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01.07.2011, 22:39:48 / Free Gaza

Aber nicht nach Palästina!

Von Von Peter Wolter
»Tahrir« mit friedlicher Kampfbeflaggung
»Tahrir« mit friedlicher Kampfbeflaggung

Jeder Grieche weiß seit längerem, daß sein Land seine Souveränität an die Deutsche Bank abgegeben hat. Daß aber mittlerweile nicht in Athen, sondern in Tel Aviv entschieden wird, welche Schiffe aus griechischen Häfen auslaufen dürfen, das dürfte den meisten noch unbekannt sein. Im kretischen Hafen Agios Nikolaos jedoch weiß es jetzt fast jeder:

In einer lauten und farbenfrohen Demonstration zog am Freitagabend die 50-köpfige Besatzung der »Tahrir« durch die Stadt zum Hafenmeisterbüro – begleitet von Rundfunk- und Fernsehteams und vielen Reportern. Sie protestierten dagegen, daß die griechische Regierung auf Ersuchen Israels das Auslaufen der Schiffe verboten hatte, die Hilfsgüter in den von Israel seit Jahren blockierten Gazastreifen bringen sollen.

Seit Tagen hatten die griechischen Behörden versucht, die »Tahrir« festzuhalten, auf der Aktivisten vor allem aus Kanada, Australien, Belgien und Dänemark mitreisen. Jeden Tag wurde das Schiff aufs Neue inspiziert, angeblicher Anlaß waren anonyme Anrufe, es sei nicht seetüchtig. Immer neue Bescheinigungen wurden angefordert. Alle Überprüfungen verliefen aber im Sande – das Schiff war seetüchtig. Am Freitag schließlich ließen sich die Bürokraten einen neuen Trick einfallen: Sie wollten die Genehmigungsurkunde für das neue Seefunkgerät mitnehmen – ohne dieses Zertifikat kann aber kein Schiff auslaufen.

Der Polizist hatte sich das Dokument schon in die Tasche gesteckt, aber nicht mit den entschlossenen Gaza-Aktivisten gerechnet. Blitzschnell waren alle Ausgänge blockiert – er war   gefangen. Alles verlief friedlich – ihm wurde immer wieder auf die Schulter geklopft und versichert, daß man persönlich gar nichts gegen ihn habe. Sogar eisgekühltes Mineralwasser wurde ihm angeboten. Mittlerweile war mit Maschinenpistolen bewaffnete Bereitschaftspolizei auf der Pier aufgefahren, die Hafenausfahrt wurde von einem Rettungskreuzer blockiert und ein Schlauchboot mit bewaffneten Soldaten fuhr vor.

Schließlich wurde ein Kompromiß gefunden: Der Polizist rückte das Papier wieder heraus und Sandra Rush, die formale Eignerin des Schiffes, versprach, persönlich mit dem Dokument im Büro der Hafenmeisterin vorzusprechen. Das geschah dann auch – als Demonstration kanadischer, australischer, dänischer und belgischer Aktivisten durch die engen Straßen von Agios Nikolaos. »Free Gaza – free the flotilla« wurde skandiert, oder »Greece is ruled by Tel Aviv«. Die Passanten und Touristen schauten zunächst verdutzt, an mehreren Tischen von Cafés wurde Beifall geklatscht. Der Applaus wurde noch lauter, als die Aktivisten auf Englisch und Griechisch riefen: »Schande über Papandreou!«

Die Hafenmeisterin hatte sich vorsichtshalber einige finster blickende Polizisten als Leibwache bestellt. Mit allerlei Ausflüchten versuchte sie, ihr Auslaufverbot zu begründen – die Unterhändler der »Tahrir« ließen aber nicht locker. Schließlich wurde ein Ausweg gefunden: Das Schiff darf auslaufen, aber nicht in Richtung Palästina. Die Schiffsführung zeigte sich sehr kooperativ, sie bot an, daß ein griechisches Polizeiboot die »Tahrir« begleiten kann. Selbst Soldaten an Bord seien willkommen – bis zur Grenze der griechischen Hoheitsgewässer. Danach haben griechische Soldaten nichts mehr an Bord zu suchen, das Schiff kann laut Völkerrecht fahren, wohin es will.

Natürlich nicht nach Palästina.

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