Leserbrief zum Artikel 30 Jahre DDR-Anschluss: »Sie durften Häuser haben?«
vom 02.10.2020:
Westdeutscher Monopolismus
Das Gespräch über die Region um Weißwasser bewog mich, mal nach der Einwohnerzahl ehemaliger Bezirkshauptstädte der DDR – ausgenommen Berlin auf Grund der besonderen Entwicklung – zu suchen. So lebten laut »Bertelsmann-Universallexikon« 1989 in den 13 Städten (Cottbus – 129.000; Dresden – 520.000; Erfurt – 217.000; Frankfurt/Oder – 86.000; Gera – 131.000; Karl-Marx-Stadt – 314.000; Leipzig – 547.000; Magdeburg – 283.000; Neubrandenburg – 90.000; Potsdam – 132.000; Rostock – 249.000; Schwerin – 128.000 und Suhl – 86.000) insgesamt 2.912.000 Einwohner. Den Angaben von Wikipedia zufolge waren es 2016/17 noch rund 2.687.000, also 225.000 Einwohner weniger. Einzig die Städte Dresden, Leipzig und Potsdam haben einen Zuwachs von insgesamt 110.000 Bürgern zu verzeichnen. Den höchsten Einwohnerverlust erlebte übrigens Karl-Marx-Stadt/Chemnitz; er liegt dort bei 67.000 Einwohnern. In Döbeln, wo ich einen Teil meiner Kindheit verbrachte, lebten zum Ende der DDR rund 27.000 Einwohner. Bei Wikipedia sind heute 23.587 Einwohner angegeben. Das Ganze spricht nicht für Gleichberechtigung und schon gar nicht für soziale Perspektiven im Osten, sondern kennzeichnet den Ausverkauf der Gebiete der ehemaligen DDR. Man braucht ja keine wirtschaftliche Konkurrenz, sondern lediglich halbkoloniale Absatzgebiete. Ganze Gemeinden sind verödet, und es existieren kaum oder gar nicht mehr Kultur- und Klubhäuser – ganz zu schweigen von Polikliniken bis hin zu Lebensmittelläden. Zehntausende von Betrieben wurden plattgemacht. Weißwasser bildet da keine Ausnahme mit der Abwanderung seiner einstigen Bewohner.