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Aus: Ausgabe vom 19.06.2024, Seite 6 / Ausland
Haiti

Neue Köpfe in Haiti

Premierminister mit gutem Draht zu Washington führt neue Übergangsregierung. Konflikte mit Gangs halten an
Von Volker Hermsdorf
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Frisch entlassen: Polizeichef Frantz Elbé (r.) mit US-Botschafter Dennis Hankins (Port-au-Prince, 25.4.2024)

Bis Februar 2026 soll sie im Amt bleiben, die neue »Übergangsregierung« des Karibikstaats Haiti. Ihr seit Ende Mai feststehender Chef, Interimspremierminister Garry Conille, ist vor allem den USA eng verbunden. Unter anderem hatte er nach dem verheerenden Erdbeben im Jahr 2010 den UN-Sondergesandten und früheren US-Präsidenten Bill Clinton als Stabschef dabei unterstützt, den politischen und wirtschaftlichen US-Einfluss in Haiti auszubauen. Sein erster Gang nach der Ernennung durch den Präsidialrat führte ihn am Dienstag vergangener Woche in die diplomatische Vertretung der USA. Bei dem Gespräch mit US-Botschafter Dennis Hankins sei es um die Rolle und die Unterstützung der USA bei der angekündigten multinationalen Eingreiftruppe gegangen, berichtete Reuters unter Berufung auf Conilles Büro.

Interimspremier Conille unternimmt jetzt den zweiten Versuch, auch regulär Haitis höchsten Regierungsposten zu bekleiden. Schon Ende 2011 war er vom haitianischen Parlament in das Amt gewählt worden, trat 2012 aber wegen Differenzen mit dem damaligen Präsidenten Michel Martelly wieder zurück. Ab 2023 war er als Regionaldirektor des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) für Lateinamerika und die Karibik zuständig.

Am vergangenen Mittwoch wurden der Regierungschef und sein Kabinett in Port-au-Prince vereidigt. Bei der Zeremonie kündigte der Premierminister die ersten »ehrlichen, demokratischen und glaubwürdigen Wahlen« im Lande seit 2016 an. Kritiker des Verfahrens zweifeln jedoch daran. Haitianer und ausländische Diplomaten hätten auf »mangelnde Transparenz im Auswahlprozess« hingewiesen und »machten sich Sorgen wegen Einflussnahmen und Berichten, wonach die Mitglieder des Präsidialrates bereits im Vorfeld wichtige Ministerien und Positionen unter ihren Parteien aufgeteilt haben, die sich auf die Wahlen vorbereiten«, berichtete die US-Tageszeitung Miami Herald bereits am 28. Mai. Im Hintergrund dürfte Washington die Fäden ziehen. »Seit 2021 haben sich die Versuche der USA, Haiti zu kontrollieren, verstärkt«, so die US-Menschenrechtsorganisation »Black Alliance for ­Peace«. Seitdem sei Washington dabei, »eine Koalition ausländischer Staaten aufzubauen, die bereit sind, militärische Kräfte zu entsenden, um Haiti zu besetzen und das angebliche Bandenproblem zu lösen.«

Als eine seiner ersten Amtshandlungen entließ Conille am Sonnabend den Chef der haitianischen Nationalpolizei, Frantz Elbé, der seit Monaten dafür kritisiert wurde, seine Beamten angeblich nicht ausreichend vor Angriffen zu schützen. Auf den Posten soll nun der frühere Polizeichef Normil Rameau zurückkehren. Dieser war vor fast vier Jahren unter einer anderen Regierung ebenfalls seines Amtes enthoben worden. Rameau übernimmt das Kommando über rund 4.000 Einsatzkräfte. Während die Gangs 80 Prozent von Port-au-Prince kontrollieren, sollen in den ersten drei Monaten des Jahres mehr als 2.500 Menschen getötet oder verletzt worden sein, darunter fast zwei Dutzend Polizisten. Die jüngsten Morde betrafen drei Mitglieder einer neu geschaffenen taktischen Antigangeinheit. Ein viertes Opfer wird noch vermisst. Die örtlichen Polizeigewerkschaften hatten wiederholt den Rücktritt und die Verhaftung von Elbé gefordert, da dessen Ergebnisse als Polizeichef »katastrophal« seien. Haitianische Polizisten klagen zudem über Gehaltsrückstände, unzureichende Ausbildung, Entlassungsdrohungen und Schikanen im Amt sowie über eine mangelhafte Ausrüstung.

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