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Leserbrief zum Artikel jW-Ladengalerie: Bewegtes Bild in bewegten Zeiten vom 25.04.2020:

DDR-Kunst gehört weg

Immer noch sind Bilderstürmer auf Jagd nach DDR-Kunst. In Rostock hat der »Diktaturforscher« Dr. Mrotzek 2019 den bekannten Maler Sitte aus einer Ausstellung verbannen wollen, weil er SED-Mitglied war. In Greifswald musste der Maler, Grafiker und Schriftsteller Helmut Maletzke die von ihm der Stadt gewidmeten Bilder wieder abholen, weil er Verbindungen zum MfS hatte. Es war sicher einfältig von ihm, zu glauben, dass er dadurch die Kulturpolitik verbessern könne (Nachruf zu seinem Tod: »Nur Nullen haben keine Ecken und Kanten«). In Neubrandenburg versucht ein Eiferer zu verhindern, dass die entarteten sozialistischen Wandbilder an Hochhäusern und in Eingangsbereichen von öffentlichen Gebäuden nicht unter Denkmalschutz flüchten. Klassenkämpferische Wandbilder erregen noch 30 Jahre nach dem Ende der DDR die Gemüter. Die DDR-Kunst beleidigt die Opfer des SED-Regimes (immerhin 0,25 Prozent der DDR-Bevölkerung, entsprechend den veröffentlichten Statistiken), sein Argument. Meinem Vorschlag, die Bilder der privilegierten Vorzeigekünstler der DDR durch moderne Kunstwerke zu ersetzen (z. B. den »Fettfleck« von Beuys oder Graffiti-Sprühereien), wollte man nicht folgen. Anonym wurde mir vorgeworfen, die etablierten Kunstwerke und den modernen Lebensstil in diesem Lande abzulehnen. Ich würde nicht die versteckten Aussagen der Graffiti-Bilder verstehen, und außerdem bewiesen meine Veröffentlichungen im Rotfuchs, dass ich »Neostalinist« und linksextrem sei. Ich habe z. B. Prof. Tanneberger, einem der prominentesten DDR-Krebsforscher, der in diesem Lande totgeschwiegen wurde, die verdiente Ehrung in einem Rotfuchs-Artikel zukommen lassen. Interessant ist, dass der gleiche Leserbriefschreiber und anonyme Ankläger im Neubrandenburger Blitz zugab, sich erfolgreich der »Bildungsdiktatur« des Regimes entzogen zu haben. Da es in der DDR keinen Kunstmarkt gab, haben die Kulturverantwortlichen versucht, durch Auftragsarbeiten die bildenden Künstler in Lohn und Brot zu bringen. Da wir heute im Westen die »freie« Westkunst haben und somit die bildende Kunst den marktwirtschaftlichen Kriterien unterliegt (aber man bekanntlich von Kunst nur recht und schlecht existieren kann), gilt das Grundgesetz des Lebens heute auch wieder: »Nur der Angepasste überlebt.« Es geht nicht um Kunst, sondern nur um Ideologie.
Dr. Gerd Machalett