In Afrika kämpfen Einheimische um die Rückgabe riesiger Ländereien. Dabei geht es auch um Identitätsfindung und -absicherung, denn die massenhaft deportierten und oft weit versprengten Volksstämme müssen ihr Anrecht auf bestimmte Areale quasi kollektiv nachweisen. Ähnliches gilt für nordamerikanische Indianerstämme, die vor Gerichten für die Erweiterung ihrer Reservate streiten, um in Wäldern, die von der Holzindustrie beinahe restlos ausgebeutet wurden, zu ihrer »traditionellen Lebensweise« zurückzukehren.
Schon lange bemühen sich Afrikaner auch um die Rückgabe von Alltags-, Kunst- und Kultgegenständen, die ihren Vorfahren geraubt wurden und sich in europäischen Museen befinden. Ganze Boote und Hütten sind dort ausgestellt oder in den Archiven gelagert. Die Bedeutung dieser Exponate für die Bestohlenen kann kaum überschätzt werden. Es geht oft auch darum, sich einer nicht verschrifteten Volksgeschichte zu vergewissern.
Viel Aufregung gab es um Exponate, die aus sterblichen Überresten von Menschen bestanden: Schädel, Skelette und komplett ausgestopfte Leichen wurden nach internationalen Protesten zurückgebracht und mit Staatsbegräbnissen beigesetzt. Zwei dieser präparierten Körper, die im Besitz zweier deutscher Apotheker waren, blieben verschwunden. Über einen dritten, den eines Batswana, der bis zu seiner Restitution zu den wichtigsten Exponaten eines kleinen Museums im spanischen Banyoles gehörte, verfasste der niederländische Journalist Frank Westerman das Buch »El Negro. Eine verstörende Begegnung« (2005). Initiiert wurde die Rückgabe von einem in Spanien lebenden Haitianer. Es gab eine regelrechte Bewegung dafür, aber auch eine Gegenbewegung. In Bayoles wollte man »El Negro« partout behalten, demonstrierte das mit Ansteckern und Autoaufklebern, die sein Konterfei zeigten.
Während englische Museen gegenüber solchen Rückgabeforderungen eher cool bleiben, entledigen sich die französischen allmählich ihrer Schätze aus den ehemaligen Kolonien. Zuletzt erklärte Präsident Emanuel Macron Ende November in Ougadougou: »Das afrikanische Erbe darf kein Gefangener europäischer Museen sein« und stellte eine »zeitweilige oder endgültige Restitution« dieses Erbes innerhalb der nächsten fünf Jahre in Aussicht. Es gab in der Grande Nation zuvor eine größere Debatte über die Rechtmäßigkeit dieser Aneignungen. Dabei ging es auch darum, ob Kultobjekte fremder Völker einfach zu Kunst erklärt werden können. Der Ethnologe Claude Lévi-Strauss etwa kritisierte scharf, dass Teile der Sammlung Ethnologischer Museen in einem Flügel des Pariser Louvre gezeigt wurden, und zwar so präsentiert wie die sonstigen Kunstgegenstände dort.
Eine ganz ähnliche Debatte schwillt nun auch hierzulande an, forciert vor allem durch das Humboldt-Forum im mit Beton wiederhergestellten Berliner Hohenzollernschloss. In das soll die ethnologische Sammlung aus dem Museum im Stadtteil Dahlem umziehen. Dabei handelt es sich um etwa 500.000 Objekte und 1.000 Schädel beziehungsweise Knochen vorwiegend von Ostafrikanern. Wollte man das alles auf eine »saubere Herkunft« prüfen, müsste man großen Teilen des akademischen Proletariats in der Stadt eine Daueranstellung anbieten. Selbst die als gesichert geltenden Umstände des Erwerbs von Exponaten erweisen sich bei näherem Hinsehen als fragwürdig.
Ein kostbarer Perlenthron aus Kamerun z. B. wurde Wilhelm II. vom Sultan von Bamun »geschenkt«, nachdem die Deutschen nach 1884 auf ihrem Unterwerfungsfeldzug durch das Land Dörfer verwüstet, ganze Ethnien massakriert und viele Überlebende versklavt hatten. Um seinem Sultanat dieses Schicksal zu ersparen, unterstützte Ibrahim Njoya die »Strafexpeditionen« der Deutschen und trennte sich von seinem Thron, wobei er ein Gegengeschenk von Wilhelm II. erwartete. Er bekam eine Kürassieruniform und ein Orchestrion. Unter dem Aspekt des Warentauschs, bei dem es um Äquivalente geht, ein zumindest fragwürdiger Deal. Da der Sultan zudem unter Druck stand, liegt ein Vergleich mit den »preisgünstigen« Arisierungen jüdischen Eigentums nahe.
20.09.2021 12:36 Uhr
Es geht um Interventionen
Spannungen sichtbar machen: Linke Kultur auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz
Christof Meueler
Rosa Luxemburg war auch auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz – dargestellt von Susanne Jansen. Die Schauspielerin rief von der Bühne: »Solange das Kapital herrscht, werden Krieg und Rüstung nicht aufhören!« Das war der mustergültige Sound der gesamten Konferenz, in deren Programm immer mal wieder Kulturbeiträge eingestreut waren. Regisseurin Anja Panse stellte ihr Theaterstück »Rosa – Trotz alledem« vor. Daraus gab es eine kurze Szene, in der Susanne Jansen als Luxemburg und Arne van Dorsten als Karl Liebknecht über die Bühne tanzten und den Spartakusbund gründeten. So eine Organisation könnte man heute auch gut gebrauchen – denkt man in dem Moment und vergisst fast, dass es schon so viele linke Gruppen gibt, die sich auf der Konferenz, der größten regelmäßigen Veranstaltung der radikalen Linken in Deutschland, nicht gegenseitig bekämpfen, sondern friedlich ihre Flugblätter austauschen.
»Mein Herz wird siegen«, zitierte der Schauspieler Rolf Becker den Dichter Pablo Neruda, als er zusammen mit den Liedermachern Tobias Thiele und Nicolás Miquea des im Oktober verstorbenen Daniel Viglietti gedachte. Für Becker zählt Viglietti neben Victor Jara und Violeta Parra zu den wichtigsten Liedermachern Lateinamerikas. Er war mit ihm seit den 70er Jahren befreundet, gemeinsam sind sie noch im Februar 2017 in Berlin aufgetreten, auf der Gala zum 70. Geburtstag der jungen Welt. Dort hatten Thiele und Miquea mit Viglietti zum Schluss »A Desalambrar« von Victor Jara gesungen. Nun sang Miquea das Lied noch einmal. Es fragt die Mächtigen: »Habt ihr je daran gedacht, dass dieses Land uns gehört und nicht denjenigen, die mehr haben?«
Viglietti sang seine Lieder, auch im Namen derer, die in Lateinamerika von den Militärs verfolgt, gefoltert und ermordet wurden. »Eine Stimme, die singt, hinter meiner«, hob Tobias Thiele auf der Bühne in Berlin an, und Becker ergänzte: »Diese Stimme kommt aus begrabenen Mündern, eine Stimme, die sagt, dass sie jetzt leben, in deinen Worten, in deinem Blick. Sie sind ein Weg, der beginnt.« Und dann hörte man dieses Lied von Daniel Viglietti selbst, eine Filmaufnahme von seinem Auftritt im Februar 2017 in Berlin wurde eingeblendet. Das war anrührend, sozialistisch und psychedelisch. Das Publikum im Saal des Konferenz klatschte, das Publikum im Film klatscht und Daniel Viglietti klatscht mit.
Anrührend war auch ein Ölbild von Marie Luise Schulze, das draußen auf dem Gang hing. Es war Teil der Kunstausstellung der Gruppe Tendenzen, die seit 2014 fester Bestandteil der Rosa-Luxemburg-Konferenz ist. Das Bild von Schulze zeigt einfach einen weißen und einen schwarzen Menschen, die sich vor blauem Hintergrund im Arm halten. Diese ebenso einfache wie tiefgehende Botschaft war eine schöne Versinnbildlichung der Konferenz, die sich besonders mit den politischen Kämpfen in Afrika befasste. Es gemahnte auch an den alten Ohrwurm von Jerry Dammers: »If you have a rascist friend, now is the time for your friendship to end«. Klingt simpel, aber in einem Land mit der AfD mittlerweile drittstärkster Partei ist das eine gute Aufforderung, seine ganz alltäglichen Gespräche auf der Straße, in der Kneipe oder sonstwo neu zu strukturieren. Es geht um konkrete, unter Umständen auch paradoxe Intervention.
Im Prinzip ist die gesamte Rosa-Luxemburg-Konferenz eine einzige Intervention ins herrschende Meinungssystem. Und da ging es natürlich um »Interventionen ins herrschende Produktionssystem«. Unter diesem Titel hat Ibrahim Mahama, zur Zeit einer der weltweit am meisten gefragten Künstler, in der aktuellen Melodie & Rhythmus einen Text veröffentlicht. Auf der Konferenz wurde er nun von der Chefredakteurin des Magazins Susann Witt-Stahl gefragt, wie er dieses Motto in seiner Kunst umsetzt. Mahama sagte, er möchte spezifisches historisches Material untersuchen und neu interpretieren. Er wurde 1987 in Ghana geboren, das 1957 von den Briten unabhängig geworden war. Dort treffen britische Kolonialbauten auf Funktionsbauten osteuropäischer Prägung, da das Land gute Beziehungen zu den Staaten des Realsozialismus hatte. Besonders beeindrucken große Betonsilos für landwirtschaftliche Produkte, die heute leer sind. Ebenso die Fabrikhallen, in denen ghanaische Arbeiter früher Eisenbahnzüge bauten, mit denen die Briten das Land besser ausbeuten konnten. In diesen leeren Hallen ließ Mahama nun Jutesäcke, in denen die Produkte des Landes transportiert werden, zusammennähen – zu riesigen Planen, mit denen er ähnlich wie Christo diese Gebäude verhüllt. Anders als bei dessen weitgehend kontextfreier L’Art pour l’Art-Ästhetik geht es bei Mahama um konkrete gesellschaftliche Zustände. Auf einem seiner Fotos ist nur der Unterarm eines Arbeiters zu sehen, auf dem dieser den Namen und die Adresse der Firma geschrieben hat, für die er arbeitet, weil die Wanderarbeiter in Ghana ohne Unterlagen reisen, wie Mahama erzählte. Er sagte, er wolle »die Spannungen« zwischen dem internationalen Kapital und den Menschen vor Ort sichtbar machen. Das gilt auch für die Beziehungen zwischen dem kaputt »sanierten« Griechenland und der von Deutschland dominierten EU, weshalb er für die 14. Documenta im vergangenen Jahr in Athen über den Syntagma-Platz vor dem griechischen Parlament eine riesige Decke aus Jutesäcken zog. Er wolle daran erinnern, »in welchem Maße neokoloniale Kräfte die Weltpolitik bestimmen«, hatte er in der Melodie und Rhythmus geschrieben.
An die Barbarei bundesdeutscher Behörden erinnerte ein bewegender Auftritt von Mamadou Saliou Diallo, der Bruder des 2005 in einer Dessauer Polizeizelle verbrannten Oury Jalloh. Für ihn gab es eine Schweigeminute im Saal, zwei Videos über seinen Tod wurden gezeigt. Am Ende des einen hieß es: »Touch one, touch all«.
20.09.2021 12:37 Uhr
»Gemeinsame Kämpfe initiieren«
Oben – unten, Nord – Süd. Wer wen? Soziale Frage und Flüchtlingselend. Verabschiedet sich die Linke von der internationalen Solidarität? Auszüge aus der Podiumsdiskussion auf der XXIII. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz
Am Sonnabend diskutierte der Chefredakteur der jungen Welt, Stefan Huth, mit Selma Schacht, Mitglied der österreichischen Partei der Arbeit und Arbeiterkammerrätin in Wien, Günter Pohl, Sekretär für Internationales im Parteivorstand der DKP, sowie den Bundestagsabgeordneten Lorenz Gösta Beutin (Die Linke) und Canan Bayram (Grüne) über die Frage, ob sich die Linke von der internationalen Solidarität verabschiedet. Wir dokumentieren das Podiumsgespräch an dieser Stelle in Auszügen. (jW)
Stefan Huth: Die Asyl- und Flüchtlingspolitik war nicht nur im zurückliegenden Wahlkampf ein dominierendes Thema, sondern hat uns seit dem Herbst 2015 kontinuierlich begleitet. Damit einher ging ein signifikanter Rechtsruck, der bei den Bundestagswahlen im erschreckend hohen Ergebnis für die AfD seinen Ausdruck fand. Das ist eine echte Herausforderung für die fortschrittlichen Kräfte in diesem Land. Auch vor dem Hintergrund, dass in einem fort neue Fluchtursachen in Gestalt der Kriegs- und Einmischungspolitik des Westens in Afrika und anderswo geschaffen werden. Die Bundesregierung setzt ihre Repressionspolitik nach Außen fort, das Asylrecht wurde in den letzten Jahren systematisch geschleift. Die Linke ist zersplittert und nicht auf breiter Basis mobilisierungs- und widerstandsfähig, sie hat keine wirkliche Strategie, kein Konzept, wie dem Rechtstrend bündnispolitisch begegnet werden kann.
Die Wahlen in Österreich zeigten ebenfalls einen drastischen Rechtsruck an. Die Österreichische Volkspartei ist mit der FPÖ eine Koalition eingegangen, Vizekanzler Hans-Christian Strache von der FPÖ erwog unlängst öffentlich die Kasernierung von Flüchtlingen, verbunden mit einer nächtlichen Ausgangssperre. Und vor zwei Tagen sagte sein Parteikollege, Innenmister Herbert Kickl, er wolle die Flüchtlinge »konzentriert« unterbringen. Wie haben die Wahlen und die Koalitionsbildung auf die Linke in Österreich gewirkt, welche Gegenstrategien werden entwickelt?
Selma Schacht: Heute haben in Wien 70.000 Menschen gegen Schwarz-Blau, gegen Rassismus und Sozialabbau demonstriert. Für österreichische Verhältnisse ist das eine riesige Zahl. Unterschiedliche Bündnisse haben sich zusammengefunden, um diese Demonstration zu organisieren. Aber das darf trotzdem nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Linke auch in Österreich sehr heterogen präsentiert, oder anders gesagt, stark zersplittert ist. Es gibt auch bei uns viele Diskussionen darüber, welche Ausrichtung der Protest gegen Schwarz-Blau haben muss und welche Antwort wir auf die Flüchtlingsfrage geben sollen.
ÖVP und FPÖ haben eine parlamentarische Mehrheit. Nimmt man aber die Mandate der Neos, also der Neoliberalen, hinzu, so haben diese drei Parteien eine Zweidrittelmehrheit. Und das hat für die Arbeiterbewegung eine noch größere Bedeutung, weil somit viele Institutionen und viele Regelungen unter Beschuss geraten könnten, zum Beispiel die Arbeiterkammer, die sofort nach der Koalitionseinigung angegriffen wurde. Wir müssen in unseren Kampf gegen Schwarz-Blau fortwährend die soziale Frage einbringen. Es geht selbstverständlich gegen den Rassismus der Regierung, aber es geht ebensosehr gegen den Sozialabbau. Dagegen muss ein gewerkschaftlicher Kampf geführt werden. In dieser Frage scheiden sich die Geister, weil viele Initiativen bloß auf den Kampf gegen den Rassismus bei FPÖ und ÖVP setzen. Als Marxisten ist es unsere Aufgabe zu erklären, dass Rassismus nur bekämpft werden kann, wenn wir es schaffen, unsere gemeinsamen Interessen zu formulieren. Jene, die rassistische Ressentiments hegen, die medial bedient werden, müssen ihre wahren Interessen erkennen; sie müssen erkennen, dass ihre Interessen die gleichen sind wie die der Flüchtlinge und der migrantischen Kollegen. Schwarz-Blau verschärft die Bestimmungen in der Asylpolitik bis hin zur Unmenschlichkeit. Den Flüchtlingen soll sämtliches Geld abgenommen werden, sie sollen kaserniert werden, ihre Gesundheitsdaten sollen keinem besonderen Schutz unterliegen und so weiter. Der Kampf der neuen Regierung gilt nicht den Fluchtursachen, sondern den Flüchtlingen. Im Regierungsprogramm steht, dass Kolleginnen und Kollegen, die keinen österreichischen Pass haben, aber teilweise seit Jahrzehnten im Land leben, im Falle von Langzeitarbeitslosigkeit »der Rückführung zugeführt« werden sollen. Das kann einerseits für manche lebensbedrohlich sein, reißt die betroffenen Menschen jedenfalls aus ihrem normalen Leben. Und auf der anderen Seite kann das sozial- und gewerkschaftspolitisch dazu führen, dass ein Dumpingsektor errichtet wird, bei dem das Kapital auf eine Gruppe von Menschen zugreifen könnte, die sich noch billiger verkaufen müssen. Über diese Aspekte müssen wir in den Gewerkschaften und in den Bündnissen diskutieren.
Huth: In der Linkspartei gibt es Diskussionen zur Flüchtlingsfrage. Das geht kreuz und quer, ein klar konturiertes Bild lässt sich nur schwer verschaffen. Sahra Wagenknecht hat am Wahlabend, am 24. September, auf die Frage, wie sie den Aufstieg der AfD bewerte, gesagt, man habe es der AfD überlassen, bestimmte Dinge so auszusprechen und anzusprechen, wie sie von den Menschen wahrgenommen werden, etwa, welche Probleme sich für die arbeitende Bevölkerung angesichts der ankommenden Flüchtlinge ergeben. Sie deutete damit an, dass Die Linke der AfD Terrain überlassen habe. Auf der anderen Seite wird in der Partei über ein Einwanderungspapier diskutiert, hinter das sich die Parteivorsitzende Katja Kipping gestellt hat und in das gleichsam Nützlichkeitserwägungen implementiert worden sind. Beides, Wagenknechts Positionen und dieses Papier stehen nicht auf dem Boden des Programms, sagen zumindest Kritiker.
Gösta Beutin: Auch die Linke ist in starkem Maße vom gesellschaftlichen Rechtsruck betroffen, zu dem auch die regierenden Parteien mit ihren Asylrechtsverschärfungen beigetragen haben. Und jemand wie Boris Palmer von den Grünen trägt seinen Teil dazu bei, wenn er Flüchtlinge im Bus fotografiert, die angeblich schwarzfahren. Oder ein Sigmar Gabriel, der die These vertritt, die SPD müsse sich wieder verstärkt Themen wie Heimat oder Leitkultur zuwenden, während zum Beispiel Gleichstellung und Klimagerechtigkeit Themen der Postmoderne seien.
Die Linke ringt um Antworten und beschreitet so manchen Irrweg. Beispielsweise zu glauben, man erreiche Wählerinnen und Wähler, indem man mit rechten oder populistischen Parolen spielt. Die Auseinandersetzung lässt sich nur gewinnen, wenn man die Ursachen des Erfolgs der Rechtsradikalen, die jetzt auch im Bundestag sitzen, ernst nimmt. Und die heißen soziale Spaltung, Glaubwürdigkeitsverlust von Politikerinnen und Politikern, Krise der parlamentarischen Demokratie. Die Linke ist gut beraten, klare, solidarische und letztlich systemüberwindene Positionen zu vertreten. Wir müssen in der Bundesrepublik grundsätzlich etwas ändern. Die Linke trägt große Verantwortung, sie hat aber auch die Chance, zum Zentrum eines solidarischen Lagers zu werden, in dem gewerkschaftliche, klimapolitische, antirassistische und antikapitalistische Positionen zusammengeführt werden. Den Rechten dagegen ihre Parolen wegzunehmen, hat in der Geschichte noch nie funktioniert, davon sollten wir die Finger lassen.
Ich komme zur Einwanderungspolitik. Es gibt innerhalb von SPD, CDU und FDP die Forderung nach einem Einwanderungsgesetz, mit dem Argument: »Zuwanderung ist notwendig, etwa um günstige Pflegekräfte zu rekrutieren. Das erfolgt also nach Nützlichkeitserwägungen. Das klingt ein bisschen nach einer einstigen Formulierung von Roland Koch: »Wir brauchen weniger Ausländer, die uns ausnützen, die wollen wir nämlich abschieben, und wir brauchen mehr Ausländer die uns nützen, für die wollen wir ein Einwanderungsgesetz.« Diese Trennung dürfen wir als Linke nicht mitmachen. Wir sind grundsätzlich solidarisch, und wir spalten weder die migrantische Bewegung, noch die Arbeiterbewegung, noch irgendeine andere fortschrittliche Bewegung. Es gibt diesen Entwurf eines Einwanderungsgesetzes. Aber in dem Papier finden sich keine Nützlichkeitserwägungen, und das ist auch gut so. Die müssen wir als Linke klar zurückweisen. Wir haben eine Verantwortung für solidarische Position innerhalb dieses kapitalistischen Staates Bundesrepublik Deutschland, der Fluchtursachen schafft. Dieser Staat exportiert Waffen und führt Kriege. Dieser Staat unterstützt Saudi-Arabien bei dessen verheerenden Krieg in Jemen. Es reicht nicht zu sagen, wir müssen Verantwortung übernehmen, treten in eine Regierung ein und schauen mal, wie sich die Einwanderung regeln lässt. Wir müssen dagegen ohne Wenn und Aber an der Seite der Beherrschten in diesem Land stehen.
Huth: Wie wird die Flüchtlingsfrage in der Kommunistischen Partei diskutiert? Mir scheint, da gibt es ebenfalls verschiedene Antworten. Mitunter war zu hören, die Öffnung der Grenze 2015 sei nicht richtig gewesen, wegen der Lage der Arbeiter im eigenen Land.
Günter Pohl: Merkels »Wir schaffen das« hat sich an diejenigen gerichtet, die es schaffen können. Das sind die Reichen und vielleicht auch noch der Mittelstand. Aber die Arbeiterklasse? Die befindet sich permanent in einer Situation der Konkurrenz – um Arbeitsplätze und Wohnungen angesichts steigender Mieten. Diese Konkurrenz wird verschärft, wenn weitere Menschen hierher kommen. Vor dieser Lage standen wir 2015. Wir haben damals gesagt: »Unsere Willkommenskultur heißt, gemeinsam zu kämpfen«. Die Menschen, die hierher kommen, sind Teil der Arbeiterklasse. Völlig irrelevant, ob Menschen, die schon immer hier gelebt haben, oder solche, die vielleicht vor einigen Jahrzehnten zu uns gekommen sind, oder diejenigen, die gerade jetzt zu uns kommen – sie alle sind gezwungen, ihre Arbeitskraft zu verkaufen.
Wie sind wir in eine solche Situation geraten? Es sind vor allem die Kriege. Krieg wird es immer wieder geben, wenn wir dieses System nicht überwinden. Kapitalismus und Krieg sind nicht voneinander zu trennen. Das ist sozusagen das Geschäftsmodell des Kapitalismus. Als Kommunistinnen und Kommunisten dürfen wir, auch wenn wir eine kleine Partei sind, diesen Kampf nicht aufgeben. Es ist unsere verdammte Pflicht, dieses System zu überwinden. Das müssen wir alle tun, das ist auch ein Appell an andere Parteien. Aber was kommt danach? Wir sagen: »Wir wollen Sozialismus.« Unabhängig davon, ob der Sozialismus des 20. Jahrhunderts gescheitert ist. Er hatte Fehler, denn andernfalls wäre er nicht überwunden worden.
In der Flüchtlingsfrage haben wir eine ziemlich eindeutige Haltung, innerparteiliche Debatten gab es da nicht: Wir sind solidarisch mit den Fliehenden, die zu uns kommen, wir wollen aber auch nicht, dass diese Konkurrenzsituation auf dem Rücken der Arbeiterklasse ausgetragen wird. Die Milliardenüberschüsse im Haushalt zeigen, es ist genügend Geld vorhanden. Wir brauchen Investitionen in Wohnungsbau. Wir brauchen Investitionen im Gesundheitsbereich und im Bildungsbereich. Grundsätzlich steht jedoch die Frage, wie gelingt es uns, dieses System abzuschaffen?
Huth: Die Verhandlungsspitze der Grünen schien bei den Sondierungsgesprächen mehr oder weniger zu jeder Schandtat bereit. Da war die Rede vom »atmenden Rahmen« anstelle von »Obergrenze«, gemeint war aber etwas Ähnliches. Die Grünen haben zudem viele Kriege und Bundeswehr-Einsätze befürwortet und aktiv unterstützt. Wie kann man weiterhin in dieser Partei tätig sein? Und wie kann eine solche Partei ein Bündnispartner sein?
Canan Bayram: Ich bin seit 2009 Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen. In der Zeit der »Rot-roten« Regierung in Berlin bin ich als Mitglied des Abgeordnetenhauses aus der SPD ausgetreten. Ich kann mich noch gut dran erinnern, dass der damalige Fraktionsvorsitzende der SPD, der heutige Regierende Bürgermeister Michael Müller zu mir sagte: »Dass du bei uns nicht glücklich bist, das weiß ich. Aber kannst du nicht zumindest zur Linken gehen, damit die Koalition nicht gefährdet ist?« Und ich habe gesagt: »Nein, was die Linke hier unter Rot-Rot verantwortet hat, will ich nicht verantworten.« Als einzige Grüne mit Direktmandat im Bundestag verstehe ich mich als Abgeordnete im besten Sinne. Ich habe einen eigenen Kopf, ich habe ein eigenes Herz und wäge immer wieder meine Entscheidungen ab, die ich vor den Wählern verantworten muss. Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich einer »Jamaika-Koalition« nicht zustimmen werde und mit meiner Stimme nicht Frau Merkel zu einer weiteren Amtszeit verhelfen werde. Merkel hat einen großen Anteil an der Polarisierung unserer Gesellschaft.
Warum ist unsere Gesellschaft so gespalten, warum funktioniert es, dass Menschen gegen andere Menschen aufgebracht werden? Wenn, wie wir von Österreich gehört haben, das Bleiberecht an das Einkommen gekoppelt wird, wenn Menschen mit einem gesicherten Aufenthaltsstatus gezwungen werden, jedes Arbeitsverhältnis anzunehmen, kann ich nur sagen: Ein solches Einwanderungsgesetz wird es auch mit uns Grünen nicht geben.
In Deutschland heißt es, das Asylrecht werde nicht angetastet. Aber hierzulande wird nur einer sehr kleinen Zahl von Menschen das Bleiberecht gewährt. Der Großteil lebt in ständiger Unsicherheit und von den Familien getrennt. Das ist skandalös und zeigt, wie weit die Entsolidarisierung der Gesellschaft schon fortgeschritten ist. Immer weniger Menschen gehen dagegen auf die Straße.
Zu den Fragen von Krieg und Frieden kann ich sagen, dass ich in der Tradition von Hans-Christian Ströbele stehe. Es wird bei den Grünen mit mir eine Stimme geben, die für den Frieden kämpft. Das ist ein wesentlicher Teil meiner politischen Arbeit, an der möchte ich gemessen werden.
Zu Boris Palmer: Immer wieder werde ich gebeten, es noch einmal zu sagen: »Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten, Palmer.« Ich setze mich mit den Leuten meiner Partei auseinander, wenn sie Grenzen überschreiten. Aber ich finde auch, man sollte einen Bürgermeister aus der Provinz nicht wichtiger machen, als er ist. Schlimm genug, dass die Medien ihn so wichtig nehmen und dass er in jede Kamera seine menschenverachtenden Thesen hinein sprechen darf. Die meisten Grünen sind aber auch nicht der Ansicht von Boris Palmer.
Huth: Ich möchte noch mal den Blick auf Österreich lenken. Dort gibt es keine Linkspartei wie in Deutschland, sondern viele kleine Gruppen. Selma, du selbst bist in einer kleinen, aber sehr umtriebigen kommunistischen Partei aktiv, der Partei der Arbeit. Wie reagiert ihr auf die Zersplitterung der Linken, wie geht ihr damit in der täglichen Praxis um?
Schacht: Neben der Partei der Arbeit bin ich vor allem in der Gewerkschaftsinitiative Komintern aktiv, der kommunistischen Gewerkschaftsinitative – international, und für diese übe ich auch ein ehrenamtliches Mandat in der Arbeiterkammer aus. Wir tragen dieses »International« nicht nur im Namen, damit sich ein nettes Kürzel ergibt. Die Arbeiterklasse ist, wie Günter gesagt hat, multiethnisch. Und das wollen wir auch leben, indem wir einerseits in unserer Organisation unterschiedlichste Kolleginnen und Kollegen mit unterschiedlichsten Hintergründen, Herkünften etc. zusammenbringen und indem wir andererseits dieses Bild auch in die Gewerkschaften, in die Arbeiterkammern und in andere Bündnisse hineintragen. Denn dort herrscht oft das Motto: »Wir helfen denen, weil sie Hilfe brauchen«. Das ist zwar empathisch, macht aber die Kolleginnen und Kollegen mit Migrationshintergrund und die Geflüchteten lediglich zu »Empfängern« von Solidarität. Wir aber sagen: »Das sind eigenständige politische Subjekte. Wir kämpfen mit ihnen auf Augenhöhe.« Der gemeinsame Kampf ist in Österreich eher fremd, weil die Gewerkschaften sozialpartnerschaftlich ausgerichtet sind. Das aber müssen wir durchbrechen, denn sonst wird es sehr schwierig, gemeinsame Kämpfe zu initiieren.
Huth: In der Linkspartei wird debattiert, ob es eine Linke Sammlungsbewegung braucht, ähnlich wie in Frankreich mit Jean-Luc Mélenchon oder in Großbritannien mit Jeremy Corbyn. Oskar Lafontaine hat das Ende des Jahres in einem Interview angestoßen, Sahra Wagenknecht in einem Spiegel-Interview aufgegriffen: Entstehen soll so etwas, was auch Teile der SPD und der Grünen integriert, die Partei Die Linke aber in ihrer Verfasstheit in Frage stellte. Kann eine solche Bewegung die Linke voranbringen?
Beutin: Einer solchen Idee liegen zwei falsche Analysen zugrunde. Das ist einmal der Vergleich mit der Situation in Frankreich oder in Großbritannien. In Frankreich haben wir eine von Mélenchon angeführte Partei, La France insoumise (»Unbeugsames Frankreich«; d. Red.), das ist aber keine Bewegung. Mélenchon setzt sehr auf die nationalistische Karte. Bei Veranstaltungen von La France insoumise sieht man lauter französische Fahnen. Die rote Fahne, das Symbol des Sozialismus, ist von der Trikolore abgelöst worden. Das lässt sich nicht vergleichen mit der Bundesrepublik. Ich kann mir nicht vorstellen, dass auf Bundesparteitagen der Linken die Deutschlandfahne geschwenkt wird, und ich möchte es auch nicht erleben. In Großbritannien gibt es eine andere Entwicklung. Dort geht es um die Erneuerung der Labour-Partei, also darum, mit dem Neoliberalismus zu brechen. Auch hier handelt es sich um eine Partei.
Das zweite Missverständnis betrifft das Vertauschen von Bewegungen und Parteien. Es gibt gesellschaftliche Bewegungen. Sie entstehen aus Arbeitskämpfen, aus Kämpfen gegen Sozialabbau usw. Auch die Friedensbewegung ist ein Ergebnis solcher Kämpfe. Eine Partei ist keine Bewegung. Und Lafontaine und Wagenknecht machen den Fehler, dass sie genau das behaupten, dass eine Sammlungsbewegung identisch wäre mit einer linken Volkspartei. Aber eine Bewegung entsteht nicht von oben, nicht durch Menschen, die über die Medien kommunizieren. Die Partei Die Linke ist aus einer Bewegung hervorgegangen, aus dem Kampf gegen die Agenda 2010. Sie war das Ergebnis einer Bewegung, aber sie ist nicht identisch gewesen mit dieser Bewegung. Wir brauchen Die Linke als Organisationseinheit, als Partei links von der SPD. Zum einen, um im Parlament deutlich zu machen: Nein zu jeglichen Auslandseinsätzen. Nein zur Agenda 2010, nein zu Hartz IV, nein zu Sozialabbau, nein zu Neoliberalismus, nein zu Austeritätspolitik. Ja zu Klimagerechtigkeit und globaler Solidarität. Es ist fahrlässig, so etwas wie eine neue linke Volkspartei vorzuschlagen.
Die Linke hat keiner Asylrechtsverschärfung zugestimmt. Sie ist im Deutschen Bundestag immer gegen die Agenda 2010 aufgetreten. Und sie wird das auch weiterhin tun. Aber was Die Linke brauchen wird, ist solidarischer Druck. Sie braucht die Kritik von links, von Bewegungen, die eine klare Linie einfordern: beim Widerstand gegen Auslandseinsätze, beim Klimawandel. Wir benötigen den Druck von links, der formuliert: Mit diesem Kapitalismus ist kein Staat zu machen. Wir wollen eine Gesellschaft, die solidarisch ist und den Menschen dient und nicht der Wirtschaft. Unsere gemeinsame Aufgabe ist, der Linken immer wieder in den Arsch zu treten.
Huth: Als ich Anfang des Jahres Oskar Lafontaines Äußerungen in der Presse gelesen habe, hat mich das an eine alte Debatte in der DKP erinnert, die – wie mir scheint – inzwischen geklärt ist. Lange Zeit war in Teilen der Partei die Rede davon, dass die DKP Teil einer »Mosaik-Linken« sei, also Teil einer großen Sammlungsbewegung. Wie wird das heute mit Blick auf die Bündnispolitik diskutiert? Wie grenzt sich die DKP von einem solchen Gedanken an eine Sammlungsbewegung ab?
Pohl: Den Namen Lafontaine werde ich zu Hause mal googeln. Was Lafontaine aufbauen will, ist ja offenbar etwas, das dann parlamentarisch agieren könnte. Wie er sich das vorstellt, ist mir schleierhaft. In unserer Partei gibt es natürlich sehr intensive Debatten über die Frage, wie wir als Kommunistinnen und Kommunisten in die Gesellschaft eingreifen können – angesichts unserer Schwäche, aber auch angesichts des sehr großen Anspruchs, den wir haben, die Gesellschaft von Grund auf zu ändern. In den Bewegungen dürfen wir nicht unkritisch agieren, denn wir stellen grundsätzlich immer die Systemfrage. In die Friedensbewegung bringen wir antiimperialistische Positionen ein. Man muss sich immer wieder fragen: Was ist der Vorteil, den das Kapital aus bestimmten Aktionen zieht? Wo wird der Profit gemacht? Wie können wir dagegen angehen? Und zwar ohne moralischen Impetus. Moral bringt uns nicht weiter, da das Kapital sich sehr rational verhält. Der Irrationalismus ist in den unteren Schichten viel stärker verbreitet als in der Oberschicht. Dagegen müssen wir angehen. Wir brauchen eine klare, rationale Position, mit der wir den Problemen begegnen, sonst werden wir den Gegner nicht besiegen können.
Huth: Die Grünen sind aus einer Bewegung entstanden. Gibt es dort noch eine linke Basis? Ist das noch eine Größe, mit der die Parteioberen rechnen müssen, oder sind da schon alle Messen gesungen? Man hört doch sehr wenig Widerspruch, wenn es etwa um Kriege geht.
Bayram: Ich zitiere Anton Hofreiter, den Fraktionsvorsitzenden, der gesagt hat, die Grünen sind weiterhin eine linke Partei und haben den Anspruch, linke Politik zu machen. Ob das den hier formulierten Anforderungen genügt, kann ich nicht beantworten. Die letzten Jahre haben uns auch beim Thema Flucht und Migration gezeigt, dass die Bereitschaft der Parteien, wieder in nationales Denken zu verfallen, eine andere ist als die der Menschen, die einfach handeln und das tun, was gebraucht wird, die also solidarisch sind. Das habe ich bei den Protesten der Geflüchteten in Berlin erlebt, vom Hungerstreik am Brandenburger Tor über die Proteste am Oranienplatz. Wir müssen verstehen, dass diejenigen, die hierher kommen, Menschen sind, die in ihren Herkunftsländern politisch aktiv waren. Hier werden sie zu Bittstellern und als Sozialleistungsempfänger kleingemacht. Dabei haben sie die Power und die Ideen, wie es in ihren Ländern gerechter zugehen könnte. In solchen Bewegungen steckt sehr viel Kraft. Also, einer Partei oder den Parteien wird es alleine nicht gelingen. Und von dieser Idee des Herrn Lafontaine, um das abschließend noch mal zu sagen, halte ich wenig bis gar nichts.
Beutin: Dein persönliches Engagement in Ehren. Aber dennoch muss man sich anschauen, welche Positionen bei den Grünen mehrheitlich getragen werden. Sie haben die größte Rentenkürzung in der bundesdeutschen Geschichte mitgetragen, die Rente mit 67. Und auch die Absenkung des Rentenniveaus war kein Problem. Die Grünen haben sich weder von ihrer Kriegspolitik verabschiedet noch von ihrer neoliberalen Sozialkürzungspolitik. Das will ich bei allem Respekt doch einmal gesagt haben. Das heißt, auch die Grünen brauchen Druck, klare linke Positionen zu vertreten – noch viel mehr als Die Linke.
20.09.2021 12:36 Uhr
Modelle der Solidarität
Künstler, Wissenschaftler, Politiker, politische Initiativen: Das Programm der diesjährigen Rosa-Luxemburg-Konferenz war so gedrängt voll wie selten zuvor – und fand viele Zuhörer
Arnold Schölzel
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Afrika war Schwerpunkt der Rosa-Luxemburg-Konferenz (RLK) 2018 – eine Premiere. Und die ist gelungen – äußerten am Sonnabend viele der insgesamt mehr als 2.700 Gäste im Veranstaltungsort, dem Berliner Mercure-Hotel MOA. Die Moderatoren der Konferenz, die Sängerin Gina Pietsch und der Kabarettist Dr. Seltsam, erläuterten eingangs deren Motto: »Amandla! Awethu! – Alle Macht dem Volk«, einst Schlachtruf des ANC gegen das Apartheidregime, nun eine brennende Frage für Afrika und die Welt.
In der Bundesrepublik aktiv zu werden, ist ein RLK-Ziel. Walter Listl rief dazu auf, am 17. Februar in München gegen die sogenannte Sicherheitskonferenz zu demonstrieren, die »Zusammenrottung von Waffenhändlern, Kriegsstrategen und ihren politischen Helfershelfern«. Die Kampagne »Abrüsten statt Aufrüsten« warb für Unterschriften unter den, auch von mehreren Gewerkschaftsvorsitzenden unterzeichneten, gleichnamigen Appell. Der Dichter, Umweltschützer und Träger des alternativen Nobelpreises, Nimmo Bassey aus Nigeria, benannte in seinem Referat, um was es geht: »Nahrungsmittel, Bodenschätze und billige Arbeitskräfte«. Denn, so der Publizist und jW-Autor Jörg Kronauer daran anschließend: Ökonomisch herrschen heute noch in Afrika koloniale Verhältnisse. Der deutsche Imperialismus stehe dort in Konkurrenz zum französischen, beispielsweise in Cote d’Ivoire. Die frühere Sozialministerin des Landes, Clotilde Ohouochi, legte dar, was das heißt: »Die Aufteilung der Welt in Einflussbereiche bleibt eine brennende Realität.«
Der kubanische Publizist und Politiker Enrique Ubieta Gómez eröffnete die Reihe der Referenten, die konkrete Alternativen zur Politik des Westens auf dem afrikanischen Kontinent nannten. Heute sei zum Beispiel die Hilfe der Ärzte von der Karibikinsel – wie während der Ebola-Epidemie 2014 in Westafrika – ein solidarisches Gegenmodell zu Einflussnahme im Zeichen des Neoliberalismus. Ding Xiaoqin, Professor für Finanzen und Wirtschaft an der Universität Shanghai, machte darauf aufmerksam: Die Zusammenarbeit zwischen afrikanischen Staaten und der Volksrepublik China reicht zurück bis 1949. Nun versuche der Westen, Druck auf Länder auszuüben, die mit ihr Handel treiben. Afrika, ergänzte der Philosoph und Historiker Achille Mbembe (Kamerun) in seiner Rede, sei eine »chinesische Frage«. Seine Kernthese: »Afrika ist der Ort, von dem aus man die größte Frage unserer Zeit am besten stellen kann, die Frage nach der Zukunft des Lebens auf unserem Planeten.« In Beijing wurde das offenbar erkannt.
Keine RLK ohne Künstler, Wissenschaftler und Solidaritätsinitiativen auf der Bühne: Brasilien, Mumia Abu-Jamal, Freundschaftsgesellschaft Schweiz-Cuba, die Herausgeber der im jW-Verlag erscheinenden Ausgabe von Lenins »Staat und Revolution«, Volker Külow und Wladislaw Hedeler. Herausragend die Manifestation für die Solidarität mit Venezuela. Neu in diesem Jahr: eine aggressiv Solidarität für Irans Protestbewegung einfordernde Gruppe, die unsolidarisch und anonym mehr als 20 Minuten lang die Bühne besetzte. Veranstalter und Publikum nahmen’s gelassen.
Die Referate der RLK veröffentlicht jW in einer Beilage am 7. Februar 2018, die Materialien der gesamten Konferenz im März in einer Broschüre.
20.09.2021 12:27 Uhr
Mit Gott und Peitsche
Das Deutsche Reich war die viertgrößte Kolonialmacht der Welt. Vor allem in Afrika gingen Soldaten und Siedler mit brutaler Gewalt gegen die Einheimischen vor
Ulrich van der Heyden
Die Eroberung der überseeischen Welt durch Europäer ging von Anfang an mit mannigfachen Formen der Gewalt einher. Betrug, Drohungen und brutale Gewaltexzesse begleiteten den Kolonisierungsprozess. Seit Kolumbus 1492 Amerika entdeckt hatte, floss Blut, wurden Menschen versklavt, zur Zwangsarbeit und zu Abgaben verpflichtet, gedemütigt, getötet, vertrieben und übervorteilt. Alle europäischen Mächte, die sich mit Schwert und Feuer in Amerika, Asien, Australien, Afrika und in Ozeanien ihre Kolonialreiche, in der Regel abgesegnet durch die großen staatstragenden Kirchen, zusammenraubten, errichteten eine Zwangsherrschaft, die in Afrika erst ab 1960, dem »Afrikanischen Jahr«, beendet werden konnte. Allerdings war damit noch nicht die volle nationale Selbstbestimmung erreicht. Die Gewalt zur Aufrechterhaltung der sozialen Ungleichheit hält, wenn auch oftmals in modifizierter Form, nicht zuletzt befeuert durch den Kalten Krieg und neokoloniale Ausbeutungsmethoden, in einigen Gebieten der Erde bis heute an.
Gewalt war auch das Markenzeichen der Deutschen, die sich nach der sogenannten Berliner Kongokonferenz von 1884/85 an der Aufteilung des afrikanischen Kontinents beteiligten. Hier errichteten sie in Deutsch-Ostafrika (heute vornehmlich die Staatsgebiete von Tansania, Burundi und Ruanda), in Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia), in Kamerun und Togo ihre Herrschaft.
Kritik im Deutschen Reich
Über das spezifische Ausmaß sowie zum Vergleich der Gewaltmethoden in den deutschen Kolonialgebieten gibt es bisher nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen. Dies ist eine seit Jahren erhobene Kritik an der Historiographie. Mit einer komparatistischen Analyse der Methoden und Formen der überseeischen Herrschaftsausübung der europäischen Kolonialmächte war man ebenfalls zurückhaltend. Das trifft auch auf Forschungen zur Kolonialkritik in den europäischen »Muttergesellschaften« zu.
Dabei ging eine Welle der Empörung durch das Deutschland der Kaiserzeit, als die Gräuel im Kongo, die systematische Ausplünderung des Kongo-Freistaates, der sich quasi im Privatbesitz des belgischen Königs Leopold II. befand, zu Beginn des 20. Jahrhunderts bekannt wurden. Menschen mit abgehackten Händen waren wohl das typischste Symbol dieser Gewaltexzesse. Als diese durch die sich verbreitende Fotografie hierzulande bekannt wurden, verstärkte sich die Kritik am Kolonialismus bis hin zu dessen kategorischer Ablehnung. Aber nur die wenigsten sahen, dass diese Gräuel einem System entstammten, nach welchem auch die Deutschen ihre Kolonien verwalteten und das dort jeder auftretende Widerstand mit Gewalt unterdrückt wurde. Jedoch gab es schon damals Proteste gegen die Kolonialpolitik, was heute viel zu wenig wahrgenommen wird.
Drei unterschiedliche politische Gruppierungen traten gegen den Kolonialismus auf: erstens die Kritiker innerhalb der christlichen Missionsgesellschaften, die sich als »Anwalt der Eingeborenen« verstanden; zweitens liberale Politiker, die aus humanitären Gründen die Kolonialpolitik oder wesentliche Bestandteile davon in Frage stellten; und drittens Teile der Arbeiterbewegung, die sich unter dem politischen Dach der Sozialdemokratie organisierten.
Haltung der Sozialisten
Im Prinzip gab es schon bald nach dem Erwerb von Kolonialgebieten durch das Deutsche Reich Kritik aus den Reihen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) an einzelnen Erscheinungen der deutschen Kolonialpolitik. Am 26. Januar 1889 beispielsweise griff August Bebel den Kolonialabenteurer Carl Peters, der wegen seiner Grausamkeiten in Ostafrika als »Hänge-Peters« bekannt wurde, und dessen Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft im Deutschen Reichstag scharf an. Am 17. Februar jenes Jahres setzte er sich dort auch mit den kolonialbegeisterten Vertretern der Regierungsparteien auseinander und wies deren Argumentation zurück, dass Deutschland den überseeischen Kulturen die Zivilisation bringen müsse: »Meine Herren, was bedeutet denn aber in Wahrheit Ihre christliche Zivilisation in Afrika? Äußerlich Christenthum, innerlich und in Wahrheit Prügelstrafe, Weibermisshandlung, Schnapspest, Niedermetzelung mit Feuer und Schwert, mit Säbel und Flinte. Das ist Ihre Kultur. Es handelt sich um ganz gemeine materielle Interessen, ums Geschäftemachen und um nichts weiter!«
Bebel lehnte den Kolonialismus jedoch nicht grundsätzlich ab. Das zeigte sich in seiner Rede während der sogenannten Kolonialdebatte vom 1. Dezember 1906: »Kolonialpolitik zu treiben kann unter Umständen eine Kulturtat sein; es kommt nur darauf an, wie die Kolonialpolitik betrieben wird. (…) Kommen die Vertreter kultivierter und zivilisierter Völkerschaften, wie es z. B. die europäischen Nationen und die nordamerikanische sind, zu fremden Völkern als Befreier, als Freunde und Bildner, als Helfer in der Not, um ihnen die Errungenschaften der Kultur und Zivilisation zu überbringen, um sie zu Kulturmenschen zu erziehen, geschieht das in dieser edlen Absicht und in der richtigen Weise, dann sind wir Sozialdemokraten die ersten, die eine solche Kolonisation als große Kulturmission zu unterstützen bereit sind.«¹
Die weitgehende Zurücknahme vorheriger Äußerungen sozialdemokratischer Politiker zum Kolonialismus hatte seine Ursache in der seit den 1880er Jahren verstärkt geführten Diskussionen um eine »sozialistische Kolonialpolitik«, einem Bestandteil des Revisionismus um den einflussreichen SPD-Politiker Eduard Bernstein. Die Befürworter des Kolonialismus innerhalb der Arbeiterbewegung machten sich einen damals allgemein diskutierten Grundsatz zu eigen, der davon ausging, dass es das »Recht der höheren Kultur« sei, den »unterentwickelten Kulturen« ihre vermeintlichen Errungenschaften zu bringen. Dies sei geradezu notwendig – auch unter Anwendung von Gewalt. Am konsequentesten widersprach Karl Kautsky solchen Auffassungen.
Zu den wenigen generellen Kritikerinnen des Kolonialismus in der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung gehörte Rosa Luxemburg. Sie betrachtete ihn als einen immanenten Bestandteil des Imperialismus. Und August Bebel etwa kritisierte zu Beginn des 20. Jahrhunderts vehement den Krieg gegen die Herero und Nama in der deutschen Kolonie Südwestafrika.
»Heia Safari«
In der Afrika- und Kolonialgeschichtsschreibung wurde die Tatsache, dass die deutsche Bevölkerung nicht durchweg kolonialbegeistert gewesen ist, bislang wenig beachtet.² Seltsamerweise spielten diese Themen, sieht man von einigen Arbeiten zur antikolonialen Haltung der deutschen Sozialdemokratie ab, bisher kaum eine Rolle. Wer sich mit der Geschichte der deutschen Kolonialismusforschung beschäftigt, wird feststellen, dass zuerst die DDR-Forscher an den Ende der 1950er Jahren von der Sowjetunion zurückgegebenen einschlägigen Archivbeständen arbeiteten. Damit wurde die »kolonialkritische Kolonialismusforschung« von Helmuth Stoecker, Walter Markov und anderen begründet. Als Standardwerke gelten bis heute der von Stoecker 1977 herausgegebene Sammelband »Drang nach Afrika. Die koloniale Expansionspolitik und Herrschaft des deutschen Imperialismus in Afrika von den Anfängen bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges«, das nach wie vor aktuelle Werk von Peter Sebald über »Togo 1884–1914. Eine Geschichte der deutschen ›Musterkolonie‹ auf der Grundlage amtlicher Quellen« (1988) und das mehrfach neuaufgelegte und auf Initiative der Vereinten Nationen in verschiedene Sprachen übersetzte Buch von Horst Drechsler »Südwestafrika unter deutscher Kolonialherrschaft« (1966). Letzterer hatte als erster Historiker den Kolonialkrieg in Deutsch-Südwestafrika als Völkermord bezeichnet.
Erst in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre begann man sich auch in der BRD mit der deutschen Kolonialgeschichte kritisch auseinanderzusetzen. Den öffentlichen Anlass hierfür bot eine vom WDR produzierte und von Ralph Giordano erarbeitete TV-Dokumentation mit dem Titel »Heia Safari«, die bei den Kolonialverteidigern zu ablehnenden Reaktionen bis hin zu Randalen im Fernsehstudio führte. In den 1970er und 1980er Jahren beschäftigten sich nur wenige Historiker der damaligen Bundesrepublik mit der kolonialen Vergangenheit, in der DDR waren es vornehmlich Wissenschaftler an den Universitäten in Leipzig und Berlin sowie an der Akademie der Wissenschaften. Wenn auch weitgehend getrennt, konnten einige Kolonialverbrechen aufgearbeitet oder doch zumindest in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt werden. International anerkannte Ergebnisse wurden vorgelegt. Das hinderte jedoch später die aus dem Westen des dann vereinten Deutschlands kommenden Evaluatoren nicht, ihre Kollegen von den nunmehr neu ausgeschriebenen Stellen an den ostdeutschen Lehr- und Forschungsinstitutionen zu verdrängen.
Ein Jahrzehnt später begann dann geradezu ein Forschungsboom. Ausgehend von den USA wurden auch in Deutschland die postkolonialen Studien begründet.³ Seither ist eine kaum zu überblickende Anzahl von einschlägigen Forschungsarbeiten erschienen.
Krieg gegen die Herero und Nama
Die Ursachen des Krieges der deutschen Kolonialsoldateska gegen die Herero und Nama in den Jahren 1904 bis 1908 sahen einige führende Sozialdemokraten in der Existenz des kolonialen Ausbeutungssystems. Die meisten SPD-Politiker schienen nunmehr den verbrecherischen Charakter der mit Gewalt ausgeübten Kolonialherrschaft erkannt zu haben: »Im Grunde genommen ist das Wesen aller Kolonialpolitik die Ausbeutung einer fremden Bevölkerung in der höchsten Potenz.«4 Die Kritik August Bebels gipfelte in dem Vorwurf, dass die Methoden der Kolonialpolitik auch bald die Innenpolitik bestimmen könnten: »Das ist die Politik, mit der Sie Tag für Tag noch einen großen Teil Ihrer eigenen Landesangehörigen behandeln.«
Was war geschehen? Die durch die Kolonialherrschaft hervorgerufenen Existenzängste der afrikanischen Bevölkerung hatten zu einem Aufstand geführt, der im Januar 1904 mit dem Angriff der Ovaherero unter Samuel Maharero auf deutsche Einrichtungen und Farmen begann. Da die »Schutztruppe« damit nicht gerechnet hatte, entsandte die Reichsregierung umgehend Verstärkung. Die von Generalleutnant Lothar von Trotha befehligte, 15.000 Mann umfassende Truppe, schlug den Aufstand der Herero bis zum August 1904 blutig nieder. Ein großer Teil der Herero floh daraufhin in die Omaheke-Wüste, in der es kaum Wasser gab. Von Trotha ließ den Landstrich abriegeln und Flüchtlinge von den wenigen Wasserstellen verjagen. Tausende Herero mitsamt ihren Familien und Rinderherden verdursteten.
Der grausame Krieg zur Unterwerfung der Herero trieb auch die Nama unter ihren Führern Hendrik Witbooi und Jakob Morenga zur Rebellion. Sie begannen einen Guerillakrieg. Hendrik Witbooi, das Oberhaupt der Nama, hatte sich über die deutsche Kolonialverwaltung in einem Brief beschwert: »Der Deutsche (…) führt Gesetze ein, (…) (die) völlig unmöglich sind, unhaltbar, unerträglich, undankbar und grausam. (…) Er züchtigt Menschen auf schändliche und grausame Weise. Wir, die er für dumm und unintelligent hält, haben niemals menschliche Wesen auf so erbarmungslose und unangebrachte Art behandelt wie er, der Menschen auf den Rücken legt und ihnen auf den Bauch und zwischen die Beine prügelt, Männer wie Frauen, von denen (…) keiner solch eine Strafe überleben kann.«
Im März 1908 mussten die Nama aufgeben. Zu überlegen waren die militärtechnischen Möglichkeiten der Kolonialtruppe. Auch die Herero hatten sich unterworfen. Von der geschätzt 60.000 bis 80.000 Personen zählenden Ethnie lebten 1911 nur noch 20.000. Nach Abschluss der Kampfhandlungen wurden die Herero und Nama in von den Briten abgeschaute Konzentrationslager gesperrt, in denen annähernd jeder zweite Insasse an Krankheiten und Hunger verstarb. Es wird geschätzt, dass beim Völkermord in Deutsch-Südwestafrika etwa 40.000 bis 60.000 Herero sowie rund 10.000 Nama ums Leben kamen.
Infolge des langwierigen und kostenaufwendigen Kolonialkrieges kam es im politischen System des Deutschen Reichs zu einer Krise. Im Reichstag sollte deshalb ein Nachtragshaushalt die rücksichtslose Kriegführung finanzieren. Die SPD und Teile der Zentrumspartei weigerten sich. Die Änderung am Budget wurde abgelehnt, der Reichstag daraufhin aufgelöst, und Neuwahlen wurden angesetzt. In einem bisher kaum gekannten Ausmaß an nationalistischer Propaganda versuchten die Vertreter der großbürgerlichen und junkerlichen Parteien, sekundiert und angespornt von prokolonialistischen Organisationen, für ein »hartes Durchgreifen« im Krieg gegen die aufständischen Afrikaner Stimmung zu machen. Ein Teil der deutschen Bevölkerung geriet in einen Taumel der Kriegsbegeisterung und des Chauvinismus. Mit den sogenannten Hottentottenwahlen am Beginn des Jahres 1907 hoffte Reichskanzler Bernhard von Bülow, eine ihm genehmere Zusammensetzung des Reichstags zu erreichen. Sein Ziel war, SPD und Zentrum in einer groß angelegten Kampagne als kolonialfeindlich, antinational und somit als Vaterlandsverräter abzustempeln und gleichzeitig einen zuverlässigen regierungsfreundlichen Block aus konservativen, nationalliberalen und liberalen Abgeordneten zu schaffen. Trotz intensiver gegen sie gerichteter Hetze gewann die SPD die Wahl zwar in absoluten Zahlen. Aber eine undemokratische Wahlkreiseinteilung sowie der Zusammenschluss konservativer Parteien zu einem Wahlbündnis im Falle von Stichwahlen verringerte die Anzahl der Abgeordneten der SPD im Reichstag dramatisch von 81 auf 43. Das Zentrum blieb stabil.
Den Misserfolg bei den Wahlen von 1907 konnten viele sozialdemokratische Abgeordnete nicht vergessen. Er sollte nicht unerhebliche Bedeutung für deren Verhalten im August 1914 haben: Um nicht erneut des Vaterlandsverrats geziehen zu werden, stimmten sie nunmehr fast geschlossen für die Kriegskredite.
Der Völkermord an den Herero- und Nama war nicht das einzige Kolonialverbrechen des deutschen Kaiserreichs. In allen vier deutschen Kolonien auf dem afrikanischen Kontinent setzten die aus dem Reich in die Tropen gereisten neuen Herren, die in ihrer Heimat oft genug gescheiterte Existenzen waren, ihre vermeintlichen Ansprüche mit Gewaltmaßnahmen durch. In Erinnerung ist dort bis heute der Ausspruch: »Und noch einer für den Kaiser!« Damit wurde bei den Prügelstrafen ein zusätzlicher Peitschenhieb zu »Ehren des Kaisers« angekündigt. Ziel aller Gewaltmittel war letztendlich der Raub des Landes der Einheimischen. Mit der Ausbeutung der dort lebenden Menschen sollten die für die koloniale Verwaltung notwendigen Finanzmittel durch Steuern und Zwangsarbeit erbracht werden. Nach dem Motto »Teile und herrsche« wurden die Streitigkeiten unter den indigenen Herrschern ausgenutzt und Rivalitäten zwischen ethnischen Gruppierungen geschürt.
Maji-Maji-Aufstand
Neben dem Krieg gegen die Herero und Nama stand damals auch der Maji-Maji-Krieg im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Arbeitszwang und Willkür waren die Hauptursachen für dessen Ausbruch. Eine Allianz von Angehörigen afrikanischer Ethnien erhob sich von 1905 bis 1907 im Süden der Kolonie Deutsch-Ostafrika. Der bewaffnete Widerstand, einer der größten Kolonialkonflikte in der Phase der Eroberung Afrikas, endete mit einer verheerenden Niederlage. Die Mehrheit der Getöteten starb allerdings nicht durch Gewehrkugeln, sondern verhungerte, weil die deutsche »Schutztruppe« Felder und Dörfer niederbrannte. Ganze Landstriche wurden so entvölkert. Schätzungen zufolge starben bis zu 300.000 Menschen. Obwohl in der DDR die ersten diesbezüglichen Forschungen schon Anfang der 1960er Jahre veröffentlicht wurden, ist dieser Krieg noch immer nicht wirklich Teil der deutschen »Erinnerungskultur«.
Noch weniger bekannt ist, wie die Deutschen in Kamerun ihre Macht durchsetzten. Das liegt nicht zuletzt daran, dass zuweilen bis in die jüngste Zeit die Errichtung und Durchsetzung der dortigen Kolonialherrschaft beschönigt wird. Weil seit etwa 1907 eine Korrektur der Herrschaftsmethoden erfolgte, ist gar von einer »humanen Kolonialpolitik« die Rede. Nicht mehr blinde Gewalt sollte im Mittelpunkt der Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Herrschaft stehen, sondern effektive Ausbeutung. Der Nestor der deutschen Kolonialhistoriographie, Helmuth Stoecker, erklärte dies mit der Tatsache, dass nunmehr die Aufteilung der Erde unter den imperialistischen Großmächten abgeschlossen gewesen sei und »eine intensive Ausbeutung des Kolonialbesitzes« einsetzte.
Doch die Ausbeutung der Kameruner Bevölkerung auf den Plantagen, beim Straßen- und Eisenbahnbau war eine räuberische Praxis. Außerökonomischer Zwang spielte dabei eine bedeutende Rolle. Die zukünftigen Arbeitskräfte wurden durch Alkohol gefügig gemacht, die Häuptlinge bestochen. Die Landräuber gingen mit rücksichtsloser Gewalt vor, die Sterblichkeit unter den Arbeitern nahm riesenhafte Ausmaße an. Die jährliche Todesrate lag 1913 unter den Eisenbahnarbeitern bei 13, ein Jahr später bei 16 Prozent. Bereits die Strapazen des Marsches zu den Baustellen überlebten viele der oftmals aneinander gefesselten Arbeiter nicht. In einer der ersten kolonialkritischen Untersuchungen, die in der DDR erschienen, heißt es hierzu: »Hungerlöhne, übermäßig lange Arbeitstage, ungenügende Ernährung, mangelhafte Unterkünfte, Frauen- und Kinderarbeit, ein zerrüttetes Familienleben, ein früher Tod, Prügel- und Kettenstrafen – das war das Los der Arbeiter in Kamerun.«5 Solche Formen der Ausbeutung und Unterdrückung verbunden mit Methoden der Vertreibung großer Teile der afrikanischen Bevölkerung von Grund und Boden führten zu passivem und auch aktivem Widerstand. Die Kolonialregierung reagierte: Zwischen 1906 und 1914 erhöhte sich die Anzahl der Strafurteile von jährlich 3.150 auf 11.229; die Zahl der Gefängnisstrafen stieg von 3.516 auf 5.452 und die der Prügelstrafen von 924 auf 4.800 im Jahr 1909.
Zur Wahrheit gehört auch der Hinweis, dass die deutschen Kolonialsoldaten nicht besonders zahlreich waren, im Jahre 1900 waren nur 15 deutsche Offiziere und 23 Unteroffiziere in Kamerun stationiert. Die Majorität der Kolonialtruppe machten sogenannte Askaris, einheimische paramilitärische Polizeikräfte, und zum Teil in anderen europäischen Kolonien angeheuerte afrikanische Truppen aus. Sie standen, während des Ersten Weltkrieges auf fast 10.000 Mann aufgestockt, alle unter deutschem Befehl.
»Musterkolonie« Togo
Die flächenmäßig kleinste afrikanische Kolonie des deutschen Kaiserreichs war Togo. Das Land galt als »Musterkolonie«, weil man es so stark ausbeuten konnte, dass die dort niedergelassenen Händler, Farmer, Beamten und sonstigen Deutschen kein Verlustgeschäft machten und der Staatshaushalt nicht belastetet wurde. Als wenn ein Kapitalist je einen Pfennig investiert hätte, der nicht Gewinn versprach! Die finanziellen »Verluste« in den anderen deutschen Kolonien trugen die Steuerzahler zu Hause im Reich, also vor allem die Arbeiter.
Trotz Gewaltanwendung bei der militärischen Unterwerfung und bei der Aufrechterhaltung der Kolonialherrschaft erhob sich die einheimische Bevölkerung in Togo nicht. Der Historiker Peter Sebald schreibt: »Es ist festzustellen, dass das Kolonialregime auf allen Gebieten scharfe Konflikte mit der Bevölkerung verursachte. Wenn es nicht (…) zu größeren Aufständen kam, dann besonders, weil die fortgeschrittenere gesellschaftliche Entwicklung der afrikanischen Bevölkerung (…) den deutschen Kolonialismus zur Anwendung differenzierterer Methoden veranlasste.«6 Die deutsche Kolonialverwaltung arbeitete deshalb eher mittels Repressionsmaßnahmen, die von der Justiz abgesichert wurden. Die Zahl der Strafurteile stieg von 1.072 im Jahre 1901/02 auf 6.009 im Jahre 1911/12, die der offiziell verhängten Prügelstrafen von 162 auf 733 im gleichen Zeitraum. Nicht zu unterschätzen ist der andauernde passive Widerstand: Einzelne Personen, zuweilen auch ganze Dörfer, wanderten in die Nachbarkolonien ab.
Ob subtil oder direkt, spontan oder systematisch: Gewalt wandte die deutsche Kolonialadministration in allen von ihr unterworfenen Gebieten an, denn nach dem wie auch immer vonstatten gegangenen Landerwerb ging es darum, die Bevölkerung, die bislang von der Subsistenz- und Naturalwirtschaft gelebt hatte, nun aber zur Produktion von Mehrwert angehalten werden sollte, zur Arbeit zu zwingen. Die Deutschen führten deshalb Kopf- und Hüttensteuern ein. Wer diese nicht entrichten konnte oder wollte, wurde zur Zwangsarbeit verurteilt. Große Teile der indigenen Bevölkerungen gerieten so in Unfreiheit. Auf Widerstand, sei er aktiv oder passiv gewesen, reagierte die deutsche Kolonialadministration ausnahmslos mit Gewalt. Wer da von »humaner Kolonialpolitik« spricht, will in die Irre führen.
Anmerkungen:
1 Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstages, Bd. 5 (Sitzung am 13.12.1906), Berlin 1906, S. 4057
2 Vgl. Ulrich van der Heyden: Antikolonialismus und Kolonialismuskritik in Deutschland. In: Joachim Zeller/Marianne Bechhaus-Gerst (Hg.): Deutschland postkolonial? Die Gegenwart der imperialen Vergangenheit, Berlin 2018 (im Druck)
3 Vgl. Ulrich van der Heyden/Joachim Zeller (Hg.): Kolonialmetropole Berlin. Eine Spurensuche, Berlin 2002
4 Zit. n. Axel Kuhn (Hg.): Deutsche Parlamentsdebatten, Bd. 1: 1871 bis 1918, Frankfurt am Main 1970, S. 170
5 Hella Winkler: Das Kameruner Proletariat 1906–1914. In: Helmuth Stoecker (Hg.): Kamerun unter deutscher Kolonialherrschaft. Studien, Berlin 1960, S. 280
6 Peter Sebald: Togo 1900–1914. In: Helmuth Stoecker (Hg.): Drang nach Afrika. Die koloniale Expansionspolitik und Herrschaft des deutschen Imperialismus in Afrika von den Anfängen bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges, Berlin 1977, S. 124
20.09.2021 12:27 Uhr
Der Hitler in uns
Wiederveröffentlicht: Aimé Césaires große Polemik »Über den Kolonialismus« von 1950 ist heute noch lehrreich
Kai Köhler
Vieles, was heute gedacht wird, wurde bereits früher einmal gedacht, und manchmal sogar besser. Darum sind neue Ausgaben von Texten wie Aimé Césaires »Über den Kolonialismus« willkommen. Die 1950 geschriebene, 1955 erweitert vorgelegte Polemik hat an Aktualität nichts verloren.
Césaire, 1913 auf Martinique geboren, war einer der wenigen schwarzen Jugendlichen, denen die französische Kolonialmacht eine gute Ausbildung zugestand. Er nutzte die Kenntnisse, die er so erwarb, um sich gegen die Unterdrücker zu wenden. Von der Brillanz seines Französisch vermittelt der Übersetzer Heribert Becker mehr als nur eine Ahnung: Der mal ironische, mal aggressive Gestus der Sprache ist in den deutschen Wendungen gut erkennbar.
Tatsächlich ist es eine üble Bande, die Césaire den Stoff für sein Buch liefert. Die Großen der französischen Kulturgeschichte wie auch zeitgenössische Parlamentsabgeordnete bevölkern ein Panoptikum, in dem alle Formen des Rassismus ihren Platz finden: von der weißen Herrenmenschenphantasie über vermeintlich zivilisierende Fürsorge bis hin zu der exotistischen Verharmlosung der »Negerkultur« als besonders spirituell – auf dass die Kolonialisierten bloß nicht auf die Idee kommen, materielle Interessen einzufordern.
Sicherlich formulieren heute die Ideologen des Neokolonialismus vorsichtiger. Zwar findet sich immer noch das vermeintliche Lob für die »Primitiven«, die man vorsichtshalber nicht mehr so nennt: Sie seien näher an der Natur und damit glücklicher als der westlich zivilisierte Bürger. Aber die politischen Phrasen kommen heute technokratisch daher. Liest man indessen Césaire, so ist es gar nicht mehr schwierig, die aktuellen Phrasen von »Marktöffnung« und »good governance« zu durchschauen. Man kann das Pamphlet auch ohne den ausführlichen Stellenkommentar gut lesen.
Über die Einzelkritik hinaus treibt Césaire seine Kritik des Kolonialismus ins Grundsätzliche. Die Kolonialherrschaft wirke auch zurück auf den, der sie ausübe. Europa sei »geistig und sittlich unhaltbar« geworden. Er schreibt, was 1950, fünf Jahre nach dem Sieg über den Faschismus, in einem der Siegerländer eine kaum überbietbare Provokation gewesen sein muss: Hitler habe in Europa und an Europäern verübt, was zuvor außerhalb Europas Praxis gewesen sei. Jedem »ach so humanistischen, ach so christlichen Bourgeois des 20. Jahrhunderts« gelte es begreiflich zu machen, »dass er selbst einen Hitler in sich trägt« und es Hitler nur nicht verzeihe, seine Verbrechen gegen weiße Menschen gerichtet zu haben.
Hier ließe sich einwenden, dass der Kolonialismus ohne Rücksicht auf den möglichen Tod seiner Opfer Kriege führt und ausbeutet, anders aber als der deutsche Faschismus nicht auf die Ausrottung einer zum Feind erklärten Rasse zielt. Das Gemeinsame jedenfalls, auf das es Césaire ankommt, ist der Kapitalismus. Hitler gilt ihm, in einer schönen Metapher, als das »Vergrößerungsglas«, durch das der Zustand des »nach seinem Überleben trachtenden Kapitalismus« gesehen werden kann. Und so nennt Césaire als die einzige Klasse, »die noch eine universale Aufgabe hat«, nämlich die »engstirnige Tyrannei einer entmenschlichten Bourgeoisie« zu beseitigen, das Proletariat.
Césaire bezieht sich hier auf eine Universalgeschichte, auf eine Entwicklung der Menschheit als Ganze. Dem steht nur bedingt entgegen, dass er die »um ihre Identität gebrachten Gesellschaften«, die »niedergetrampelten Kulturen« beklagt: denn dieser Satz endet in der Trauer um die »vereitelten großen Möglichkeiten«, »Möglichkeiten« sogar kursiv hervorgehoben. Es geht ihm nicht um das jeweils besondere Volk, das unbedingt sein Eigenes zu bewahren habe, sondern um Chancen der Entwicklung, um Beiträge für die Menschheitsgeschichte, die der Kolonialismus gerade verhindert habe.
Ein Problem bleibt. Fragwürdig ist das Lob der vorkolonialen Welt: »Es waren demokratische Gesellschaften – immer«, oder gar: »genossenschaftliche, brüderliche Gesellschaften«. Das ist antikolonialer Trotz. Es lassen sich Beispiele genug nennen, wo wenige Kolonialisten siegten, weil irgendeine unterdrückte Gruppe die Illusion hatte, mit deren Hilfe sich zu befreien. Der Kolonialismus konnte seine neuen Schrecken oft auch deshalb verbreiten, weil er zuerst als Alternative zu alten Schrecken erschien und weil er stets Kollaborateure fand und findet.
Fragwürdig ist auch die Kritik der europäischen Zivilisation als krank und verrottet. Dies stimmt, insofern ihr Humanismus der Rechtfertigung kolonialer Verbrechen diente. Gleichzeitig stimmt es nicht, denn die antikapitalistische Kritik, auf die sich Césaire stützt, ist eben die materialistische Konsequenz des universalistischen europäischen Humanismus. Die Kritik richtet sich damit gegen ihre eigene Grundlage.
Auch in solchen Widersprüchen erweist sich Césaires Kolonialismuskritik als aktuell – schließen doch die dümmeren Vertreter des Postkolonialismus mit ihrem undurchdachten Lob der Vielfalt an die fragwürdigsten Passagen dieses Werks an. Auch in diesem Fall liest man besser das Original. Stärker als Césaires Lob der vorkolonialen Gesellschaften, das zu einer exotistischen Begeisterung fürs Fremde verführen kann, ist sein Argument, dass gerade der Kolonialismus den Prozess der Zivilisierung verhindert. Die koloniale Heuchelei behauptet zwar das Gegenteil – doch kann sich über Heuchelei nur derjenige so beredt wie Césaire empören, der die nur vorgeschobenen Werte im Ernst verteidigt. Es waren glücklichere Zeiten, in denen die Hoffnung bestand, die sozialistische Zivilisierung der Welt zu erleben.
20.09.2021 12:28 Uhr
Großer Andrang
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Seit 9.30 Uhr sind die Türen geöffnet, der Saal füllt sich. Etwa 2.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden zur Veranstaltung erwartet.
20.09.2021 12:28 Uhr
Die Ingoma-Trommelgruppe begrüßt die Teilnehmer
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Rhythmisch fängt die XXIII. Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin an: Die Mitglieder der Gruppe Ingoma sind in den Hauptsaal eingezogen. Die Burundi-Trommler sind Vertreter der Kultur ihres Landes, ihr Ritualtanz ist einzigartig in der Welt und zwingt zu Bewegung. Was könnte besser zur RLK passen?
In ihre Eröffnungsansprachen machten die Moderatoren Dr. Seltsam und Gina Pietsch auf die Bedeutung von Traditionen für den Befreiungskampf aufmerksam. Das diesjährige Motto der Konferenz, Amandla! Awethu! (in etwa: Alle Macht dem Volk!) sei schon vom südafrikanischen ANC, der gegen die Apartheid kämpfte, benutzt worden.
20.09.2021 12:28 Uhr
Buntes Publikum
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Nicht wenige Besucher der Rosa-Luxemburg-Konferenz kommen schon seit vielen Jahren am zweiten Januarwochenende nach Berlin. Junge Menschen, ältere Menschen. Aus allen Teilen der Bundesrepublik und aus dem Ausland. Das Publikum ist bunt gemischt. Manche nehmen für ihre Teilnahme eine weite Anreise in Kauf. Die eine aus Stuttgart, ein anderer aus München. Für viele ist es ein Pflichttermin und eine gute Gelegenheit Freunde, alte Bekannte oder auch Genossen zu treffen.
20.09.2021 12:29 Uhr
Fest der Solidarität
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Es gab viel zu sehen, zu hören und zu erleben auf der Konferenz. Linke aus ganz Deutschland und vielen anderen Ländern kamen miteinander ins Gespräch. Nicht zuletzt war sie ein Treffpunkt für viele junge Leute – stark vertreten war die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) – die auf dem hier parallel stattfindenden Jugendforum »Lernen, wie wir kämpfen müssen« lebhaft diskutierte. Impressionen aus dem Mercure-Hotel in Berlin-Moabit.
20.09.2021 12:30 Uhr
Für Demokratie in Brasilien
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»Wahlen 2018 ohne Lula sind Betrug«: An einem Informationsstand informieren auf der Konferenz in Deutschland lebende Brasilianer über die Situation in ihrem Land nach dem parlamentarischen Putsch und die politisch-motivierte Verfolgung des früheren Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva von der Arbeiterpartei (PT) durch die Justiz. Die Initiative »SOS Lula Berlin« unterstützt damit die internationale Kampagne, die in der von den rechten Eliten betriebenen Ausschaltung des populären Politikers, der nach Umfragen bei der Präsidentschaftswahl in diesem Jahr den Sieg davontragen würde, einen weiteren schweren Anschlag auf Demokratie und Rechtsstaat in Brasilien sieht. Sie möchte die Öffentlichkeit aufklären und zur Solidarität mobilisieren.
20.09.2021 12:29 Uhr
Der notwendige Antimilitarismus
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Kein Internationalismus ohne Antiimperialismus: Auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz wurde erneut die Notwendigkeit hervorgehoben, sich gegen weitere Aufrüstung einzusetzen. Der Friedensaktivist Walter Listl, rief die Anwesenden dazu auf, im nächsten Monat wieder auf die Straße zu gehen. Am 17. Februar werde erneut die sogenannte Münchner Sicherheitskonferenz zusammentreten. »Die ist nichts anderes als eine Zusammenrottung von Waffenhändlern, Kriegsstrategen und ihren politischen Helfershelfern«, so Listl. Deren Treffen müsse gestört werden, denn die Kriegsgefahr nehme derzeit zu.
Doch nicht nur die traditionelle Friedensbewegung engagiert sich gegen die weitere Militarisierung der Bundesrepublik. Unter dem Titel »Abrüsten statt Aufrüsten« sammelt eine Initiative Unterschriften gegen die Erhöhung der Rüstungsausgaben. Barbara Majd-Amin von der Friedenskoordination Berlin führte aus, was die 2014 von den NATO-Staaten beschlossene Aufstockung der Armeebudgets auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die BRD bedeuten würde: Statt derzeit 37 Milliarden Euro für Armee und Rüstung würden dann 75 Milliarden Euro ausgegeben werden.
Besonders an dieser Kampagne ist die Beteiligung vieler Gewerkschafter, darunter auch bedeutender Funktionäre wie Malis Tepe, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).
Demonstration gegen die Münchner »Sicherheitskonferenz«: 17. Februar, 13 Uhr, am Stachus, München. Kampagne »Abrüsten statt Aufrüsten«: www.abruesten.jetzt
20.09.2021 12:29 Uhr
Bassey über den Raub eines ganzen Kontinents
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Internationales Kapital zerstört und tötet. Der natürliche Reichtum der Nationen wird rücksichtslos ausgebeutet – auf Kosten der Bevölkerung. Einer der das selbst erfahren hat und sich mit diesen Zuständen nicht abfinden will, ist der Nigerianer Nnimmo Bassey. Der Architekt, Dichter, Umweltschützer und Träger des Alternativen Nobelpreises des Jahres 2010 kämpft seit nunmehr gut drei Jahrzehnten gegen die Abhängigkeit seines Landes von Öl und Gas und die extreme Ungleichverteilung von Reichtum.
In seinem die Konferenz eröffnenden Referat sprach Bassey über die vielfältigen Weisen, wie die Jagd nach Profit Menschen und Natur in Afrika ruiniert.
Deutlich wurde dabei, dass die Bevölkerung der afrikanischen Staaten ganz und gar entmündigt ist, andererseits die Aktivitäten transnationaler Konzerne als Segen und humanistische Tat gepriesen werden. »Die Afrikaner sollen nicht mitreden, welche Nahrung sie zu sich nehmen«, sagte Bassey. Das diktieren die Lebensmittelkonzerne wie Monsanto. »Sie untergraben unsere Weise der Nahrungsmittelproduktion. Die Afrikaner haben keine Lebensmittelsouveränität. Es handelt sich nicht mehr bloß um Landraub, sondern um den Raub eines ganzen Kontinents.«
Katastrophal seien auch die Auswirkungen der Ausbeutung von Rohstoffen. Denn die meisten Konflikte in Afrika seien solche, die um Mineralien, Metalle etc. geführt werden. Dabei hätten entsprechende Unternehmen keine Rechenschaftspflicht gegenüber den lokalen Communities, so Bassey. Ein Mineralölkonzern wie Shell betreibe im Nigerdelta Ausbeutung ohne den Hauch von Verantwortung und schaffe sich mit den korrupten Regierungen ein stabiles Umfeld für seine Interessen und Geschäfte. »Shell verschmutzt den Boden und verseucht das Grundwasser«. Aber der Widerstand gegen die Ölkonzerne werde stärker. Bassey erzählte, er kooperiere mit Fischern in mehreren afrikanischen Ländern, denn die Fischgründe werden aufgrund der Verschmutzungen durch die Offshore-Bohrungen immer kleiner.
»Notwendig ist«, und damit schloss Bassey, »eine internationale Solidarität gegen die Konzerne. Sie müssen nicht nur zahlen, sondern auch den Dreck aufräumen, den sie hinterlassen haben.«
20.09.2021 12:30 Uhr
Kolonialismus mit »Vater Unser«
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Der Publizist, jW-Autor und Sozialwissenschaftler Jörg Kronauer referierte über den deutschen Imperialismus seit 1871. »Die deutschen Truppen haben den ersten Genozid im 20. Jahrhundert begangen«, erinnerte er. Bis heute habe die Bundesregierung den Nachkommen der Opfer der Herero und Nama keine Entschädigung gezahlt. Die frühere Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) habe 2004 anlässlich des Gedenkens an den Völkermord hundert Jahre zuvor im heutigen Namibia lediglich »im Sinne des gemeinsamen Vater Unsers um Vergebung unserer Schuld« gebeten, damit keine juristischen Ansprüche der Opfer geltend gemacht werden könnten.
Die kolonialen Verhältnisse in Afrika seien im ökonomischen Sinne heute noch vorhanden: Deutschland habe Interesse an den Rohstoffen und an dem Kontinent als Absatzmarkt. Doch der Handelsanteil mit afrikanischen Ländern sinke, während vor allem Chinas Einfluss wachse.
Die im Rahmen der deutschen G-20-Präsidentschaft entwickelte Strategie »Compact with Africa« definiere den Kampf zwischen Deutschland und Frankreich um die Vormacht. Die deutsche Industrie wolle einen stärkeren Einfluss in Côte d’Ivoire, dem traditionellen Einflussgebiet von Paris, geltend machen. Der Bundeswehr-Einsatz in Mali werde nicht aus humanitären Gründen geführt. Vielmehr sollten Flüchtlinge, die nach Europa wollen, schon in der Sahel-Zone gestoppt werden.
20.09.2021 12:30 Uhr
Über den Neoliberalismus in Afrika
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Der Imperialismus scheut nicht die Entfesselung von Kriegen oder Bürgerkriegen. Das musste auch Clotilde Ohouochi am eigenen Leib erfahren. Von 2000 bis 2011 war sie Sozialministerin von Côte d’Ivoire. Doch durch einen Bürgerkrieg kam der vom französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy unterstützte Präsident Alassane Ouattara an die Macht, um die Interessen des Nordens durchzusetzen. Ohouochi musste flüchten. Sie ist Mitglied der linken Front Populaire Ivoirien.
In ihrem Referat ging sie auf die Auswirkungen des Imperialismus auf Afrika im Allgemeinen und auf Côte d’Ivoire im Speziellen ein. Sie erinnerte an die Berliner Konferenz von 1880, bei der die europäischen Mächte Afrika unter sich aufteilten. »Die Aufteilung der Welt in Einflussbereiche bleibt trotz Globalisierung eine brennende Realität«, stellte sie am Ende fest.
Am Beispiel von Côte d’Ivoire zeige sich das neoliberale Konzept des »Françafrique«: Französische Unternehmen erhalten in ehemaligen französischen Kolonien Privilegien und Zuschläge für Aufträge ohne Ausschreibung. Von den fast zweistelligen Raten des Wirtschaftswachstums in der Côte d’Ivoire merken viele Bewohner nichts. An der Armut im Land ändere der Aufschwung wenig. Für Ohouochi ist klar, wie man der Misere ein Ende bereiten kann: »Wir richten uns gegen die Auswüchse des ungezügelten Kapitalismus, gegen die Ausbeutung von Ressourcen gegen die Unterstützung von Diktatoren!«
20.09.2021 12:30 Uhr
Ein Lied, das jetzt beginnt
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Ein Gedenken für Daniel Viglietti, den bekannten linken Liedermacher aus Uruguay, der im Oktober 2017 gestorben ist, mit dem Schauspieler Rolf Becker, den Liedermachern Tobias Thiele und Nicolás Miquea. Becker und Vigletti waren alte Freunde. Im Februar 2017 hatten sie einen gemeinsamen Auftritt bei der Gala zum 70. Geburtstag der jungen Welt in Berlin.
Viglietti sang »menschliche Lieder«, sagt Becker, »Lieder, die wir gemeinsam schreiben und singen müssen«. Der Sänger des Canto Popular hatte mit den Tupamaros zusammengearbeitet und war deshalb 1972 verhaftet worden. 1973 kam er durch eine internationale Solidaritätskampagne frei – wenige Tage vor dem Militärputsch im Juni. Er ging ins französische Exil und sang seine Lieder, auch im Namen derer, die von den Militärs verfolgt, gefoltert und ermordet wurden. »Eine Stimme, die singt, hinter meiner«, hob Tobias Thiele auf der Bühne an und Becker ergänzte: »Diese Stimme kommt aus begrabenen Mündern, eine Stimme, die sagt, dass sie jetzt leben, in deinen Worten, in deinem Blick. Sie sind ein Weg, der beginnt.«.
Und dann hörte man dieses Lied von Daniel Viglietti selbst, eine Filmaufnahme vom Auftritt für die junge Welt wurde hinter Thiele, Miquea und Becker eingeblendet. Das war anrührend, sozialistisch und psychedelisch. Das Publikum im Saal des MOA klatschte, das Publikum im Film klatscht und Daniel Viglietti klatscht mit. Danach sang Miquea auf spanisch ein Lied über das »Entzäunen«, ein Wort, das es im Deutschen nicht gibt. Es fragt die Mächtigen: »Habt ihr je daran gedacht, dass dieses Land uns gehört und nicht denjenigen, die mehr haben?« Es folgte ein expressives Gitarrensolo.
20.09.2021 12:30 Uhr
»Lenins Laboratorium« nachvollziehbar machen
Die Förderung marxistischer Literatur wird fortgeführt. Wie bereits auf der XXII. Rosa-Luxemburg-Konferenz angekündigt, wird eine weitere Grundlagenschrift Lenins neu herausgegeben. Die Historiker Volker Külow und Wladislaw Hedeler haben ihre kritische Neuauflage von »Staat und Revolution« des russischen Revolutionärs vorgestellt. Der Band enthält zudem Texte, die in früheren Lenin-Ausgaben nicht enthalten waren sowie Essays des Historikers Wolfgang Küttler und des Juristen Hermann Klenner.
Die beiden Herausgeber knüpfen unmittelbar an ihren erfolgreichen ersten Band, Lenins »Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus«, an. Die erste Auflage ist bereits ausverkauft, eine zweite erschienen.
Über die Zukunft weiterer Neuausgaben sagte Wladislaw Hedeler: »Das Vorhaben, die komplette Lenin-Ausgabe neu zu edieren, wäre ein Lebenswerk. Wir sind zu zweit bzw. zu dritt mit Manfred Neuhaus, der neu dazugekommen ist.« Das Anliegen hinter »Staat und Revolution«, welches mit Hilfe der Zeitung junge Welt im Verlag 8. Mai erscheint, ist es laut Hedeler, »Lenins Laboratorium« nachvollziehen zu können.
20.09.2021 12:31 Uhr
Ein Sieg der kubanischen Revolution
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Am Freitag verurteilte das Außenministerium Kubas die von »Hass und Respektlosigkeit« geprägten jüngsten Äußerungen von US-Präsident Donald Trump und die Politik der USA gegenüber afrikanischen und anderen Ländern. Der kubanische Philosoph und Historiker Enrique Ubieta Gómez verlas diese Erklärung vor seinem Referat über die Beziehungen des revolutionären Kuba zu Afrika. Er erinnerte daran, dass bereits 1961 50 kubanische Ärzte die algerische Befreiungsbewegung im Krieg gegen Frankreich unterstützten. Zur Zeit der Revolution auf der Karibikinsel waren dort 3.300 Ärzte tätig, heute sind es 85.000.
Ubieta erinnerte an die zahlreichen Internationalisten Kubas, die bewaffnet, vor allem aber als Mediziner in Afrika arbeiteten, etwa während der Ebola-Epidemie in Westafrika 2014. Damals beschränkte sich die westliche Hilfe darauf, die Epidemie von den Vierteln der Reichen fernzuhalten. Konflikte zwischen westlichen Helfern und Einheimischen, so Ubieta, waren insofern immer Klassenkonflikte. Fidel Castro habe 1998 die medizinische Solidarität Kubas auf neue Grundlagen gestellt, daraus sei ein Gegenmodell zum Neoliberalismus, zu militärischer Intervention und imperialistischer Geopolitik geworden. In der kubanischen Gesellschaft habe das zu einer Stärkung sozialistischer Werte geführt. Das Siegesgeheul westlicher Medien sei zu früh gekommen. Kuba habe ein punktuelles Problem aus revolutionärer Perspektive aufgegriffen und gelöst.
20.09.2021 12:31 Uhr
Che als Schaffer, Lernender und Tattoo
Vorstellung eines kleinen Bestsellers. Samuel Wanitsch von der Vereinigung Schweiz-Cuba spricht über das Buch »Che: Die ersten Jahre«, das im September im Verlag 8. Mai herausgekommen und dessen Auflage jetzt schon fast ausverkauft ist. Es enthält Fotos des Revolutionärs aus den Jahren 1959 bis 1964, die so noch nie zu sehen waren. Sie entstammen dem Archiv der Granma, aufgenommen von »kubanischen Journalisten der ersten Stunde«, wie Wanitsch erzählte. Kurz nach der erfolgreichen Revolution erscheine Che Guevara hier als »Schaffer und Lernender« und eben nicht als der einsame Kämpfer, zu dem er heute gerne stilisiert werde.
Die Vereinigung Schweiz-Kuba hatte der Granma bei der Digitalisierung ihres riesigen Archivs geholfen, wobei sie dann auf diese Fotos gestoßen waren. In der Schweiz wurden sie im Rahmen einer Ausstellung an neun Orten gezeigt, in Großstädten wie auch in kleineren Orten in den Bergen oder – als Kunstaktion – im Wald. Höhepunkt wurden sieben bewegende Auftritte von Aleida Guevara, der ältesten Tochter des Che, die im vorigen Jahr organisiert wurden.
Für das Buch »Che: Die ersten Jahre« begeistert sich auch Fabio Celestini, ehemaliger Fußballnationalspieler der Schweiz. Wanitsch sagte über ihn: »In der Bundesliga kann man seinen Kopf nach zehn Jahren nur noch frisieren, Fabio Celestini benutzt ihn noch – zum Denken.« Er hat nur ein Tattoo auf dem Oberarm: ein Foto von Che.
20.09.2021 12:31 Uhr
Solidarität mit Venezuela
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Um zur Solidarität mit Venezuela aufzurufen und über die Lage in dem Land aufzuklären, nimmt eine insgesamt neunköpfige Delegation aus dem lateinamerikanischen Land an der Rosa-Luxemburg-Konferenz teil.
William Castillo, stellvertretender Außenminister der Bolivarischen Republik, wies darauf hin, dass das Land »heute vor einem Angriff des US-Imperialismus« stehe – auf militärischem, ökonomischem und politischem Gebiet. Der revolutionäre Prozess müsse deshalb verteidigt werden. Dabei gehe man den demokratischen Weg und verhandle mit der Opposition. Dies werde jedoch von den USA sabotiert. »Wir werden die Souveränität und den Reichtum des Landes nicht ausländischen Mächten überlassen«, so Castillo.
Der venezolanische Schriftsteller Luis Britto García betonte die Rolle der privaten Medienkonzerne bei der Destabilisierung des Landes. Es gebe eine »Komplizenschaft zwischen reaktionären Kräften und den Monopolen der internationalen Medien«. Trotz des Informations- und Wirtschaftskrieges habe man in den letzten Jahren aber große Erfolge erzielt: So habe man nach Kuba die geringste soziale Ungleichheit in Lateinamerika.
Carolus Wimmer, Internationaler Sekretär der KP Venezuelas rief auch zur Solidarität mit dem »Kampf der afrikanischen Völker« auf. Diesen wolle man unterstützen. »Das ist das Programm der Bolivarischen Revolution«, sagte Wimmer. Es sei wichtig sich international auszutauschen und voneinander zu lernen.
Abschließend wurde eine Solidaritätserklärung verlesen, in der von der BRD, der gesamten EU und den USA ein Ende der Einmischung in die inneren Angelegenheiten Venezuelas, der EU-Sanktionen und der Unterstützung der Opposition gefordert wird.