25.04.2024 / Ausland / Seite 7

Opposition mobilisiert gegen Petro

Kolumbien: Aufmärsche von Gegnern der Reformpläne. Präsident warnt vor »sanftem Putsch«

Julieta Daza, Caracas

Gegen die linke Regierung von Gustavo Petro hat die Opposition in Kolumbien am Sonntag (Ortszeit) mehrere Demonstrationen organisiert. Besonders in einigen Großstädten des südamerikanischen Landes sollen Hunderttausende daran teilgenommen haben. Die größten Aufmärsche wurden aus Medellín, der Hauptstadt des Departamento de Antioquia, gemeldet: Der Sicherheitssekretär der rechten Stadtverwaltung, Manuel Villa, gab die Zahl von etwa 350.000 Menschen an. Das Departamento im Nordwesten gilt als Hochburg der ultrarechten Partei Centro Democrático von Expräsident Álvaro Uribe. Eine weitere Oppositionsgruppe, die zu den Demonstrationen aufgerufen hatte, war die ebenfalls rechte Partei Cambio Radical. Daneben schlossen sich der Verband der Transportunternehmer sowie einige wenige Gesundheitsverbände an.

Protestiert wurde insbesondere gegen Sozialreformpläne der Regierung sowie gegen die mögliche Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung. Präsident Petro hatte eine solche aufgrund der Blockaden, auf die seine Reformen bisher im Kongress stoßen, im März in Erwägung gezogen.

In Interviews mit Demonstranten, die über die sozialen Netzwerke verbreitet wurden, wurde immer wieder Unmut über Reformpläne Petros, die das Gesundheitswesen betreffen, geäußert. Diese Pläne sehen eine Stärkung des präventiven Ansatzes vor und eine landesweite universelle Versorgung mit der Einrichtung von Zentren zur primären Gesundheitsfürsorge.

Außerdem sollen die für die Gesundheitsversorgung vorgesehenen staatlichen Mittel nicht mehr von privaten Versicherungsgesellschaften verwaltet werden, den sogenannten Entidades Promotoras de Salud (EPS) (etwa »gesundheitsfördernde Einrichtungen«), wie es bisher der Fall ist. Viele dieser Unternehmen waren in vergangenen Jahren immer wieder in Korruptionsfälle verwickelt. Die zwei größten EPS des Landes, Nueva EPS und Sanitas, mussten Anfang April vom Staat vor dem Konkurs gerettet werden.

Neben der Gesundheitsreform werden auch eine Arbeits- und die am Dienstag abend beschlossene Rentenreform von den Rechten und der die Medienlandschaft dominierenden bürgerlichen Presse als Attacke gegen private Unternehmen und deren Kapital dargestellt. Ganz im Sinne der neoliberalen Doktrin wird behauptet, die öffentliche Verwaltung von Geldern und Institutionen sei schlecht, und der Staat werde den Menschen Krankenversicherung und Renten wegnehmen.

Der Einfluss dieser Propaganda sowie die Hetze gegen Präsident Petro, die ebenfalls in den Medien und sozialen Netzwerken zu beobachten ist, spiegelten sich in den Aussagen der Demonstranten vom Sonntag. Auf einigen Videos tragen Teilnehmer der Kundgebungen einen Sarg, der symbolisch für den Tod des Staatschefs stehen soll.

Die Regierung betonte ihrerseits vor allem, dass den Demonstranten ihr Recht zu protestieren staatlich garantiert worden sei. In einem am Sonntag abend (Ortszeit) auf X veröffentlichten Video zog Innenminister Luis Fernando Velasco zusammen mit dem Polizeidirektor General William Salamanca Bilanz: »Die Bürger, die sich entschlossen haben, auf die Straßen zu gehen, haben dies in aller Friedlichkeit und Ruhe tun können.«

Auch Präsident Petro äußerte sich. Auf X schrieb er, 250.000 Menschen hätten landesweit protestiert, besonders in Medellín, der Hauptstadt Bogotá und in Bucaramanga. In 18 weiteren Städten seien die Demonstrationen eher »schwach« gewesen. Ziel der Organisatoren sei der Sturz der Regierung durch einen »Golpe blando«. Warnungen vor einem solchen »sanften Putsch«, wie er in Lateinamerika in der Vergangenheit wiederholt mehr oder weniger erfolgreich durchgeführt wurde, gab es bereits im ersten Jahr von Petros Amtszeit.

»Diejenigen, die die Reformen ablehnen, halten sich selbst für die Eigentümer der öffentlichen Gelder. Um die Mittelschichten für sich zu gewinnen, benutzen sie durch die sozialen Netzwerke und Medien Verführungsmechanismen, die auf Hass und Lügen basieren«, so Petro weiter.

Der Staatschef rief die Teile der Bevölkerung, die hinter der Regierung stehen, dazu auf, ihre Zustimmung bei den Demonstrationen am 1. Mai zum Ausdruck zu bringen. »Das Schicksal der Regierung wird allein von der Unterstützung des Volkes abhängen. Das Volk soll sich also Gehör verschaffen«, so Petro abschließend.

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