wahlkampf 2012 traten frühere Mitglieder der MVR bei einer Wahlkampfveranstaltung für Capriles auf. Im Gegensatz zu damals beehrte der Oppositionskandidat diesmal jedoch seine »bolivarischen« Unterstützer durch persönliche Anwesenheit und eine Rede, in der er sich plötzlich als »Sozialist« outete: »Der echte Sozialismus unterscheidet nicht zwischen den einen und den anderen, denn wir alle sind in diesem schönen Land mit den selben Rechten auf ein besseres Leben geboren worden.«

Auch bei seinen Kundgebungen zitiert Capriles immer wieder von Hugo Chávez geprägte Slogans und Losungen, ohne diesen freilich beim Namen zu nennen. Sein Wahlkampfstab nennt sich »Comando Simón Bolívar«, woraufhin von Regierungsseite daran erinnert wurde, daß die Putschisten während des Staatsstreichs vom 11. April 2002, als Chávez für zwei Tage abgesetzt und gefangengenommen worden war, das im Präsidentenpalast Miraflores zu sehende Gemälde Bolívars abgehängt und in einer Rumpelkammer verstaut hatten. Capriles selbst war an dem Putsch offenbar nicht direkt beteiligt gewesen, gehörte anschließend aber zu den Antikommunisten, die versuchten, die kubanische Botschaft in Caracas zu stürmen. Der damalige Bürgermeister des Hauptstadtbezirks Baruta hatte vom damaligen kubanischen Botschafter in Venezuela, Germán Sánchez Otero, völkerrechtswidrig verlangt, die diplomatische Vertreter nach dort versteckten Mitgliedern der rechtmäßigen Regierung durchsuchen zu dürfen.

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