junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Gegründet 1947 Sa. / So., 27. / 28. April 2024, Nr. 99
Die junge Welt wird von 2751 GenossInnen herausgegeben
junge Welt: Jetzt am Kiosk! junge Welt: Jetzt am Kiosk!
junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Aus: Ausgabe vom 21.03.2024, Seite 2 / Inland
Antimilitarismus

»Es soll um das ›Wie‹ des Friedens gehen«

Mecklenburg-Vorpommern: Konferenz am Wochenende über Krieg, Frieden und Medien. Ein Gespräch mit Henry Marek
Interview: Kristian Stemmler
Ostermaersche_Rostoc_61043216.jpg
Gegen den Krieg: Ostermarsch in Rostock (20.4.2019)

Sie gehören zu den Veranstaltern des »1. Nationalen Denkfests der Aktiven – Friedenstaub(e)?« vom 22. bis 24. März im Ferienpark Retgendorf bei Schwerin. Wie ist die Idee dazu entstanden?

Am Rande eines Konzertes in Schwerin im November bei einem guten Rotwein haben Tino Eisbrenner und ich noch einmal unsere Veranstaltung vom März 2023 hier im Ferienpark zum Krieg in der Ukraine Revue passieren lassen und festgestellt, dass es ein riesengroßes Interesse an Information, Aufklärung und auch Debatte gibt. Wir sind der Auffassung, dass das Thema Krieg und Frieden nicht allein auf Waffenlieferungen reduziert werden darf. Eine Podiumsdiskussion allein wird diesem Interesse nicht gerecht, wir haben nach etwas mit mehr inhaltlicher Vielfalt gesucht. So kamen wir auf ein Wochenende mit vielfältigem Angebot an Information, Diskussion und Kultur.

Was ist im einzelnen geplant?

Wir haben Journalisten eingeladen, die ihre Erfahrungen im Umgang mit Berichterstattung, die gegen den Mainstream gerichtet ist, und deren Berichterstattern darlegen. Es wird ein Film gezeigt, der am Beispiel des Abwrackens der russischen Atom-U-Boot-Flotte den Nachweis der friedlichen Kooperation zwischen der BRD und Russland erbringt. Bücher werden vorgestellt: »Ein willkommener Krieg?« von Wolfgang Gehrcke sowie von Christiane Reymann und Gabriele Gysis »Der Fall Ulrike Guérot«. Kultur darf nicht zu kurz kommen: Unser Songkarree am Samstag abend mit Tino Eisbrenner, Hartmut König und Jens Fischer Rodrian wird als Bindeglied funktionieren. Dann haben wir Rolf Becker dabei, mit Texten von und über Carl von Ossietzky.

Ein zentrales Thema der Veranstaltung ist der Krieg in der Ukraine. Der von sogenannten Leitmedien geprägte Diskurs hierzulande ist beherrscht von einer Dämonisierung Russlands.

Was wir vor allem feststellen, ist, dass von oberster Stelle gelogen wird. Auf Lügen basiert die Logik des Krieges, dem folgen Denk- und Handlungsmuster von Politik und Medien. Nehmen Sie die Sendung von Caren Miosga am vergangenen Sonntag in der ARD, als der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil unwidersprochen behaupten durfte, der russische Präsident Wladimir Putin hätte die Minsker Abkommen gebrochen. Jetzt, zwei Jahre nach dem Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine, nachdem etwa Angela Merkel (Exkanzlerin, CDU, jW) zugeben musste, dass der Westen nie vorhatte, Minsk einzuhalten, wird das Blaue vom Himmel gelogen.

Was ist das Thema des Podiumsgesprächs am Samstag abend?

Es soll um das »Wie« des Friedens gehen. Der Landwirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern, Till Backhaus, und der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, haben ja gerade Friedensverhandlungen mit Russland ins Gespräch gebracht, die Putin übrigens niemals rundweg ablehnte. Dafür werden sie politisch und medial förmlich in der Luft zerrissen. Das muss ein Ende haben. Es braucht mehr Druck aus der Bevölkerung, die mehrheitlich den Krieg und dessen Anheizen durch noch mehr und immer gefährlichere Waffenlieferungen ablehnt.

Die Friedensbewegung erscheint seit Beginn des Ukraine-Kriegs vor gut zwei Jahren geschwächt. Wie kann sie wieder zu mehr Stärke finden?

Ganz offensichtlich braucht die Friedensbewegung einen konkreten Anstoß. Nehmen Sie die 70er und 80er Jahre, in denen der NATO-Doppelbeschluss im Dezember 1979 zu erstaunlicher Mobilisierung geführt hat. Vielleicht ist unterdessen der Feind abhandengekommen. Heute scheint es gelungen, die öffentliche Meinung zu spalten und die Friedensbewegung aufzuweichen. Und zwar mit der Strategie, in notwendige, gerechte Kriege einerseits und völkerrechtswidrige, ungerechte Kriege andererseits, in notwendige, hinzunehmende Opfer hier und in unschuldige Kriegsopfer dort einzuteilen. Das ist unsäglich.

Veranstaltungen wie unsere können einen Beitrag leisten zum Zusammenhalt, zum Schulterschluss und zur gegenseitigen Motivation. Es kommt auf jede und jeden an sowie darauf, voneinander zu wissen, miteinander zu lernen und zusammenzustehen. Jeder Einzelne kann und sollte das tun, zu Mahnwachen gehen, Leserbriefe schreiben, sich auf Friedensdemos und in Bürgergesprächen zeigen.

Henry Marek ist aktiv beim Schweriner Friedensbündnis

2 Wochen kostenlos testen

Die Grenzen in Europa wurden bereits 1999 durch militärische Gewalt verschoben. Heute wie damals berichtet die Tageszeitung junge Welt über Aufrüstung und mediales Kriegsgetrommel. Kriegstüchtigkeit wird zur neuen Normalität erklärt. Nicht mit uns!

Informieren Sie sich durch die junge Welt: Testen Sie für zwei Wochen die gedruckte Zeitung. Sie bekommen sie kostenlos in Ihren Briefkasten. Das Angebot endet automatisch und muss nicht abbestellt werden.

  • Leserbrief von Holger (20. März 2024 um 23:45 Uhr)
    Ja, »Wie« denn nun? Da habe ich voller Spannung das Interiew gelesen und doch keine Antwort erhalten. So ist das leider bei allen »Friedensbewegten« heutzutage. Ihre Lösung scheint simpel: Einfach der Ukraine keine Waffen mehr liefern und gut is’! Aber die Konsequenz daraus wird nie ausgesprochen. Aus welchen Gründen kann ich leider nur spekulieren.
  • Leserbrief von Hagen Radtke aus Rostock (20. März 2024 um 22:11 Uhr)
    Herr Marek spricht von einer »Strategie, in notwendige, gerechte Kriege einerseits und völkerrechtswidrige, ungerechte Kriege andererseits […] einzuteilen«, die er »unsäglich« findet. Was ist das bitte für eine Logik? Es gibt nun einmal Angriffs- und Verteidigungskrieg. Das kann man doch nicht einfach gleichsetzen. Nach Herrn Mareks Logik müsste er dann ja z. B. den Krieg der Sowjetunion verurteilen, mit dem sie sich dem Überfall durch Hitlerdeutschland widersetzt hat, weil der ja auch Menschen getötet hat, und es ja nicht sein kann, dass das »notwendige, hinzunehmende Opfer« waren. Ich finde es unsäglich, dass so ein offenkundiger Schwachsinn hier gedruckt wird, dass sich offenbar niemand die Mühe gemacht hat, solche Argumentationen mal zu Ende zu denken. In einem Interview hätte man ja sonst zumindest mal nachfragen können, ob Herr Marek da wirklich keinen Unterschied sieht.
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (21. März 2024 um 19:47 Uhr)
      Manchmal ist es gut, eine Aussage komplett zu lesen und ein wenig über sie nachzudenken. Herr Marek beschreibt im zitierten Satz eben gerade nicht seine eigene Position. Sondern die Strategie derer, die versuchen, die Friedensbewegung zu lähmen und zu spalten.

Ähnliche:

  • Protest gegen die Entlassung Ulrike Guérots vor dem Arbeitsgeric...
    14.03.2024

    Bedingungslose Einheit

    In Zeiten des Krieges geraten abweichende Meinungen schnell unter Verdacht und werden an den Rand gedrängt. Die Gesinnungswende kommt voran
  • Muss sich erklären: Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ...
    06.03.2024

    Zufällig in der Leitung

    TAURUS-Abhöraffäre: Regierung zieht Debatte auf die Ebene technischer Details
  • Nur durchgestrichen oder schon Propaganda? Z-Symbole an den Sche...
    29.04.2022

    Spuren der Kriegshetze

    Mediendienst: Behörden registrieren mehr als 1.700 Straftaten mit Bezug zum Ukraine-Krieg