Falsche Flaggen
Von Reinhard LauterbachZwei Tage nach dem Anschlag auf einen vollbesetzten Konzertsaal in Moskau fehlt die ganz heiße Spur. Dass vier mutmaßliche Täter südwestlich von Moskau in der Nähe der Grenze zur Ukraine gestellt wurden, beweist weniger, als auf russischer Seite behauptet wird. Solange nicht Russland den Beleg für Wladimir Putins Behauptung vorlegt, die Verdächtigen hätten »ein Fenster für den Grenzübertritt in die Ukraine vorbereitet« gehabt, sollte man erst einmal die einfachste Vermutung verfolgen. Jeder Terrorist wird sich dorthin abzusetzen versuchen, wo die geringste Wahrscheinlichkeit besteht, belangt und/oder ausgeliefert zu werden. Vor diesem Hintergrund ergab sich für die Täter von Moskau das Fluchtziel Ukraine von selbst: Sie ist auf dem Landweg halbwegs schnell zu erreichen, und das Gelände im Grenzgebiet ist unübersichtlich und bietet viele Verstecke. Daraus allein folgt nicht, dass die Ukraine hinter der Tat steht; schließlich hat auch die DDR seinerzeit aussteigewilligen RAF-Mitgliedern Unterschlupf geboten, ohne dass sie für die Aktivitäten der RAF verantwortlich war.
Ebenso zweifelhaft ist die in der Ukraine vorgetragene Version, es handle sich bei dem Anschlag um eine False-Flag-Operation des russischen Geheimdienstes. Hier wird erstens ein neues Gerücht unter Verweis auf ältere Gerüchte in die Welt gesetzt: die bis heute nicht aufgeklärten Anschläge in Russland zu Beginn von Putins erster Amtszeit. Auch damals schon hatten westliche Medien behauptet, diese Explosionen seien vom FSB inszeniert worden, um die öffentliche Meinung zugunsten des zweiten Tschetschenien-Krieges zu beeinflussen. Wenn es jetzt aus Kiew heißt, der Anschlag vom Freitag habe die russische Öffentlichkeit einstimmen sollen auf eine weitere Eskalation des russischen Vorgehens in der Ukraine, dann ist dies schon deshalb nicht zwingend, weil die russische Gesellschaft gerade erst mit der hohen Zustimmung zu Putin auch ihre grundsätzliche mit dem Krieg in der Ukraine bekundet hat. Das Hilfsargument, dieses Wahlergebnis sei ja manipuliert gewesen, zieht ebenso nicht. Denn jetzt soll es doch nicht manipuliert gewesen sein, und die russische Öffentlichkeit soll einen neuen Anstoß brauchen für eine Zustimmung, um die sie bisher auch nicht gebeten worden ist?
Dass die unmittelbar Ausführenden womöglich Islamisten waren, beweist im übrigen nicht viel. Der IS hat eine lange Geschichte darin, in fremdem Interesse zu morden. Wo hätte er von sich aus auch die Ressourcen für seinen jahrzehntelangen Terror etwa in Syrien holen sollen? Es waren die USA, die seinerzeit zum Beispiel seinen Raubbau an ostsyrischen Ölquellen geduldet haben. Es wird wahrscheinlich lange dauern, bis halbwegs verlässlich herauskommt, wer dieses Massaker in wessen Auftrag angerichtet hat. Wenn überhaupt.
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Im übrigen gilt auch nicht ausnahmslos »Der Feind meines Feindes ist mein Freund« – vielleicht wären die Mörder nach der »abgesicherten« Überquerung der Grenze von der SBU getötet und dann als Beweis dafür präsentiert worden, dass die Kiewer Regierung »selbstverständlich« nicht mit dem IS bzw. dem ISPK zusammenarbeitet. Klar – alles Spekulationen. Aber Lauterbach hat doch recht: "der IS hat eine lange Geschichte darin, in fremdem Interesse zu morden«. Die vier waren dabei wohl nur die dumm-fanatischen Muschkoten im »Dschihad« gegen die Gottlosen.
Das Gebäude brannte nicht bis auf die Grundmauern ab. 75 Prozent des Gebäudes blieben unversehrt. Sie können das gleich auf einem Film mit Luftbildaufnahmen selbst überprüfen. RT ist zwar in Deutschland verboten. Es ist aber nicht untersagt, RT zu schauen. Na, wagt es der brave Staatsbürger? Nein. Lieber saugt er sich etwas aus den Fingern.
Ich kann mich nahe an die automatische Tür eines Warenhauses stellen und sagen: Abrakadabra, Tür öffne dich. Und siehe: es tritt ein. Es gehört zum kriminellen 1×1, an einem versteckten Ort in der Nähe das Tatfahrzeug zu wechseln sowie auseinanderzugehen und sich zunächst einzeln zu verstecken. Dann, wenn sich die Straßensperren etwas verringert haben, kann man versuchen, als Einzelperson unauffälliger in die Ukraine zu gelangen. Aber die fuhren zu viert im von Zeugen identifizierten Tatfahrzeug direkt auf der Landstraße auf die Grenze zu und konnten sich scheinbar nicht denken, dass es da in Grenznähe eine Straßensperre gibt. Man hat ihnen eingeredet: Da gibt es ein Fenster für euch. Auch das könnte der Wahrheit entsprechen (dass man dies ihnen versprach, nicht, dass es das gab). Nur absoluten Idioten kann man solch einen »Fluchtplan« einreden. Sie sollten (!) gefasst werden und genau all das wahrheitsgemäß aussagen. Die USA heben bei False-flag-Operationen eine lange Tradition, Vietnam, Irak, Abschuss der koreanischen Passagiermaschine (einen Irrtum provozieren und anschließend den Kampf gegen das Böse ausrufen). Die hervorstechendsten Beispiele in letzter Zeit sind die immer noch der Öffentlichkeit vorenthaltenen Untersuchungsergebnisse der Sprengung der Gasleitungen, der angeblichen Vergiftung Nawalnys mit Nowitschok, der Aussagen und Beweise für die physische Existenz der Skripals, der Beweise für den Fall Butscha, der den Abbruch der Friedensverhandlungen begründen sollte. Dann hätten wir noch den Terroranschlag auf den Bahnhof Kramatorsk, welcher Russland angelastet wurde, bis sogar die BILD-Zeitung Zweifel anmeldete. Kramatorsk wird nie mehr erwähnt. Einkaufszentren, Märkte und Menschenansammlungen wurden und werden seit 2014 im Donbass von der Ukraine beschossen, die regelmäßig behauptet, dies sei eine Propagandaaktion der Russen. Ja sicher, der Beschuss von unter ihrer Kontrolle stehenden Atomkraftwerken auch.