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Aus: Ausgabe vom 25.03.2024, Seite 4 / Inland
Thüringen vor der Landtagswahl

Hauptsache, AfD verhindern

Thüringen: Linke-Ministerpräsident offen für Koalition mit CDU und BSW nach Landtagswahl. Ramelow gegen Diskriminierung von Geflüchteten
Von Marc Bebenroth
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Weiß, was er nicht will: Bodo Ramelow (Die Linke) beim Landesparteitag in Ilmenau (17.3.2024)

Von »Pull-Faktoren« will Thüringens Ministerpräsident offenbar nichts wissen: »Die Bezahlkarte ist ein Instrument der Verwaltungsvereinfachung«, erklärte Bodo Ramelow (Die Linke) laut Bericht der Nachrichtenagentur dpa vom Sonntag über das jüngste staatliche Mittel zur Entmündigung von Asylsuchenden. Von den Unionsparteien sei die Karte »zu einem Instrument stilisiert« worden, mit dem »vermeintlich bestehende Anreize zur Migration reduziert werden könnten«. Das sei »empirisch haltlos und läuft in der Sache falsch«, sagte Ramelow. Die von der CDU faktisch geduldete Minderheitsregierung aus Linkspartei, Bündnis 90/Die Grünen und SPD vertrete »die Erwartung einer diskriminierungsfreien Ausgestaltung der Bezahlkarte«.

Zuletzt hatte eine Erhebung des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Essen wissenschaftliche Hinweise dazu geliefert, dass sich Menschen im globalen Süden ohnehin wenig darum scheren, wie schlecht die BRD Geflüchtete behandelt oder ob Leistungen in bar oder per Plastikkarte ausgezahlt werden. Das am 6. März veröffentlichte Ergebnis einer Befragung von knapp 1.000 Männern im Alter von 18 bis 40 Jahren in vier senegalesischen Städten hatte ergeben, dass diese sich auch durch die Verschlechterung der materiellen Situation von Schutzsuchenden hierzulande kaum bis gar nicht von einer lebensgefährlichen Reise abschrecken lassen.

Dies wiederum hält CDU und CSU nicht davon ab zu behaupten, dass die künftig bargeldlos ausbezahlten mickrigen staatlichen Leistungen für Asylsuchende den »Migrationsdruck« auf die Kommunen senken würden. Offiziell ist ein Grund für die zwischen den Bundesländern vereinbarte Einführung der Bezahlkarte, dass Überweisungen an »Schlepper« oder an Angehörige im Ausland dadurch verhindert würden. »Jeder soll entscheiden können, wie er mit seinem Geld umgeht«, sagte Ramelow gegenüber dpa. So fordere er auch den Anspruch auf ein eigenes Girokonto für jeden Menschen in der BRD.

Wie angesichts dieser sozialpolitischen Diskrepanz zwischen Ramelow und der CDU eine Regierungskoalition nach der Landtagswahl am 1. September agieren würde, bleibt abzuwarten. Der amtierende Ministerpräsident hätte jedenfalls nichts gegen eine Landesregierung aus Linkspartei, CDU und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), wie er in einem am Sonnabend veröffentlichten Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung einräumte. Ausgehend von aktuellen Umfragewerten für Thüringen habe eine mögliche Regierungskoalition aus Linken, CDU und BSW »zwischen 51 und 52 Prozent«. »Es gäbe derzeit also eine klare und handlungsfähige Mehrheit gegen die AfD«, sagte Ramelow. BSW-Kolandesvorsitzende Katja Wolf lobte er für »gute Arbeit in Eisenach«. Er habe ihr per SMS geschrieben: »Du bist in das BSW gegangen, weil du nicht unter einem AfD-Innenminister aufwachen wolltest. Jetzt könntest du selber Innenministerin werden. Aber dafür musst du auch kämpfen.«

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  • Leserbrief von René Osselmann aus Magdeburg (26. März 2024 um 12:20 Uhr)
    Dass es in der Linken durchaus noch diverse Schnittstellen gibt mit dem BSW, klingt mir logisch, aber ich frage mich, wo sind denn da die Schnittstellen zur CDU? Nein, beim besten Willen kann ich das nicht nachvollziehen, wenn die Linke meint zur Not auch noch die CDU für eine Regierung in Thüringen ins Boot zu holen. Denn die CDU ist doch im Grunde genommen der AfD viel näher als der Linken und wieso wird solch ein Gedankenspiel ins Spiel gebracht? Früher hieß es in der Richtung der Linken, mit den Schmuddelkindern spielt man nicht und nun … will man zur Not auch mit der CDU in eine Regierung, um die AfD zu verhindern. Man wird dabei den Gedanken nicht los, einigen Genossinnen und Genossen geht es da nur um den Erhalt ihrer Posten und dann wird auch schon mal das passend gemacht, was eigentlich nicht zusammenpasst! Aber da frage ich mich, ob es auch auf der Gegenliebe der Wähler denn einfach so trifft?

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