Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Weltfestspiele 2013

Weltfestspiele 2013

  • · Berichte

    Tschüß, Quito

    Christian Selz, Quito

    Mit dem Ecuador-Tag und etlichen Seminaren zur Entwicklung im Gastgeberland sind am Freitag abend (Ortszeit) die 18. Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Ecuador zu Ende gegangen. Eine Woche lang hatten sich rund 10000 Jugendliche aus 83 Ländern rund um den Globus in der Hauptstadt Quito über soziale Kämpfe ausgetauscht, gemeinsam diskutiert, Netzwerke aufgebaut und gefeiert. Höhepunkte waren das antiimperialistische Tribunal und der Auftritt des ecuadorianischen Präsidenten Rafael Correa, der die Delegierten in seiner Eröffnungsrede zum Einsatz für den Sozialismus aufrief.

    »Wir müssen uns die Welt so machen, wie wir sie wollen, und nicht so, wie das Kapital sie haben will«, hatte Correa zum Festivalauftakt gefordert. Zumindest eine Woche lang kamen die Weltfestspielteilnehmer dem schon sehr nahe. Auf dem ehemaligen Stadtflughafen von Quito entwickelte sich eine ausgelassene Atmosphäre. Zwischen spontanen internationalen Fußballspielen auf den Rasenflächen am Rande der alten Startbahn und zahlreichen Erinnerungsfotos quer durch alle Delegationen erklangen immer wieder die Parolen der Freiheitskämpfe rund um die Welt.

    Doch auch inhaltlich tat sich einiges in Quito. Fünf Tage lang diskutierten die Jugendlichen aus aller Welt über Themen wie Militarismus, Imperialismus, Blockaden oder Bildungspolitik. »Sie sind für progressive Jugendverbände ein einzigartiger Treffpunkt«, hob Julia von der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) aus Bochum die Bedeutung der Weltfestspiele zur Vernetzung der weltweiten Jugend hervor: »Nicht die Konferenzen und Workshops stehen im Vordergrund, sondern die Möglichkeit nachzufragen, etwas über die Situation in anderen Ländern zu erfahren.« Für europäische Jugendliche biete das Festival die Gelegenheit, andere Sichtweisen kennenzulernen. »Mein Highlight war einfach, festzustellen, daß sich die Kämpfe weltweit ähneln, vor allem in bezug auf die Krise«, so Julia gegenüber jW. »Deren Auswirkungen werden in Deutschland ja verneint oder als ›nicht so schlimm‹ dargestellt, aber die Leute hier beschäftigt das.«

    Daß es Alternativen zum Kürzungskurs des Krisendiktats gibt, wurde am letzten Festivaltag deutlich, der dem Gastgeberland Ecuador gewidmet war. Im Seminar »Alternativen für den Aufbau eines souveränen Wirtschaftsmodells« erläuterte der Ökonom Raul Zurita am Beispiel zweier Garnelenfarmen – einer »traditionellen« und einer von einer Kooperative betriebenen – die angestrebte »solidarische und populäre« Wirtschaft Ecuadors. »Das Ziel ist nicht, so viel wie möglich zu produzieren«, es gehe auch um den Schutz der Natur, so Zurita.

    Für einen Wandel des ecuadorianischen Wirtschaftssystems setzte sich auch der Soziologe Hector Rodriguez ein. Er kritisierte das Streben nach maximaler Akkumulation und das Messen von Volkswirtschaften anhand ihrer Bruttosozialprodukte. »Dieses System ist überholt, weil es die Welt nur von einem finanziellen Standpunkt aus betrachtet«, so Rodriguez. Er forderte, soziale Aspekte mit einzubeziehen.

    Mit den Auftritten mehrerer Bands, darunter auch der italienischen Ska-Punk-Kapelle Banda Bassotti, endete schließlich der letzte Festivaltag. Die 18. Weltfestspiele der Jugend und Studenten sind seit Freitag Geschichte. Der Weg zum Sozialismus in Ecuador aber, das lag in Quito in der Luft, wird in dem Andenland weitergegangen.

  • Pogo unter Fahnen und freiem Himmel
    Pogo unter Fahnen und freiem Himmel: Abschlusskonzert der 18. Weltfestspiele

    Mit einem Aufruf an die fortschrittliche Jugend der Welt, den Kampf gegen den Imperialismus und den Kapitalismus fortzusetzen, sind am Freitagabend (Ortszeit) in Quito die 18. Weltfestspiele der Jugend und Studierenden zu Ende gegangen. Die Erklärung wurde beim feierlichen Abschluss des eine Woche dauernden Festivals verlesen, an dem sich den letzten Zahlen zufolge rund 10.000 Jugendliche und Studierende aus 89 Ländern beteiligt haben.

    In der Erklärung wird auch die von den USA seit mehr als 50 Jahren gegen Kuba verhängte Blockade verurteilt. Zudem solidarisierten sich die Festivalteilnehmer mit den Kämpfen der Völker Palästinas, der Westsahara und Zyperns um Selbstbestimmung. Unterstützt wurde auch der Friedensprozess in Kolumbien, während die Kriege des Imperialismus gegen Syrien, Afghanistan, Libyen, Eritrea, Mali und den Irak verurteilt werden.

    Verbunden mit einem Dank an das Gastgeberland Ecuador bekräftigten die Jugendlichen auch ihre Unterstützung für die von Präsident Rafael Correa geführte »Bürgerrevolution«.

    »Heute ist Ecuador mehr denn je die Mitte der Welt, denn es hat Jugendliche aus allen Teilen des Planeten zusammengeführt«, freute sich der Exekutivsekretär der ecuadorianischen Regierungspartei Alianza País, Galo Mora. Ministerin Betty Tola von der für die Durchführung des Festivals zuständige Secretaría Nacional de Gestión de la Política hob den antiimperialistischen Kampf als die festeste Bande hervor, die die Jugend der Welt vereine. »Hier in Ecuador wollen wir den Sozialismus des Buen Vivir aufbauen, doch das ist nur im Rahmen der regionalen Integrationsprozesse möglich«, hob sie hervor.

    Zum Abschluss des Festivals spielte die italienische Rockgruppe Banda Bassotti. »Wow. Pogo mit über 500 Leuten unter freiem Himmel auf fast 3000 Meter Höhe«, kommentierte dies ein Mitglied der deutschen Festivaldelegation über Facebook.


  • · Berichte

    Antiimperialistisches Tribunal: USA und NATO am Pranger

    Christian Selz, Quito
    Keine Ruhe im Gerichtssaal
    Keine Ruhe im Gerichtssaal

    Schuldig im Sinne der Anklage – das Urteil der Jury auf dem Antiimperialistischen Tribunal, das am Donnerstag abend (Ortszeit) als Höhepunkt der 18. Weltfestspiele der Jugend und Studierenden die weltweiten Verbrechen von Kapital und Weltmächten verhandelte, war absehbar. Die Dringlichkeit der Anklagepunkte auf dem traditionell während der Weltfestspiele stattfindenden symbolischen Prozeß schmälerte das aber keineswegs.

    Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño
    Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño

    Im Mittelpunkt stand in der ecuadorianischen Hauptstadt Quito vor allem die Entschädigungsklage von Bewohnern des Amazonas-Quellgebiets gegen den US-Konzern Chevron, der dort massive Umweltzerstörungen durch Erdöl verursacht hat. Die meisten Verschmutzungen »hätten vermieden werden können«, wenn der Konzern die nötigen Schutzmaßnahmen getroffen hätte, erläuterte Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño in seiner Klagerede. »Sie hatten die Technologie zu der Zeit bereits, sie hatten sie in den USA bereits angewendet, aber in einem Dritte-Welt-Land, das keine Rolle spielt, haben sie es nicht getan«, so Patiño in seiner beißenden Kritik. Stattdessen verklagte Chevron die Opfer – für den Minister »eine Ironie, daß die Opfer für die Täter zahlen sollen«. Der Fall Chevron zeige, wie Konzerne »die Souveränität von Staaten mit Füßen treten«.

    Beinusz Szmukler
    Beinusz Szmukler

     Es waren allerdings weniger Unternehmen, die im Simón-Bolívar-Pavillon am Pranger standen. Hauptsächlich richtete sich die Kritik gegen imperialistische Staaten, allen voran die USA. Der Parlamentsabgeordnete Yul  Jabour von der Kommunistischen Partei Venezuelas (PCV) warf dem nordamerikanischen Land vor, mit Organisationen wie dem »National Endowment for Democracy« (NED) oder der »United States Agency for International Development« (USAID) in Venezuela gegen die Regierung des verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez gearbeitet zu haben. Clarisa López Ramos, Tochter des seit 32 Jahren in den USA inhaftierten puertoricanischen Freiheitskämpfers Oscar López Rivera, forderte die Freilassung ihres Vaters. Der Inselstaat ist de facto bis heute Kolonie Washingtons.

    Elián González
    Elián González

    Gegen den Einfluß der USA wandten sich auch die Ankläger aus Honduras, Kolumbien und Mexiko. Ein Vertreter der US-Delegation bei den Weltfestspielen warf seiner Regierung zudem vor, daß ihr Militarismus »die Erweiterung der Attacken gegen Arbeiter innerhalb der imperialistischen Staaten« sei. Die Parole »Too big to fail« – was bezogen auf Banken in der kapitalistischen Krise das gleiche wie »systemrelevant« bedeutet – sei zur Beschreibung für die USA geworden. Millionen Menschen könnten keine Arbeit mehr finden, Hunderttausende hätten ihre Häuser verloren.

    Yul Jabour
    Yul Jabour

    Den Auftakt am zweiten und abschließenden Verhandlungstag machten allerdings Weltfestspielteilnehmer aus Neuseeland, die ihre Regierung für die Beteiligung am Kriegseinsatz in Afghanistan, die »Verteidigung kapitalistischer Interessen« und Angriffe auf Arbeiterrechte anklagten. Konkretes Beispiel war eine Methangas-Explosion in der Pike-River-Kohlemine im Nordwesten der Südinsel Neuseelands, bei der vor drei Jahren 29 Kumpel zu Tode kamen. Erst am Donnerstag hatte die dortige Staatsanwaltschaft die Anklage gegen den Vorstandsvorsitzenden des Minenbetreibers, Peter Whittall, fallengelassen. Dem Konzern waren massive Arbeitsschutz- und Arbeitsrechtsverletzungen vorgeworfen worden.

    Bitte recht freundlich
    Bitte recht freundlich

    Emotionaler Höhepunkt des Tribunals war der Auftritt von Elián González. Der heute 20jährige war 1999 zum politischen Spielball geworden, als er gegen den Willen seines in Kuba lebenden Vaters über ein halbes Jahr lang von entfernten Verwandten in Miami festgehalten wurde. Der damals Sechsjährige war von seiner Mutter mit auf die illegale Überfahrt von Kuba Richtung USA genommen worden. Das nicht seetaugliche Boot kenterte, nur der  kleine Junge überlebte. In seiner Rede wendete er sich nun mit scharfen Worten gegen »die Völkermordattitüde« der USA gegen Kuba. Detailliert zählte er US-Attacken wie die gescheiterte Invasion in der Schweinebucht 1961 oder den Bombenanschlag auf ein kubanisches Verkehrsflugzeug 1976 auf und appellierte an die lateinamerikanische Einheit. »Ich fordere euch auf, gegen den Imperialismus aufzustehen«, schloß der sichtbar bewegte González seinen Beitrag ab.

    Nach einem extrem langen Verhandlungstag verurteilte der als Richter agierende argentinische Menschenrechtsanwalt Beinusz Szmukler schließlich »den Imperialismus Nordamerikas und der NATO-Länder als seiner Komplizen«. Anders als vor drei Jahren bei den 17. Weltfestspielen in Südafrika fehlte allerdings eine detaillierte Begründung des Richterspruchs. Nur noch ein paar Dutzend der tagsüber gut 500 Zuschauer waren überhaupt bis zum Schluß geblieben, selbst die Jury war bereits gegangen, als Szmukler im Schnelldurchlauf imperialistische Aggressionen, Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung verurteilte. »Das Gericht hat heute keine Gerechtigkeit geschaffen, dazu haben wir nicht die Möglichkeiten«, schloß er das Tribunal schließlich ab. »Gerechtigkeit wird von den Völkern geschaffen werden.«

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    Yachay – Ein Ausflug in die Stadt der Zukunft

    Christian Selz, Quito
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    Blick auf die Ebene, in der Yachay entstehen soll: Ein weiteres Universitätsgebäude ist bereits in der Bauphase.

    Langsam und schwerfällig kämpft sich der Bus die Panamericana hinauf. Kleine Maisfelder dominieren die weiten Täler, überragt von mächtigen, teils eisbedeckten Gipfeln, hier im Andenhochland drei Stunden nördlich der ecuadorianischen Hauptstadt Quito. Ziel der Reise ist eine Stadt, die noch nicht existiert: Yachay, die Reißbrett-Metropole, deren Name in der Indigenen-Sprache Kichwa „Wissen" bedeutet, soll einmal eine Universität und 250 000 Einwohner haben. Internationale Konzerne wie Microsoft oder Cisco werden sich dann ansiedeln, in einer Sonderwirtschaftszone Forschung mit Studenten aus aller Welt Forschung betreiben, Technologien und Qualifikationen nach Ecuador bringen. So zumindest plant Ecuadors Regierung das Prestigeprojekt.

    Yachay im Modell
    Yachay im Modell

    Sechs unproduktive oder brach liegende Haziendas – in der Kolonialzeit entstandene Großfarmen – hat die staatliche Gesellschaft, die das Projekt vorantreibt, dafür im strukturschwachen Norden des Landes gekauft – insgesamt 4480 Hektar. Noch sind sie größtenteils mit Gras überwuchert, doch auf dem ehemaligen Hof San José sind die Renovierungsarbeiten an den alten Häusern des Gehöfts bereits weit vorangeschritten. Wo einst Gutsherren die lokale Bevölkerung ausbeuteten, entsteht ein Campus, der Ecuador auf dem Weg in ein neues Zeitalter dienen soll. 1000 Arbeiter hämmern, verputzen und mauern dafür derzeit im Dreischichtsystem rund um die Uhr, bald sollen es noch mehr werden. Im März beginnen die ersten 200 Studenten ihre Kurse, in 15 bis 20 Jahren soll die gesamte Wissenschaftsstadt fertig sein.

    Ein Teil des Campus ist bereits fertiggestellt...
    Ein Teil des Campus ist bereits fertiggestellt...

    „Es ist eine großartige Sache für die Kinder und die zukünftigen Generationen", sagt Jorge Urwango, der mit seinem Kollengen Jose Miguel Quilca, gerade ein Rieddach deckt. Die beiden Männer, 53 und 62 Jahre alt, haben das Hazienda-System, die Knochenarbeit in den Zuckerrohrplantagen und die Hungerlöhne noch selbst erlebt. Ihre Nachkommen, so die Hoffnung, sollen einmal ein besseres Leben haben.

    ... an der Zufahrtsstraße wird noch gebaut.
    ... an der Zufahrtsstraße wird noch gebaut.

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    Steiniger Weg

    Christian Selz, Quito
    Diego Vintimilla
    Diego Vintimilla

    Paula Romo macht sich keine Illusionen über die Verhältnisse in ihrem Land. »Es gibt tiefe Gräben zwischen den Menschen und den Parteien«, sagt die 34jährige, die seit 2007 für die Partei von Staatspräsident Rafael Correa, Movimiento PAIS, im ecuadorianischen Parlament sitzt. Bis zu dessen Amtsantritt im gleichen Jahr sei das Andenland »vom Kapital, von Spekulanten, dem Internationalen Währungsfonds und der Weltbank« abhängig gewesen, berichtet sie. Das Resultat: »Die Leute hassen die Politik.« Romo versucht seitdem, die Gräben zuzuschütten. Wie die Regierungsallianz, der sie angehört, das in Ecuador erreichen will, erklärte sie am Dienstag bei einer Gesprächsrunde im Rahmen der 18. Weltfestspiele der Jugend und Studenten im Gebäude der Nationalversammlung in der Hauptstadt Quito.

    Es ist ein steiniger Weg zum Sozialismus des 21. Jahrhunderts, den die Regierung Correa anstrebt. Er orientiert sich mehr an den sozialen und ökonomischen Realitäten Ecuadors, als an den Idealen von »Superlinken«. So jedenfalls hat der Präsident seine Kritiker getauft, die ihm einen zu unentschlossenen, zu langsamen, zu wenig marxistischen Kurs vorwerfen. »Wir haben die Ölverträge neu verhandelt, und wir sind dabei, unsere Rohstoffvorkommen wieder in Besitz zu nehmen«, verweist Romo auf erste wirtschaftspolitische Meilensteine. Damit einher gehe der Aufbau des Sozialstaats. »In dieser Phase versuchen wir, die Armut zu bekämpfen. Wir arbeiten am Gesundheitswesen, an der Bildung und an der sozialen Sicherung«, erklärt sie. Lange Jahre sei viel Geld dafür verwendet worden, internationale Kredite zu bedienen. »Jetzt investieren wir in die Infrastruktur für unser Volk, in Schulen und Krankenhäuser.« In gestochen scharfer Rhetorik verweist die junge Frau auf die Gesetze, die den politischen Wandel in ihrem Land ausmachen, und auf die neue Verfassung, die endlich die Rechte der indigenen Bevölkerung anerkennt und ihre Gerechtigkeitsvorstellungen in eigenen Gesetzen abbildet.

    Die historisch ausgeschlossenen Gruppen werden zudem mit einem Programm »affirmativer Aktionen« unterstützt, das ihnen den Zugang zu Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst und zum Bildungssystem erleichtert, fügt Diego Vintimilla hinzu. Der Sekretär für internationale Beziehungen der Kommunistischen Jugend Ecuadors (JCE) ist ein weiterer Politiker aus der visionären Riege und ebenfalls Teil der Regierungsbewegung. 43 Prozent der Parlamentsabgeordneten sind unter 40 Jahre alt, ebenso hoch ist der Frauenanteil in der Nationalversammlung. Es ist eine junge Legislative, die sich da anschickt, die Probleme des Landes anzugehen.

    Einfach wird das nicht. Die sozialen und wirtschaftspolitischen Herausforderungen sind sieben Jahre nach der Überwindung postkolonialer Marionettenregime noch immer groß in Ecuador. 40 Prozent der arbeitenden Bevölkerung wird dem »informellen Sektor« zugerechnet und lebt beispielsweise von Selbstangebautem und kleinen Verkaufsständen am Straßenrand. Diese Menschen sollen nun mit die Volkswirtschaft aufbauen, Genossenschaften bilden, Zugang zu formellen Märkten bekommen – nicht mit Krediten großer Banken, sondern als Gemeinschaftsorganisationen. Ein Gesetz zur Kontrolle der Marktkräfte soll dafür die Voraussetzungen schaffen.

    Diese neue Regierung Ecuadors, das wird bei allen noch existierenden Problemen klar, ist weit davon entfernt, wie ihre Vorgänger als Sprachrohr der Großkonzerne zu agieren. Der politische Prozeß in Ecuador sei nur im Zusammenhang mit den Entwicklungen in Lateinamerika zu verstehen, unterstreicht Romo die politischen Visionen ihrer Regierung. Eine Prise Pathos darf aber auch nicht fehlen: »Nichts für uns, alles für das Land, alles für das Volk«, beendet sie ihre Rede zu den Weltfestspielgästen mit einer Parole des liberalen Revolutionärs Eloy Alfaro, der von 1895 bis 1901 und von 1906 bis 1911 Präsident Ecuadors war.

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    Provokation gescheitert

    Fabian Linder, Quito
    Ecuadors Polizei greift ein
    Ecuadors Polizei greift ein

    Wenn sich die Jugend der Welt trifft, läuft das nicht immer reibungslos ab. Am Donnerstag kam es am Rande des Festivals zu Auseinandersetzungem zwischen Delegierten aus der Westsahara und einer Gruppe Marokkaner, die vor dem Veranstaltungsgelände provozierten. Hintergrund waren offensichtlich die Anklagen gegen die marokkanische Besatzung ihres Landes, die saharauische Delegierte bei verschiedenen Seminaren im Rahmen des Festivals und beim Antiimperialistischen Tribunal erhoben hatten.

    Die Westsahara war bis 1975 spanische Kolonie. Nach dem Abzug der Spanier annektierten Marokko und Mauretanien das Gebiet an der Westküste Nordafrikas. Mauretanien gab seine Ansprüche auf das Land später auf, während Marokko das gesamte Gebiet annektierte. Den Kampf um die Befreiung der Demokratischen Arabischen Republik Sahara führt seither die Befreiungsfront Polisario.

    Bei einer Konferenz zu diesem Thema berichteten betroffene Aktivisten aus der Sahara von der Repression durch die marokkanischen Sicherheitsbehörden. »Plötzlich waren Geschrei und Sprechchöre zu hören«, erzählten Teilnehmer. Es waren Provokateure, die die marokkanische Position verteidigten. Die anwesende Polizei, die die Weltfestspiele seit ihrem Beginn schützt, griff sofort ein und trennte die beiden Gruppen. Delegierte der Westsahara riefen ihre Mitstreiter zur Ruhe und forderten sie auf, zurück zur Friendship Fair, zur Freundschaftsmesse auf dem Festivalgelände, zu gehen. Die Stimmung unter den Besuchern war geschlossen gegen die Provokateure. »Die werden hier nicht reinkommen« und »Wir schützen unser Fest vor dieser Provokation«, riefen Delegierte, die sich mit der saharauischen Delegation solidarisierten.

    Schon im Vorfeld der Weltfestspiele hatte es mehrfach Auseinandersetzungen zwischen marokkanischen und saharauischen Gruppen gegeben. Der Weltbund der demokratischen Jugend (WBDJ), die internationale Organisation hinter dem Festival, hatte vor mehreren Monaten zwei marokkanischen Jugendorganisationen ausgeschlossen, weil diese das Recht der Westsahara auf Unabhängigkeit bestritten und sich damit gegen die geltenden Beschlüsse des WBDJ stellten. Marokko setzt bei Informations- und Solidaritätsveranstaltungen zur Westsahara weltweit immer wieder Provokateure ein, die oft aus den jeweiligen diplomatischen Vertretungen des Königreichs stammen.

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    Antiimperialistisches Tribunal eröffnet

    Sala Abdel-Aity aus Palästina berichtet
    Sala Abdel-Aity aus Palästina berichtet über die Unterdrückung durch die Besatzungsmacht

    Unter dem Vorsitz des bekannten argentinischen Rechtsanwalts Beinsz Szmukler ist am Mittwoch in Quito das Antiimperialistische Tribunal eröffnet worden. Traditionell sind die symbolischen Gerichtsverhandlungen unter dem Motto »Die Jugend der Welt klagt den Imperialismus an« inhaltlicher Höhepunkt der Weltfestspiele der Jugend und Studenten. »Das Ziel dieses Tribunals ist es, die vom Imperium gegen die Bürger dieses Planeten begangenen Verbrechen symbolisch und ethisch zu bestrafen«, erklärte Szmukler zum Auftakt der Verhandlungen, die über Internet live in alle Welt übertragen werden.

    Die Regie wollte es, dass die erste Anklage sich gegen Deutschland richtete. Zwei junge Frauen prangerten vor dem Auditorium an, dass die Bundesregierung sich bis heute weigert, für Verbrechen aufzukommen, die von deutschen Besatzungstruppen im Zweiten Weltkrieg etwa in Griechenland an der Zivilbevölkerung begangen wurden. Angeklagt wurde zudem die Beteiligung am Angriffskrieg gegen Jugoslawien Ende der 90er Jahre sowie die Destabilisierung der Wirtschaft der europäischen Länder durch die Anwendung neoliberaler Rezepte, deren Opfer die Bürger Europas seien.

    Die Delegation aus Zypern forderte den sofortige Abzug aller ausländischen Truppen und Militärstützpunkte von ihrer geteilten Insel.

    Nordkorea erinnerte an die Verbrechen der USA und ihrer Verbündeten im Krieg 1950 bis 1953. So seien damals allein 150.000 Bürger der Hauptstadt Pjöngjang durch die Angriffe der Imperialisten getötet worden. Zu beklagen seien jedoch nicht nur unzählige Menschenleben, sondern auch schwere Zerstörungen an Flora und Faune sowie dem kulturellen Erbe der koreanischen Halbinsel. Die Delegation aus der DVRK wies zudem darauf hin, dass die Bedrohung ihres Landes bis heute nicht beendet sei. Verurteilt wurde die durch eine Wirtschaftsblockade begleitete internationale Kampagne, durch die Korea vor der Welt militärisch, politisch und moralisch diskreditiert werden solle.

    Die ecuadorianische Parlamentsabgeordnete Susana Cajas berichtete, wie sie selbst in den 80er Jahren vom Geheimdienst ihres Landes mit Unterstützung der CIA entführt und gefoltert wurde, weil sie einer Widerstandsbewegung mit dem Namen Alfaro Vive Carajo (AVC) angehörte. Sie selbst habe überlebt, andere Mitglieder dieser Gruppe seien jedoch während der Amtszeit des Präsidenten León Febres Cordero (1984-1988) »verschwunden« und ermordet worden.

    Fausto Dután, ein bekanntes Mitglied der ecuadorianischen Bauernbewegung und Mitglied des Präsidiums des Tribunals, erhob zudem die Forderung nach einer Beendigung der Blockade Kubas, solidarisierte sich mit dem Unabhängigkeitskampf Puerto Ricos und forderte die Rückgabe der Malwinen (Falkland Islands) an Argentinien. Zudem verurteilte er die Präsenz ausländischer Militärbasen in aller Welt sowie die Verbrechen des Imperialismus an Flora und Fauna, wie zum Beispiel am Fall des US-Konzerns Chevron in Ecuador deutlich wurde.

    Das Antiimperialistische Tribunal tagt
    Das Antiimperialistische Tribunal tagt

    Detailliert informierte die Delegation der Westsahara über die Verbrechen der marokkanischen Besatzungsmacht gegen die saharauische Bevölkerung. Die Rednerin machte eindringlich darauf aufmerksam, dass die Teilnahme ihrer Delegation an diesem Tribunal für sie lebensgefährlich sein könne: »Wir wissen nicht, was in drei Tagen bei unserer Rückkehr passieren wird, welcher Folterer diesmal auf uns wartet.« Schon bei ihrer Abreise sei sie brutalen Schikanen ausgesetzt gewesen, doch das saharauische Volk werde sich von seinem Freiheitskampf nicht abhalten lassen.

    Vietnam erinnerte an den Einsatz des Giftgases Agent Orange durch die US-Truppen während deren schmutzigem Krieg bis 1975. Noch heute leiden und sterben unzählige Menschen an den Spätfolgen, werden Kinder mit Behinderungen geboren, die auf das Versprühen des Giftes zurückzuführen sind.

    Zum Abschluss des ersten Verhandlungstages wies das Präsidium darauf hin, dass am Donnerstag ein Schwerpunkt auf dem amerikanischen Kontinent liege. Erwartet werden die Anklagen unter anderem aus Venezuela, Kuba und Honduras, aber auch die spanische Delegation wird ihre Stimme erheben.

    Die Verhandlungen können im Internet live verfolgt werden: http://www.18fmje.org/index.php/transmision-en-vivo


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    Stolz auf das Interview mit der jungen Welt

    Diego Vintimilla im Gespräch mit der Tageszeitung junge Welt
    Diego Vintimilla im Gespräch mit der Tageszeitung junge Welt

    So oft kommt es offenbar nicht vor, daß der internationale Sekretär der Kommunistischen Jugend Ecuadors, Diego Vintimilla, von deutschen Journalisten interviewt wird. Jedenfalls war die Tatsache, daß das jW-Team in Quito den Jungparlamentarier zum Gespräch bat, eine Meldung über den Kurznachrichtendienst Twitter wert.

    Grafische Impressionen vom Festival auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens von Quito haben wir in einer neuen Fotoreihe zusammengestellt: Bitte hier klicken

  • · Fotostrecken

    So schön kann ein Flughafengelände sein

    Impressionen vom Festival in Quito
    Nur selten schaut der fast 6000 Meter hohe Cotopaxi auf dem Festival vorbei
    Schnell vermischen sich auf dem Festival die Angehörigen der unterschiedlichen Delegationen
    Ecuadors Regierungsbehörden präsentieren sich auf dem Festival
    Das weitläufige Gelände bietet viele Gelegenheiten sich vom Trubel des Festivals zu erholen
    Zahlreiche Infostände warten auf interessierte Besucher
    Manchem wird das Gedränge irgendwann zuviel
    Der frühere Tower im Festival-Look
    Casa ALBA, das Zentrum der linken Staaten Lateinamerikas
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    Besuch im Parlament

    Christian Selz, Quito

    „Viele Leute glauben, unser Prozeß sei nur eine Modernisierung des kapitalistischen Systems, aber es ist der erste Schritt zum Sozialismus hier in Ecuador“, stellte Diego Vintimilla, Sekretär für Internationale Beziehungen der Kommunistischen Jugend Ecuadors (JCE), gleich zu Beginn der Frage-und-Antwort-Runde klar. Der Jugendverband hatte am Dienstag Repräsentanten aller europäischen Delegationen zu einem Informationsfrühstück ins ecuadorianische Parlament geladen, dem Vintimilla als jüngster Abgeordneter angehört.

    Kontakte mit den europäischen Genossen wolle seine Organisation knüpfen, erklärte Vintimilla. Offensichtlich war den Ecuadorianern aber auch sehr daran gelegen, die Schritte ihrer Revolution zu erklären. Vom Versuch „den Prozeß zu radikalisieren“ sprach der locker wirkende Jungpolitiker, ohne die Realität zu verschleiern. „Fast unmöglich“ sei es derzeit, vom Dollar loszukommen, erwiderte Vintimilla auf die Frage eines russischen Delegierten, warum sein Land nicht den russischen Rubel anstatt der US-amerikanischen Währung  verwende. „Für die Einheit in Lateinamerika“ sei es aber „sehr wichtig, vom Dollar wegzukommen“, ergänzte er: „Deshalb versuchen wir es.“

    Anders als die Blaskapelle, die während des Treffens unten vor der Nationalversammlung für unerwartete musikalische Untermalung der Diskussionsrunde sorgte, übte sich Vintimilla in leiser Rhetorik. „Wir denken, daß nur der Staat und die Regierung die Ressourcen des Landes, insbesondere die strategischen, managen kann“, erläuterte er den Umbau der Wirtschaft hin zu mehr „sozialem Besitz“ – also einer stärkeren Rolle des Staates in der Wirtschaft. „Das nächste Mal, wenn ihr kommt“, so Vintimilla abschließend, „werden wir einen Schritt weiter zum Sozialismus sein“.

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    Spanischer Sänger wieder frei

    Der vermisste Sänger der spanischen Rockband »Reincidentes« ist wieder frei. Das teilte sein Management am Dienstag über die Facebook-Seite der Gruppe mit. Fernando Madina war am vergangenen Freitag bei einer Zwischenlandung in Miami von den US-Behörden festgenommen worden. Dadurch wurde der geplante Auftritt der Band bei den 18. Weltfestspielen der Jugend und Studierenden verhindert.

    Wie es in der Erklärung heißt, hätte Madina bereits am vergangenen Samstag der zuständigen Richterin vorgeführt werden müssen. Das geschah jedoch erst am gestrigen Montag. Der Schnellprozess endete mit der bedingungslosen Freilassung des Musikers, da die Richterin keine Anzeichen für irgendein Delikt feststellen konnte. Damit wurde das Verfahren sofort eingestellt und auch die verlangte Kaution von 500 Dollar aufgehoben.

    Madina wurde zunächst in ein Hotel in Miami gebracht, um dort auf seinen Flug zurück nach Spanien zu warten. Die übrigen Bandmitglieder sind inzwischen auch heimgekehrt. Das offensichtliche Ziel der Aktion, die Weltfestspiele zu sabotieren, haben die US-Behörden erreicht. (jW)

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    »Liebe und Brüderlichkeit« in der Casa ALBA

    Fabian Linder, Quito
    Casa ALBA auf dem Festivalgelände
    Casa ALBA auf dem Festivalgelände

    Nicht nur die Jugend der Welt trifft sich im ecuadorianischen Quito, diskutiert über Probleme und deren Lösungen. Auch die Regierungen vieler lateinamerikanischer Länder beteiligen sich an diesem Prozess.

    Auf dem Rollfeld des alten Flughafens, über das sich das »Festival Mundial« erstreckt, sind große Konferenzzelte aufgebaut, die nach Persönlichkeiten der internationalen linken Bewegung benannt sind. Eines heißt zum Beispiel Nela Martínez und erinnert an die 1912 in Cañar, Ecuador, geborene und 2004 in Havanna verstorbene kommunistische Politikerin und Schriftstellerin, die 1944 aktiv am Sturz des ecuadorianischen Diktators Carlos Arroyo del Río und der damaligen Erstürmung des Präsidentenpalastes beteiligt war.

    In der Casa del ALBA kamen am Tag nach der Eröffnung der Weltfestspiele Vertreter und Diplomaten der Mitgliedsländer der Bolivarischen Allianz für die Völker Unseres Amerikas (ALBA) zusammen, um über die internationale Rolle des lateinamerikanischen Staatenbundes und die politische Prozesse in der Region zu sprechen. Dabei hob der Vorsitzende der JCE, der Kommunistischen Jugend Ecuadors, hervor, dass Boliviens Regierung McDonald's und Coca-Cola aus dem Land geworfen hat. Schließlich sei man keine Kolonie Nordamerikas und wolle sich nicht dessen Konzernen unterwerfen, brachten es die Zuhörer in Sprechchören zum Ausdruck.

    »Südamerikanische Probleme seien eben südamerikanische Probleme und nicht die von anderen«, brachte es die Parlamentsabgeordnete María Augusta Calle Andrade von der Regierungspartei Movimiento PAIS auf den Punkt. Im Hinblick auf die Möglichkeiten und Chancen die es in Lateinamerika heute gebe sie sie »neidisch auf die Jugend«.

    Das 2004 von Fidel Castro und Hugo Chávez gegründete Staatenbündnis ALBA hat mittlerweile auch über die Region hinaus Anerkennung gewonnen. Es sei für andere Nationen ein Sprachrohr im Kampf gegen den Imperialismus und für eine Zukunft, in der das Volk regiere, lobte der Botschafter der Westsahara und zeigte sich beeindruckt von den revolutionären Prozessen in Lateinamerika. Die Veränderungen in Lateinamerika wären ohne ALBA nicht haltbar gewesen, sind sich die Teilnehmer der Diskussion sicher. Auch deshalb hoben zahlreiche Diplomaten die Rolle des verstorbenen venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez hervor, so etwa der kubanische Gesandte Basilio Gutierrez García. Er erinnerte an die gute Zusammenarbeit, die sich dank Chávez in Südamerika entwickelt habe. Vor allem Kuba habe sich auf die Unterstützung des Comandante der venezolanischen Revolution verlassen können, zum Beispiel im Kampf gegen die  völkerrechtswidrige Handels- und Wirtschaftsblockade der USA gegen Kuba.

    Venezuelas Botschafterin María Lourdes Urbaneja Durant stimmte ihrem kubanischen Kollegen zu und ergänzte, in Lateinamerika finde schließlich »ein Prozess der Liebe und der Brüderlichkeit« statt. Chávez lebe deshalb in unseren Herzen weiter.

    Alle Zuhörer und Diplomaten waren sich jedoch sicher, dass noch viele Kämpfe ausgefochten werden müssen. Konkret genannt wurden der Kampf um Entschädigungszahlungen durch den US-Konzern Chevron für die im ecuadorianischen Regenwald verursachten Umweltschäden, aber auch der indigene Widerstand gegen Goldminenprojekte in Peru, durch die die Trinkwasserversorgung gefährdet wird. »Agua si, oro no« – Wasser ja, Gold nein – unterstrich dies der Sänger einer peruanischen Band, die zwischen den Statements der Diplomaten spielte.

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    Auf den Regen kann man sich verlassen

    Claudia Schröppel, Quito
    Auf dem Freundschaftsmarkt
    Auf dem Freundschaftsmarkt

    Darauf könne man sich in Quito zu dieser Jahreszeit verlassen: am späten Nachmittag oder in den frühen Abendstunden beginnt es zu regnen. Das erklärt uns der Taxifahrer, der uns zum Terminal Internacional des alten Flughafens brachte, einem der Zugänge zum Festivalgelände. Tatsächlich: Bisher hat es jeden Abend kräftig geschauert. Das fordert auch seinen Tribut in der deutschen Delegation: Infomaterial, das gesammelt wurde, zerfiel in Papiermasche, Schuhe gaben ihren Geist auf und so manche Stimme ging auf den Weiten des auf dem Rollfeld stattfindenden Festivals verloren.

    Das schmälert jedoch nicht im geringsten die euphorische Stimmung unter den Jugendlichen. Besonders die Delegierten aus wärmeren Regionen vermummen sich in dicken Jacken und unter Mützen, aber auch die aus nördlicheren Teilen des Planeten bedienen sich am späten Nachmittag der Zwiebeltechnik und ziehen Jacke um Jacke mehr an.

    Gut, das zumindest die Feria de amistad, der Freundschaftsmarkt, unter einem hohen Dach vor Regen und Wind geschützt ist. Mit seinen vielen, mit Ländernamen gekennzeichneten Pavillons ist dieser ehemalige Hangar ein wirklich toller Ort, um die anderen Jugendorganisationen und Delegierten näher kennenzulernen. Hier wechseln so manche Aufkleber und politische Andenken den Besitzer, stehen T-Shirts, Bücher und alles erdenklich andere zum Verkauf. Die Gäste aus manchen Ländern scheinen aber ihre Flüge refinanzieren zu wollen, erzählt ein Mitglied der SDAJ. »Die am ukrainischen Stand haben eine Flasche Wodka zum Verkaufen dabei. Der trägt den Namen Hammer & Sichel, und wir haben mal gefragt, was er kosten soll. 50 Dollar ist der aber definitiv nicht wert.«

    Als sich die Feria gestern gegen 20.00 Uhr langsam leerte, stimmten die Franzosen die Internationale an. Bald schallte das Lied durch die ganze Halle – in verschiedenen Sprachen: Französisch, Flämisch, Englisch, Spanisch, Russisch, Deutsch, Italienisch und Schwitzerdütsch.

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    Persönliche Auswirkungen einer Blockade

    Christian Selz, Quito
    jorgejerez
    Jorge Jeréz (zweiter von links) mit Genossen der kubanischen Delegation

    Eigentlich waren es mehr Hintergründe zu wirtschaftspolitischen Aggressionen als emotionale Momente, die das Seminar „Blockaden, Embargos und Sanktionen“ am ersten Programmtag der Weltfestspiele am gestrigen Sonntag versprach. Rund eine Stunde referierte Professor Adalid Contreras von der Universidad Andina Simon Bolivar über die völkerrechtlichen Unterschiede zwischen den Instrumenten und den Auswirkungen, vor allem am Beispiel Kubas. Der Bolivianer, der seinen Lehrstuhl an der multinationalen Institution in der ecuadorianischen Hauptstadt Quito hat, wies besonders auf die Einmischung der USA in die Handelsbeziehungen anderer Länder mit Kuba hin – die die offiziell als Embargo deklarierte Isolierung des sozialistischen Karibikstaates zur weitreichenden Blockade machen. Die hat selbstredend Auswirkungen auf den gesamten Kontinent. „Wenn ein Mitglied der Familie krank ist, sind alle besorgt“, veranschaulichte Contreras, „und das ist der Fall mit Kuba“.

    Wie brutal die Realität einer Blockade auf menschlicher, individueller Ebene sein kann, wurde deutlich als sich der Kubaner Jorge Jeréz Belisario zu Wort meldete. Merklich still wurde es im Seminar-Zelt, als der 20jährige versuchte, selbst das Mikrofon zu halten, letztendlich aber doch die Unterstützung einer Genossin in Anspruch nehmen mußte. Jeréz, der in seiner Heimat im dritten Jahr Journalistik studiert, leidet seit seiner Geburt an spastischen Lähmungen, vor allem sein rechter Arm gehorcht ihm fast gar nicht. Um die Auswirkungen der chronischen Muskulaturspannungen zu behandeln, brauchten die Ärzte in Kuba Botox, das sie aufgrund der Blockade allerdings nur zu extrem hohen Preisen bekommen konnten. Nach einer anfänglichen Behandlung, konnten die Mediziner den Wirkstoff gar nicht mehr organisieren. Als einzige Alternative blieb eine Operation. Jeréz‘ rechter Arm ist heute fast vollständig immobilisiert, zur Begrüßung und Verabschiedung reicht er die linke Hand. Mühsam hat er, der eigentlich Rechtshänder ist, seitdem gelernt, mit links zu schreiben.

    Doch davon erzählt er erst später im Gespräch mit jW. In seinem Redebeitrag ist das eigene Schicksal nur die Randnotiz zur Veranschaulichung einer seinem Land von den USA seit mehr als 50 Jahren aufgezwungenen Isolierung. „Nieder mit der Blockade“ und „Viva Cuba“ ruft Jeréz, bevor er sich wieder setzt. Seine Zuhörer reißt er damit aus der Schockstarre, hier und da sind auch ein paar Tränen geflossen, doch nun stimmen alle in die Rufe der kubanischen Delegation ein, die das „Viva Cuba“ machtvoll zurückschmettern. Auch Professor Contreras wirkt gerührt, vergißt aber nicht, darauf hinzuweisen, daß Kuba trotz der Blockade eines der besten Gesundheitssysteme der Welt hat.

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    Verschwunden auf dem Weg nach Quito

    Fernando Madina
    Fernando Madina

    Update: Spanischen Medienberichten zufolge wurde Fernando Madina von den US-Behörden festgenommen und hält sich noch immer im Flughafen von Miami auf. Die spanische Konsulin in Miami, Cristina Barrios, kümmert sich vor Ort um den Gefangenen. Die Gründe für die Inhaftierung sind der Agentur Europa Press zufolge noch unklar.

    Wo ist Fernando Madina? Die spanische Rockgruppe »Reincidentes« musste vor wenigen Stunden ihr im Rahmen der Weltfestspiele geplantes Konzert in Quito absagen, weil ihr Sänger und Bassist seit einer Zwischenlandung in Miami verschwunden ist. Die aus Sevilla stammende Band hatte einen Flug nach Ecuador gewählt, bei dem sie am vergangenen Freitag in den USA umsteigen musste. Dabei wurde Madino jedoch aus nicht näher definierten »Sicherheitsgründen« am Weiterflug gehindert, während die übrigen Mitglieder der Gruppe das wartende Flugzeug besteigen mussten.

    »Nach zahlreichen Versuchen, mit ihm Kontakt zu bekommen, unter anderem durch Lautsprecherausrufe im Flughafen, und nachdem zwölf Stunden ohne Nachricht von ihm verstrichen waren, setzten wir uns mit den Einwanderungsbehörden des Staates Florida, der Flughafenpolizei, der Luftfahrtgesellschaft und anderen betroffenen Einrichtungen in Verbindung. Nach den entsprechenden Überprüfungen wurde keine laufende Anzeige gegen ihn festgestellt, und er ist auch nicht festgenommen worden«, teilte die Gruppe in einer Stellungnahme mit.

    Nachdem 48 Stunden verstrichen waren, erstatteten Familienangehörige bei der Polizei eine Vermisstenanzeige für Fernando Madina. Auch die spanische Botschaft in Washington wurde informiert, doch bis zum heutigen Montag hat diese ihre Verbindungen zu den nordamerikanischen Behörden nicht aktiviert.

    Daraufhin musste die Band ihren geplanten Auftritt in Quito absagen. »Die Gruppe Reincidentes möchte allen mit der Organisation des Festivals betrauten Personen für ihr Verständnis, ihre Unterstützung und ihre Herzlichkeit in diesen für uns alle so schwierigen Stunden danken. Wir bedauern es, dass wir nicht mit euch an diesem für die Jugend Lateinamerikas so wichtigen Ereignis teilnehmen können, das in diesem Fall für uns auch noch die besondere Bedeutung hatte, dass es das erste Konzert unserer Aniversario-Tournee sein sollte,« schreibt die Gruppe.

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    Europa-Tag in Quito

    Nach dem Auftakt am Samstag standen am Sonntag Themen aus Europa im Mittelpunkt des zweiten Tages der 18. Weltfestspiele. Auf dem Programm standen Seminare unter anderem zum »Militarismus in Europa« oder auch über die EU als einem imperialistischen Pol und deren Rolle in der Auseinandersetzung mit anderen imperialistischen Kräften. Weitere Themen waren die Migration in Europa als Folge der kapitalistischen Ausbeutung sowie eine Bilanz der Konsequenzen des Zusammenbruchs der sozialistischen Staaten des Kontinents vor zwei Jahrzehnten.

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    Vereinigt gegen den Imperialismus: 18. Weltfestspiele in Quito eröffnet

    Christian Selz, Quito
    Die deutsche Delegation kommt an
    Die deutsche Delegation kommt an

    Unter den Klängen von Trommeln, Flöten und Trompeten des 300 Mitglieder zählenden Spielmannszugs des Instituto Nacional Mejia haben am Samstagnachmittag (Ortszeit) in Ecuador die 18. Weltfestspiele der Jugend und Studenten begonnen. Schon die musikalische Begleitung zum Einlaufen der Delegationen in der Hauptstadt Quito hatte dabei einen historischen Hintergrund. Die Gründung des Instituto Nacional Mejia geht zurück auf den liberalen Revolutionär Eloy Alfaro, von 1895 bis 1901 und von 1906 bis 1911 Präsident Ecuadors. In seinem Bestreben, den Einfluss der katholischen Kirche zu beschneiden, gründete Alfaro, eine der drei Ikonen der diesjährigen Weltfestspiele, die Schule 1897 als erste laizistische in Quito. Bis zum kommenden Samstag treffen sich in der auf 2800 Meter über dem Meeresspiegel höchstgelegenen Kapitale der Welt nun 116 Jahre später über 10.000 Jugendliche aus mehr als 100 Ländern. Auch René González, der einzige bisher Freigelassene der kubanischen Los Cinco, hat sich in Quito angekündigt. Die Festspiele stehen unter dem Motto »Jugend vereint gegen Imperialismus – Für eine Welt des Friedens, der Solidarität und des sozialen Fortschritts«.


    Gleich hinter der Delegation Südafrikas, wo 2010 die 17. Weltfestspiele stattgefunden hatten, durfte die deutsche Delegation auf dem windigen Rollfeld des im Februar geschlossenen Stadtflughafens Quitos einlaufen. Während sich im Wechsel mit strahlendem Sonnenschein dicke Quellwolken über die Berge der Anden schoben, setzte sich die scheinbar endlose Karawane der Weltfestspielteilnehmer über die volle Länge des Flugfeldes in Bewegung. Neben den starken und farbenfrohen Delegationen aus Namibia und Angola dominierten auch hier bereits die lateinamerikanischen Länder mit Sprechchören, Gesängen und einem Meer aus Fahnen. Das sollte sich auch inhaltlich in den Reden zur Festivaleröffnung widerspiegeln. Nach einigen Worten zum Gedenken an den in der Vorwoche verstorbenen südafrikanischen Freiheitshelden Nelson Mandela und einigen Musikbeiträgen, schritt Ecuadors Präsident Rafael Correa aus dem Publikum kommend zur Bühne. Jubel, langanhaltender Applaus und Sprechchöre brandeten auf, während er links und rechts Hände schüttelnd auf das Podium trat.


    Zu Wort kam jedoch erst Luisa Pazmino, Präsidentin des Nationalen Vorbereitungskomitees. Sie lobte die Zusammenarbeit Ecuadors mit Kuba und Venezuela und griff das „Imperium" scharf an. Ohne die USA namentlich zu erwähnen beschuldigte die Delegierte der revolutionären Jugend Alianza País (JRAP), der Jugendorganisation von Correas Bewegung Movimiento PAIS, »die Neoliberalen« dafür, »dass wir nur noch Arbeit exportieren, unsere Leute auswandern«. Noch deutlicher wurde die ecuadorianische Parlamentspräsidentin Gabriela Rivadeneira. »Wir wollen keine Militärbasen, keine Medienkampagnen, die uns und unseren politischen Prozess beleidigen, und kein Freihandelsabkommen«, rief sie den jubelnden Jugendlichen zu. Sie kündigte für ihr Land an, die sozialen Programme zu vertiefen und die Politik zu radikalisieren, »damit die Welt uns glaubt, dass wir diesen Prozeß ernst nehmen«.


    Als Correa schließlich als letzter Redner im inzwischen strömenden tropischen Regen an die Bühnenkante trat und an die südamerikanische Einheit appellierte, war der politische Takt für die kommende Woche endgültig klar. »Wir müssen uns die Welt so machen, wie wir sie wollen, und nicht so, wie das Kapital sie haben will«, rief der kämpferische Präsident, klitschnass geregnet den ausharrenden Jugendlichen entgegen. »Deshalb«, so Correa, empfange Quito die Jugend der Welt mit offenen Armen. Mit einem kräftigen »Viva el Socialismo« schloss er den Abend ab, der mehr als nur der Auftakt zu den 18. Weltfestspielen gewesen sein könnte.

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    Die Weltfestspiele sind eröffnet

    Mit lauter Musik und kämpferischen Ansprachen unter anderem von Ecuadors Präsident Rafael Correa sind heute die 18. Weltfestspiele der Jugend und Studenten eröffnet worden. Trotz strömendem Regen feierten 10.000 aus aller Welt angereiste Jugendliche und Tausende junge Ecuadorianer auf der Plaza Bicentenario, die auf dem früheren Flughafen der Hauptstadt Quito entstanden ist. Erste Eindrücke von der Veranstaltung gibt es auf einer Bilderstrecke - Bitte hier klicken

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    Die Weltfestspiele sind eröffnet

    Eindrücke von der Auftaktveranstaltung
    Mitglieder der SDAJ vor Beginn der Eröffnungsfeier
    Die argentinische Delegation
    Die kubanische Delegation
    Die vietnamesische Delegation
    Ecuadors Präsident Rafael Correa im strömenden Regen
    Ecuadors Präsident Rafael Correa in strömendem Regen
    Eine starke Delegation aus dem benachbarten Kolumbien
    Delegation aus Nordkorea
    Tausende auf der Plaza Bicentenario
    Mitglieder der SDAJ vor Beginn der Eröffnungsfeier
    Bei der Auftaktveranstaltung
    Spanische Delegierte
    Tausende auf der Plaza Bicentenario
    Das Podium der Eröffnungsfeier. In der Mitte Ecuadors Präsident Rafael Correa
    Russische Kommunisten posieren mit ecuadorianischen Polizisten
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    Deutsche Delegation startklar

    Christian Selz, Quito
    markt
    Schlafen statt konsumieren: Unterkunft im Einkaufszentrum

    Bestens ausgerüstet mit Turnbeuteln vollgestopft mit T-Shirt, Socken, Trinkflasche, Zahnbürste und Festspielprogramm wird die 33köpfige deutsche Delegation heute die Eröffnung der 18. Weltfestspiele der Jugend und Studierenden in Quito feiern können. Die gestrige Akkreditierung der Delegationsteilnehmer am ehemaligen Stadtflughafen der ecuadorianischen Hauptstadt klappte schnell und reibungslos, sogar für die Verpflegung war bereits einen Tag vor der Eröffnung gesorgt.

    Nein, es droht keine Flut, es sind nur genügend Schlafsäcke vorh
    Nein, es droht keine Flut, es sind nur genügend Schlafsäcke vorhanden


    Dazu durften sich die Teilnehmer über eine neue Unterkunft freuen. Nach ihrer Ankunft am Freitag abend hatten sie zunächst in einem leer stehenden Einkaufszentrum nahe des Festivalgeländes geschlafen (Foto) – bestens bewacht vom ecuadorianischen Militär, das dort bis zur Umwandlung in den Konsumtempel eine Basis hatte. Die wärmenden olivgrünen Schlafsäcke (Foto) wurden dann am Samstag gegen die nicht minder bequemen Decken einer Herberge in der historischen Altstadt getauscht. Die liegt zwar etwas weiter ab vom Festivalgelände, hat dafür aber UNESCO-Weltkulturerbe-Status und mit den derzeitigen Feierlichkeiten zum Stadtgeburtstag von Quito auch in punkto Musikprogramm und Straßentänze einiges zu bieten. Vor dem Ausflug in die engen Gassen stand jedoch das Delegationstreffen in der neuen Unterkunft (Foto).

    Kuschelig: Delegiertenversammlung in der neuen Herberge
    Kuschelig: Delegiertenversammlung in der neuen Herberge


    Nachdem das organisatorische Drumherum damit geklärt ist, können die Spiele heute beginnen. Die letzte offene Frage ist dabei nur die Zeit. Während das gedruckte Festivalprogramm 12.30 Uhr (Ortszeit) anvisiert, gibt es auch offizielle Angaben, die von 16 Uhr sprechen. Auf dem sonnigen Festivalgelände dürfte bei einem reichhaltigen Angebot an einheimischen Früchten und vielen lockeren Gesprächen mit Teilnehmern aus aller Welt aber auch die eine oder andere Wartestunde nicht stören.

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