junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Gegründet 1947 Sa. / So., 04. / 5. Oktober 2025, Nr. 230
Die junge Welt wird von 3036 GenossInnen herausgegeben
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Aktuell

Wir feiern 30 Jahre LPG junge Welt eG

Vernunft durchsetzen

Einladung zum Eintritt in die jW-Genossenschaft, die vor 30 Jahren gegründet wurde

Als am 5. April 1995 die Tageszeitung junge Welt über Nacht eingestellt wurde, blieb für die Kolleginnen und Kollegen, die die Zeitung in Eigenregie weiterführen wollten, nicht viel Zeit für die Frage, wie das Unternehmen aussehen könnte, das da ebenfalls über Nacht aus dem Boden gestampft werden musste. Es ging darum, die notwendigen Geschäfte fortführen zu können. Als alle Voraussetzungen geschaffen waren, um die Verlag 8. Mai GmbH am 21. April 1995 registrieren zu können, wurde die junge Welt bereits wieder täglich gedruckt. Auch eine Genossenschaft sollte gegründet werden, allerdings haben im Kapitalismus Unternehmen mit kollektiver Eigentümerstruktur wesentlich mehr bürokratische Hürden zu meistern. Die LPG junge Welt eG entstand deshalb erst am 7. Oktober 1995, also ein halbes Jahr nach der (vorläufigen) Einstellung der jungen Welt.

Wofür aber all der damit verbundene zusätzliche Aufwand, zumal der Verlag die ersten Monate auch ohne Genossenschaft ganz gut über die Runden kam? Nun, die Gründer konnten gerade einmal das notwendige Kapital aufbringen, um eine GmbH anzumelden. Aber sie verfügten keineswegs über weiteres, um das schon damals prekäre Geschäft einer Tageszeitung absichern zu können. Und es war und ist bis heute wichtig, dass die junge Welt keiner Einzelperson, sondern einem Kollektiv gehört. Im Frühjahr 1998 verfügte die Genossenschaft über ausreichend Kapital, um die Mehrheitsanteile am Verlag zu übernehmen (heute besitzt sie 95,6 Prozent an den Anteilen, 4,4 Prozent gehören dem Minderheitsgesellschafter Dietmar Koschmieder).

Diese Unternehmensstruktur stellte sich dann als eine der wesentlichen Voraussetzungen dafür heraus, dass es die junge Welt auch heute noch gibt. Die wichtigste ist die Zeitung selbst, die durch klare Standpunkte einen hohen Nutzwert besitzt. Aber sie muss auf einem kapitalistischen Markt erfolgreich agieren. Das bedeutet zum Beispiel hohe Investitionen, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Erschwerend kommt hinzu, dass der Tageszeitung junge Welt nicht die gleichen Marktzutrittsmöglichkeiten gewährt werden wie den anderen Tageszeitungen. Dafür sorgt der Verfassungsschutz, der die junge Welt in seinen Jahresberichten als verfassungsfeindlich diffamiert, weil sie von der Existenz von Klassen ausgeht. Das erschwert unsere Arbeit bis heute erheblich. Auch weil wir seit Jahren gegen diese Behinderung klagen und dafür schon eine sechsstellige Summe ausgeben mussten, ohne dass dieser Prozess beendet wäre.

In den Jahren nach der Übernahme des Verlages durch die Genossenschaft konnte der Verlag nicht mehr alle Mittel erwirtschaften, die für die Produktion der jungen Welt erforderlich sind. Sämtliche Genossenschaftsgelder wurden deshalb gebraucht, um eine Überschuldung des Verlages zu verhindern. Aber seit 2017 haben wir das strategische Ziel erreicht, dass die Verlag 8. Mai GmbH diese Mittel selbst erwirtschaftet. Genossenschaftsgelder stehen weiter für Investitionen und für die Mitfinanzierung von Projekten wie der jährlich stattfindenden Rosa-Luxemburg-Konferenz zur Verfügung. Vor allem stellt sie aber im Hintergrund eine materielle Sicherheit dar für unerwartete Notlagen und macht unseren Verlag so trotz aller vorhandenen und kommenden Schwierigkeiten handlungsfähig. Nur ein Beispiel: Während die Taz und das ND sich von der gedruckten Tageszeitung verabschieden, kämpft die junge Welt für den Erhalt dieses Kulturgutes und investiert nicht nur in digitale Plattformen, sondern auch in die Weiterentwicklung der gedruckten Zeitung. Ohne Genossenschaft könnte sie die damit verbundenen Risiken nicht eingehen.

Neben diesen materiellen Hintergründen gibt es aber noch einen weiteren wesentlichen Aspekt, weshalb die Genossenschaft LPG junge Welt so notwendig ist: In Zeiten, in denen Irrationalismus, Dummheit, Lüge und Hass zu triumphieren scheinen, gibt es auch Möglichkeiten, sich dem zu widersetzen. Die Tageszeitung beschreibt beides jeden Tag. In diesem Sinne bilden zwar bereits die vielen Leserinnen und Leser der Zeitung eine Gemeinschaft, in der vor allem jene, die bereit sind, sich mit Abonnements und Spenden an den Kosten zu beteiligen, eine besondere Rolle spielen. Darüber hinaus gibt es aber auch die Möglichkeit, sich dem Kollektiv der junge Welt-Genossenschafter anzuschließen. Auch als Konsequenz aus der Erkenntnis, dass sich nur so viel Vernunft durchsetzt, wie sie von Vernünftigen durchgesetzt wird. Wir möchten Sie heute dazu einladen, mit Ihrer Mitgliedschaft in der Genossenschaft LPG junge Welt eG dabei mitzuwirken.

Vorstand der Genossenschaft LPG junge Welt eG

Wir feiern 30 Jahre LPG junge Welt eG: Konzert mit den kubanischen Musikern Tony Ávila und Shakira Torna, Filmpreview zur Geschichte der jungen Welt, Sektempfang und leckere kubanische Cocktails. Alle Genossinnen und Genossen, Freunde und Unterstützer der jungen Welt sind herzlich eingeladen. Maigalerie der jungen Welt, Torstr. 6, 10119 Berlin, Beginn: 18.30 Uhr, Einlass ab 18.00 Uhr, Eintritt: frei

Wir bitten um Anmeldung unter maigalerie@jungewelt.de oder unter 0 30/53 63 55-54.

Einladung: Außerordentliche Generalversammlung am Sonnabend, 25.10.2025

Einladung zur Außerordentlichen Generalversammlung der Linke Presse Verlags-, Förderungs- und Beteiligungsgenossenschaft junge Welt eG, Sonnabend, 25. Oktober 2025, 13 Uhr (Einlass: 12 Uhr, bis ca. 17 Uhr), Maigalerie der jungen Welt, Torstraße 6, 10119 Berlin.

Tagesordnung

1. Begrüßung/Wahl der Versammlungsleitung

2. Konstituierung der Außerordentlichen Generalversammlung/Bildung Wahlkommission/Wahlordnung

3. Bericht des Vorstandes

4. Ökonomische Lage der jungen Welt (drastische Verschärfungen in der Branche/jW-Spendenmodell)

5. Berichte:
– Veränderungen in den Geschäftsführungen Verlag 8. Mai GmbH sowie AVZ
– Stand Vorbereitungen Rosa-Luxemburg-Konferenz 2026/Auftritt Genossenschaft
– Vorstellung Filmprojekt zu 30 Jahren Verlag 8. Mai GmbH und LPG junge Welt eG

6. Wahl des Aufsichtsrates

7. Sonstiges

Mit genossenschaftlichen Grüßen, der Vorstand:

Michael Sommer, Daniel Bratanovic, Daniel Hager, Dietmar Koschmieder, Jonas Pohle

Bericht: Generalversammlung am Sonnabend, 21. Juni 2025

Am Sonnabend, 21. Juni 2025, fand die diesjährige reguläre Generalversammlung der LPG junge Welt eG statt. Hier der in der jungen Welt vom 23. Juni erschienene Bericht:

Nicht passiv bleiben: LPG junge Welt beschließt Aktionsprogramm. Aufsichtsrat weiter kommissarisch im Amt

Die zum Teil von weit her angereisten Genossenschaftsmitglieder füllten den begrenzten Platz in der jW-Maigalerie am Sonnabend vollständig aus. Die ordentliche Generalversammlung der LPG junge Welt e. G. begann aufgrund des großen Andrangs mit etwas Verzögerung. 125 von inzwischen über 3.000 Genossinnen und Genossen waren in die Berliner Torstraße gekommen.

»Wir sind oberhalb der Wahrnehmungsschwelle. Man schweigt junge Welt nicht mehr tot«, betonte Verlagsleiter Sebastian Carlens. Das sei nicht nur eine wichtige Grundlage für das weitere Wachstum der Genossenschaft und eine größere Reichweite der Zeitung, sondern sorge auch für größere Aufmerksamkeit staatlicher Organe. Bereits jetzt führe die Nennung der Zeitung und der LPG in Berichten des Inlandsgeheimdienstes zu materiellem Schaden. Das sei auch die erklärte Absicht. Es werde mit der »gesamten Palette« geheimdienstlicher Methoden »gegen uns vorgegangen«.

Man bleibe aber nicht passiv. Prozesse werden geführt, Klagen eingereicht. »So einfach ist junge Welt nicht einzuschüchtern«, betonte Carlens. Nicht locker lasse man auch gegenüber anderen Akteuren. So habe der RBB sich nicht an einen Vertrag zur Ausstrahlung von Werbespots gehalten, weshalb der Streit um die dafür vereinbarte Bezahlung vor Gericht ging. Doch beim ersten Verhandlungstermin am Freitag vor dem Verwaltungsgericht habe das Verhalten der Richterin bereits vor Anhörung der Streitparteien zum Abbruch der geführt: Johannes Eisenberg, Anwalt des Verlags, stellte einen Befangenheitsantrag.

Der Vorstandsvorsitzende der Genossenschaft, Michael Sommer, betonte in seinem Rechenschaftsbericht, die Genossenschaft wolle dem Verlag auch in Zukunft eine »Kampfreserve« liefern, die es unter anderem ermögliche, dass »solche Mammutverfahren« wie die Klage gegen die Nennung im Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz überhaupt erst geführt werden können. Es bleibe eine der Hauptaufgaben des LPG-Vorstandes, »weitere Mitglieder zu gewinnen«. Eine entsprechende Kampagne sei im vergangenen Jahr mit großem Erfolg durchgeführt worden. Aufgrund eines Zuschusses für die Rosa-Luxemburg-Konferenz schließt die Genossenschaft das Geschäftsjahr 2024 mit einem Verlust von rund 21.000 Euro ab, während die genossenschaftseigenen Unternehmen AVZ und Verlag 8. Mai mit Überschüssen von jeweils etwa 10.000 Euro abschließen konnten.

Der Versuch einiger anwesender Genossenschaftsmitglieder, in der Diskussion die 2024 erfolgte Ablösung des ebenfalls anwesenden ehemaligen jW-Chefredakteurs Stefan Huth zum Thema zu machen, wurde von Verlagsgeschäftsführer Dietmar Koschmieder und auch von anderen Diskussionsrednern teils scharf zurückgewiesen. Dabei wurde betont, dass der Verlag und Huth sich zur Beendigung einer juristischen Auseinandersetzung in einem Vergleich darauf verständigt haben, das Arbeitsverhältnis zum 28. Februar zu beenden. Und grundsätzlich sei die Genossenschaftsversammlung nicht der Ort, um Personalangelegenheiten zu diskutieren.

Zur Abstimmung standen ein – mit großer Mehrheit abgelehnter – Antrag zur künftigen Besetzung der leitenden Gremien der Genossenschaft, der einen Bruch mit dem bisher erfolgreichen Modell dargestellt hätte, sowie ein Aktionsprogramm. Darin verpflichten sich die Genossenschaftsmitglieder unter anderem, sich an der laufenden Kampagne »1.000 Abos jetzt« für junge Welt zu beteiligen, die Erstellung eines Films zum 30jährigen Bestehen von LPG und Verlag 8. Mai zu unterstützen sowie bis zu 50.000 Euro für die Wiederbelebung des Kulturmagazins Melodie & Rhythmus bereitzustellen. Die Generalversammlung stimmte dem Vorschlag des Vorstandes zu, sich mit notwendigen Satzungsänderungen zu befassen und diese zur nächsten regulären Generalversammlung vorzustellen.

Außerdem sollte ein neuer Aufsichtsrat gewählt werden. Wegen der großen Zahl von gleich acht Kandidatinnen und Kandidaten für den dreiköpfigen Aufsichtsrat konnte in zwei Wahlgängen keine Kandidatur das nötige Quorum von mindestens zwei Dritteln der gültigen Stimmen auf sich vereinen. Die meisten Stimmen erhielten in beiden Wahlgängen die Genossin Brigitte Jelkmann und die Genossen Eckehard Schlauß und Andreas Hüllinghorst. Schlauß und Hüllinghorst gehören bereits dem bisherigen Aufsichtsrat an. Die Wahl soll bei einer außerordentlichen Genossenschaftsversammlung voraussichtlich im Herbst fortgesetzt werden. Der aktuelle Aufsichtsrat bleibt damit kommissarisch im Amt.

Im Anschluss konnten sich dann die Genossinnen und Genossen bei einem Glas Mojito zu kubanischen Klängen des Trios Son Batey und mit einigen Gästen von der anstrengenden Versammlung erholen.