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Aus: Ausgabe vom 08.02.2008, Seite 13 / Feuilleton

Der Mudschahedin und die Cola

Gewöhnlich-außergewöhnliche Menschen wie du und ich bevölkern »Son of a Lion«. Ein Witwer kann nicht allein sein, braucht seinen Sohn weniger als Hilfe im Geschäft denn als Krücke im Alltag. Wie es sich für einen guten Sohn gehört, will dieser anders als der alte Herr. Der ist ehemaliger Mudschahedin, das Geschäft ein Waffenladen und die Gegend eine, in der man nie genau weiß, ob man noch nach oder schon wieder vor einem Krieg lebt: Pakistans Nordwestgrenzprovinz, von Reisen wird abgeraten. Benjamin Gilmour, Rettungssanitäter, erfahrener Reisender und Autor aus Sydney, hat sich Anfang 2001 in die herbe Gegend verliebt, 2004 acht Monate lang Kontakte geknüpft, 2006 seinen Debütfilm fertiggestellt. In die Folklorefalle ist er nicht getappt. Pakistans Nordwesten erinnert in den hiesigen Medien ja immer gleich an Joseph Conrads »Herz der Finsternis«. Gilmour – und es besteht kein Grund, an seinem Realismus zu zweifeln – zeigt eine archaische Welt, in der ein Wort, eine Geste folgenschwer sein können, Kalaschnikows vor dem Laden auf der Straße getestet werden. Und er erzählt von einem, der lieber zur Schule gehen und Musik hören will als an Waffen herumzufeilen. Die Verwüstungen, die der Afghanistan-Krieg hinterlassen hat, sind allgegenwärtig. Als der Vater dem Sohn vorführt, wie er in den 80ern gegen die Gottlosen gekämpft hat, benutzt er als Waffenattrappe eine Cola-Plastikflasche.Robert Mießner

»Son of a Lion«, Australien/Pakistan 2007, Regie: Benjamin Gilmour, 92 min, Sektion: Forum, 10., 11., 13., 14.2.

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