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29.09.2023 19:30 Uhr

Wessen Welt ist die Welt?

Die nächste Rosa-Luxemburg-Konferenz erkundet, wie dystopische Entwicklungen gestoppt werden können
Von Stefan Huth

Vor dem Hintergrund von Weltwirtschaftskrise und Aufstieg der Nazis sowie wachsender Kriegsgefahr fragte der Dichter Bertolt Brecht vor rund 90 Jahren in seinem »Solidaritätslied«: »Vorwärts, und nie vergessen, und die Frage konkret gestellt, beim Hungern und beim Essen: Wessen Morgen ist der Morgen? Wessen Welt ist die Welt?«

Diese Fragestellung hat nichts von ihrer Aktualität verloren. Wir stellen daher die kommende, nunmehr XXIX. Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz am 13. Januar 2024 unter das Motto »Wem gehört die Welt?«. Damit spiegeln wir zum einen den fundamentalen Wandel in den globalen Kräfteverhältnissen wider, den Umbruch in den internationalen Beziehungen mit dem Aufstieg des globalen Südens – allen voran der Volksrepublik China als zweitgrößter Wirtschaftsmacht. Damit verbunden ist ein Hegemonieverlust, dem die bisherigen Herren der Welt, die US-geführten NATO-Staaten, mit verstärktem Militarismus, dem Anheizen von Kriegen und dem Ziehen der faschistischen Karte zu begegnen suchen. Bei der Beantwortung der Frage »Wem gehört die Welt?« wollen wir uns auch mit der Zukunft beschäftigen. Was geschieht auf und mit unserem Planeten, wenn sich die neoliberalen Kräfte weiter ungehindert durchsetzen können, mit allen zerstörerischen Folgen für Mensch und Umwelt? Was bedeutet es, wenn Ressourcen, die dringend für den Schutz des Klimas benötigt werden, statt dessen in Rüstung und Kriege fließen?

Mit unseren Referentinnen und Referenten aus Asien, Afrika, Lateinamerika und Europa wollen wir erkunden, welche politischen Ansätze, welche gesellschaftlichen und ökonomischen Möglichkeiten, welche wissenschaftlichen Erkenntnisse es gibt, um die dystopischen Entwicklungen noch zu stoppen, besser noch: umzukehren. Denn eine andere, auf Solidarität und Gerechtigkeit beruhende Welt ist nicht nur nötig, sie ist auch möglich. Dafür gilt es, die Systemfrage zu beantworten. Wir werden über Eigentumsverhältnisse sprechen müssen und über die Notwendigkeit anderer Produktionsverhältnisse zur Nutzung der Produktivkraftentwicklung im Interesse der Mehrheit statt für den Profit von wenigen. Oder wie es Rosa Luxemburg im Ersten Weltkrieg ebenso kurz wie prägnant formulierte: Es geht um die Entscheidung »Sozialismus oder Barbarei«.

Darum werden die Beiträge unserer internationalen Referentinnen und Referenten sowie das umfangreiche Kulturprogramm kreisen. Erste Namen können wir bereits mitteilen. So wird der bekannte spanische Journalist und Medienwissenschaftler Ignacio Ramonet, Ehrenpräsident des globalisierungskritischen Netzwerkes ATTAC und Mitorganisator des Weltsozialforums, sprechen. Sein Thema ist die Zerstörung der Vernunft, die Zunahme von Irrationalismus vor dem Hintergrund der sozialen Verheerungen des Spätkapitalismus – und die Frage, wie sich faschistische Kräfte diese Verwirrungen zunutze machen. Aus Eritrea kommt der Wissenschaftler Fikrejesus Amahazion, der sich mit antikolonialer afrikanischer Entwicklung, Menschenrechten und politischer Ökonomie befasst. Als Referent zur Frage »Wie kommt Sand ins Getriebe?«, zu den Möglichkeiten des Widerstands gegen Kapitalismus und Imperialismus konnten wir Torkil Lauesen aus Kopenhagen gewinnen. Der Autor des Buches »Die globale Perspektive« (deutsche Ausgabe: Münster 2022) ist selbst seit den 1960er Jahren in internationalistischen Bewegungen aktiv. Bekanntheit erlangte er als Mitglied der sogenannten Blekingegade-Gruppe, die in den 70er und 80er Jahren Befreiungsbewegungen im globalen Süden mit Geldern aus Banküberfällen unterstützte. Und selbstverständlich werden wir auch auf der kommenden Konferenz wieder einen Gast aus dem sozialistischen Kuba begrüßen.

Während wir tagsüber mit unseren Gästen aus aller Welt einen Blick über den deutschen und europäischen Tellerrand hinaus werfen wollen, befasst sich das Schlusspodium der Rosa-Luxemburg-Konferenz am frühen Abend traditionell mit den Kämpfen hierzulande, mit den Problemen und Aufgaben der Linken in Deutschland. Diesmal werden wir unter dem Titel »Wer stoppt die Rechten?« den bedrohlichen Vormarsch faschistischer Kräfte um die AfD – aber auch auf die Übernahme ihrer Agenda durch die etablierten bürgerlichen Parteien – in den Blick nehmen.

Veranstaltet wird die Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz von der marxistischen Tageszeitung junge Welt. Eine Vielzahl von Organisationen, Medien und Verbänden ist wieder als Unterstützer mit an Bord. Gemeinsam wollen wir am 13. Januar 2024 ein kraftvolles Signal aussenden. »Vorwärts, und nie vergessen, worin unsre Stärke besteht!«

Zu den Tickets: https://www.jungewelt.de/rlk/de/node/143.tickets.html
Zum Spendenbereich: https://www.jungewelt.de/rlk/de/node/6.spenden.html

Hintergrund: 1.000 Karten mehr

Als wir im Januar 1996 das erste Mal die Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz im Berliner Tränenpalast veranstalteten, reichte zur Finanzierung ein Budget von wenigen hundert D-Mark. Die kommende am 13. Januar 2024 wird mehr als 300.000 Euro kosten: Die Miet- und Technikpreise sind in den vergangenen Jahren explodiert, und größere Bühnen sind deutlich teurer. Da unser Hauptgeschäft aber das tägliche Erstellen einer gutgemachten Zeitung ist, lag die Versuchung nahe, den Aufwand zu begrenzen und die Konferenz lieber etwas einzudampfen. Davon haben uns Leserinnen und Leser, Unterstützerorganisationen und internationale Freunde der Zeitung dringend abgeraten: Das starke Signal, dass konsequente Linke im deutschsprachigen Raum etwas bewegen können, wird in Zeiten des rechten Aufstiegs und linken Verfalls dringender denn je gebraucht, war ihr Argument. Weshalb die kommende XXIX. Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz nun in der großen Arena des Berliner Tempodroms stattfinden wird. Wir erwarten 4.000 Teilnehmende, die sich in der Spielstätte begegnen, und weitere 25.000, die über den Livestream das Geschehen verfolgen: Es geht um nichts weniger als die Frage, wem die Welt gehört, und damit auch darum, wer darüber entscheidet, was aus ihr wird.

Diese Entscheidung hat Konsequenzen: Wir müssen die Eintrittspreise erhöhen, auch wenn es bei der sozialen Staffelung bleibt: Die normale Tageskarte ist für 34 Euro zu haben, die ermäßigte für 19 Euro, sie wird kofinanziert durch die Solikarte für 49 Euro. Wir bitten jeden, der es sich leisten kann, eine Solikarte zu bestellen. Selbst sie wird durch unseren Verlag subventioniert. Was der Verlag dazugeben muss, hängt davon ab, wie viele Spenden im Vorfeld der Konferenz bei uns eingehen. Eine wichtige Rolle spielen auch der finanzielle Beitrag von Unterstützerorganisationen und die Einnahmen aus Standgebühren, die ebenfalls deutlich angehoben werden. Nicht zuletzt bieten wir beim Streamen der Veranstaltung den Kauf symbolischer Eintrittskarten an, damit die Zuschauer vor den Bildschirmen sich ebenfalls an den hohen Kosten beteiligen können.

Jetzt kommt es vor allem darauf an, für den Besuch der nächsten Rosa-Luxemburg-Konferenz zu mobilisieren: Statt zuletzt 2.600 sollen 3.600 Tagestickets verkauft werden. Mit Helfern und Gästen kommen wir dann auf 4.000 Teilnehmende – das Zehnfache der ersten Konferenz von 1996.

Dietmar Koschmieder

Eintrittskarten können ab sofort ­im jW-Shop bestellt werden. Wir bitten ­zudem um Spenden, siehe auch Seite 16

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