75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Sa. / So., 23. / 24. November 2024, Nr. 274
Die junge Welt wird von 2993 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €

Leserbriefe

Liebe Leserin, lieber Leser!

Bitte beachten Sie, dass Leserbriefe keine redaktionelle Meinungsäußerung darstellen. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zur Veröffentlichung auszuwählen und zu kürzen. Leserbriefe sollten eine Länge von 2000 Zeichen (etwa 390 Wörter) nicht überschreiten. Kürzere Briefe haben größere Chancen, veröffentlicht zu werden. Bitte achten Sie auch darauf, dass sich Leserbriefe mit konkreten Inhalten der Zeitung auseinandersetzen sollten. Ein Hinweis auf den Anlass Ihres Briefes sollte am Anfang vermerkt sein (Schlagzeile und Erscheinungsdatum des betreffenden Artikels bzw. Interviews). Online finden Sie unter jedem Artikel einen Link »Leserbrief schreiben«.

Leserbrief zum Artikel Maschinenbau: Nur noch 29 Prozent tarifgebunden vom 26.11.2019:

Geschichtsvergessenheit

Dies ist nur einer von vielen Indikatoren, der eine zentrale Frage aufwirft, nämlich: Wie konnte es binnen so kurzer Zeit nur dazu kommen, dass die über Jahrzehnte in langwierigen, zähen und harten Arbeitskämpfen mühsam errungen Verbesserungen auf Seiten der Arbeiterschaft von dieser so schnell und widerstandsminimal wieder hergegeben wurden? Natürlich spielt neben dem kläglichen Versagen der Gewerkschaften der abermalige Verrat der SPD bei der gezielten Demontage des »Sozialstaates« und der Fragmentierung der Arbeiterklasse eine wesentliche Rolle. Aber ist das alleine schon eine hinreichende Erklärung? Lässt sich mit einem bloßen Mitgliedsbeitrag oder einem gelegentlichen Wahlkreuz die Klassenlage an Dritte tatsächlich einfach so »delegieren« und die Absicherung der eigenen Klasseninteressen als selbstverständliche »Gegenleistung« dauerhaft erwarten? Was hat die Arbeiterbewegung aus den Kämpfen ihrer Geschichte denn eigentlich gelernt? Geschichtsvergessenheit trübt nicht nur die aktuelle politische Wahrnehmung, gefährdet die unabdingbare Geschlossenheit und schwächt die notwendige Kampfkraft, sondern wird von den Revanchisten auch unmittelbar geahndet und gnadenlos für ihre eigenen Interessen ausgenutzt. Denn: »Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaften ist die Geschichte von Klassenkämpfen.« (Marx/Engels: Das Manifest der Kommunistischen Partei, 1848) Und diese Klassenkämpfe (gleich Macht-, Überlebens- und Verteilungskämpfe) werden angesichts der durch die von Menschen verursachten weltweiten Klimakatastrophe ständig knapper werdenden Ressourcen mit zunehmender Brutalität geführt werden. Und wie gedenkt der Einzelne in diesem Existenzkampf dann wohl noch zu bestehen? Etwa mit einer individualisierten »Survival-App« oder täglich aktualisieren Ratschlägen von »Alexa«?
Reinhard Hopp