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Aus: Ausgabe vom 20.04.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Finanzmärkte

China stößt Treasuries ab

Zentralbank verkauft US-Staatsanleihen und setzt verstärkt auf Gold
Von Wolfgang Pomrehn
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Die Zentralbank in Beijing hat allein im Januar 228 Tonnen Gold aufgekauft

Die chinesische Zentralbank hat im Februar einen größeren Posten US-Staatsanleihen, sogenannte Treasuries, abgestoßen. Das berichtete die in Hongkong erscheinende South China Morning Post diese Woche mit einiger Verzögerung. Damit setzt sich ein Trend fort, der Ende 2013 begann und sich seit Anfang 2022 beschleunigt. Zuletzt hat Beijing Anleihen im Wert von mehr als 22 Milliarden US-Dollar abgestoßen und hält nun noch 775 Milliarden. Auf dem Höchststand im November 2013 besaß die chinesische Zentralbank Treasuries im Wert von 1,32 Billionen US-Dollar. Inzwischen ist die Volksrepublik hinter Japan nur noch zweitgrößter Gläubiger der USA und könnte demnächst auch diesen Platz abgeben. Dann wären die engsten Verbündeten der USA, Japan und Großbritannien, zugleich auch deren größte Gläubiger, was sicherlich die Abhängigkeiten verstärkt.

China hingegen will sich aus diesen offensichtlich befreien. Die Hongkonger Zeitung nennt als Motive Beijings geopolitische Erwägungen sowie eine befürchtete Zinssenkung, die die Erträge der Anleihen schmälern würde. Derweil befindet sich der chinesische Devisenschatz nach wie vor nahezu auf Rekordniveau. Nach Angaben der Plattform Tradingeconomics.com, die sich wiederum auf die chinesische Zentralbank beruft, hält die Volksrepublik derzeit umgerechnet 3,25 Billionen US-Dollar in ausländischen Währungen. Die Summe war im März um 19,8 Milliarden US-Dollar gestiegen. Das sei der größte Anstieg seit Dezember 2021 gewesen, der außerdem vor dem Hintergrund eines gestiegenen Dollar-Kurses im Vergleich zu den meisten andern Währungen stattgefunden habe. Dieser hatte die Reserven in den anderen Währungen entsprechend etwas abgewertet.

Zu diesen gehören unter anderem der Schweizer Franken, das britische Pfund, der südkoreanische Won, der japanischen Yen und der Euro. Abgesehen vom Franken sind das alles Währungen, die US-Verbündeten gehören, also Staaten, die gerade im Umgang mit russischen Einlagen gezeigt haben, dass ihnen nicht unbedingt zu trauen ist. Vermutlich unter anderem auch deshalb setzt die chinesische Zentralbank verstärkt auf Gold. Im März kamen 160.000 Feinunzen hinzu. Der Wert stieg auf 161,7 Milliarden US-Dollar, was auch mit dem erneuten Höhenflug des Goldpreises zu tun haben dürfte, der sich auf historischem Höchststand befindet und weiter klettert. Die Zentralbank in Beijing habe 2023 735 Tonnen Gold aufgekauft und allein im Januar weitere 228 Tonnen, schrieb vergangenen Monat ein Analyst des Goldhändlers Gainsville Coins. Zusätzlich hätten chinesische Privatleute 2023 1.411 Tonnen Gold erworben. Das entsprach zusammen fast zwei Dritteln der jährlichen weltweiten Förderung. Diese betrug nach Angaben des World Gold Councils, eines internationalen Verbandes von Bergbauunternehmen, die nach dem Edelmetall schürfen, 2022 rund 3.600 Tonnen. China war zwar mit 375 Tonnen vor Russland und Australien der weltweit größte Goldproduzent, kann aber offenbar bei weitem nicht die einheimische Nachfrage abdecken.

Hinweis: In einer früheren Version des Artikels hieß es, China sei zweitgrößter Schuldner der USA. Richtig ist, dass China zweitgrößter Gläubiger der USA ist. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen. (jW)

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (22. April 2024 um 11:51 Uhr)
    Tatsache ist, dass sämtliche Akteure in den USA, angefangen bei den Einzelhaushalten über die Kommunen bis hin zu den Bundesstaaten und der Bundesebene, in erheblichen Schulden stecken. Die Gesamtverschuldung der Vereinigten Staaten übersteigt bereits das gesamte Staatsvermögen. Der Schuldenberg der USA beläuft sich auf 22,3 Billionen Dollar, wobei etwa 30 Prozent davon von ausländischen Investoren gehalten werden, was insgesamt 6,4 Billionen Dollar ausmacht. Den Rest der Schulden tragen US-amerikanische Investoren sowie die Regierung und die Notenbank Federal Reserve. Um die US-Wirtschaft während der Coronakrise zu stärken, hat auch die US-Notenbank im Frühjahr milliardenschwere Anleihenkäufe getätigt. Bereits im Juni 2019 überholte Japan China als größten Gläubiger der USA. Zu den weiteren bedeutenden Gläubigern der Vereinigten Staaten zählen Großbritannien, Brasilien, Irland, die Schweiz, Luxemburg, Hongkong und Saudi-Arabien.

    Die Frage, warum dieses System weiterhin funktioniert, wie es funktioniert und wie lange es noch funktionieren kann, drängt sich auf. Die US-Währung genießt eine Sonderstellung. Der frühere US-Wirtschaftsminister John Connally brachte dies einmal treffend auf den Punkt: »Der Dollar ist unsere Währung, aber euer Problem.« Mit diesen Worten spielte er darauf an, dass der Dollar als Weltwährung fungiert. Die Federal Reserve kann daher nahezu unbegrenzt neues Geld drucken, ohne dass die Weltwirtschaft davon negativ beeinflusst wird.

    Langfristig könnte der Schuldenberg jedoch zu einem ernsthaften Problem werden. Die Staatsverschuldung der USA ist im Grunde genommen ein legales Schneeballsystem und eine riesige Wette auf eine positive Zukunft der Vereinigten Staaten. Denn Staaten sind keineswegs immun gegen Zahlungsunfähigkeit. Beispiele wie Island, Griechenland oder Argentinien verdeutlichen dies aus jüngerer Vergangenheit. Die USA selbst waren bereits zweimal in den vergangenen 200 Jahren faktisch bankrott. Wenn eine derart große Volkswirtschaft wie die USA zusammenbrechen sollte, würde sie andere Länder mit sich in den Abgrund reißen. Prinzipiell könnten Wirtschaftskrisen und politische Turbulenzen den Schuldenberg irgendwann zum Einsturz bringen.

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