Noch kein weißer Rauch
Von Jörg Kronauer![Europaflaggen_82438640.jpg](/img/450/196229.jpg)
Die Staats- und Regierungschefs der EU haben sich auf ihrem Gipfeltreffen am Montag abend noch nicht abschließend auf das Spitzenpersonal der neuen Legislaturperiode geeinigt. Zwar herrscht dem Vernehmen nach Konsens darüber, dass Ursula von der Leyen das Amt der Kommissionspräsidentin behalten soll. Auch gegen die anderen Personalvorschläge habe es keine grundlegenden Einwände gegeben, heißt es. Demnach soll Portugals Exministerpräsident António Costa, ein Sozialdemokrat, als Ratspräsident dem Belgier Charles Michel nachfolgen. Roberta Metsola, konservative Präsidentin des Europaparlaments aus Malta, kann demnach ihren Posten behalten. Im Amt der Außenbeauftragten soll die liberale Ministerpräsidentin Estlands, Kaja Kallas, den Spanier Josep Borrell ablösen. Es gebe aber noch Details zu klären, berichteten Diplomaten.
Als Grund für die Verzögerung wurde zum einen die Forderung der Europäischen Volkspartei (EVP) genannt, in der Mitte der Legislaturperiode den Posten des Ratspräsidenten von den Sozialdemokraten zu übernehmen. Zwar wird der Ratspräsident formal in der Tat nur für zweieinhalb Jahre gewählt. Seine einmalige Wiederwahl ist allerdings üblich. Zudem hat die EVP mit der Kommissions- und der Parlamentspräsidentin schon zwei Spitzenposten inne. EU-intern wurde ihre Forderung denn auch als blanke »Hybris« eingestuft.
Hinzu kommt, dass Italiens ultrarechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni nach dem Erfolg der Rechtsaußenparteien bei der Europawahl auf eine stärkere Beteiligung an Absprachen auf EU-Ebene dringt, sich aber von Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ignoriert sieht. Sie verlangt – wie auch Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán – eine breitere Berücksichtigung der ultrarechten Kräfte und ist, um ihre Chancen zu verbessern, bestrebt, die formelle Entscheidung über das Spitzenpersonal auf einen Zeitpunkt nach der Parlamentswahl in Frankreich zu verschieben.
Ob ihr dies gelingt, ist ungewiss. Die EU-Staats- und Regierungschefs werden sich beim EU-Gipfel am 27./28. Juni erneut mit der Personalentscheidung beschäftigen. Es genügt eine qualifizierte Mehrheit von 20 Mitgliedstaaten, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung umfassen.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (18. Juni 2024 um 21:28 Uhr)Die Staats- und Regierungschefs der EU haben am Montagabend die zweite Ernennung von Ursula von der Leyen, der Präsidentin der Europäischen Kommission, nicht unterstützt, nachdem ihre eigene Partei mit ihren Verbündeten und der erstarkten Rechten in Streit geraten war. Die Wahl der Führung in Brüssel verzögert sich weiter, während die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament versuchen, sich an die neuen Kräfteverhältnisse zu gewöhnen.
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