Aus: Ausgabe vom 07.04.2008, Seite 3 / Schwerpunkt
Zur Person: Jorge Eliécer Gaitán
Einer in Kolumbien bekannten Anekdote zufolge traf Gaitán während der Wahlkampagne 1948 mit seinem Herausforderer von der Konservativen Partei zusammen. In der Debatte fragte ihn der Kandidat der Liberalen Partei, womit er sein Geld verdiente. »Mit meinem Land«, sagte der wohlhabende Politiker. »Ach«, antwortete Gaitán scheinbar überrascht, »und woher haben Sie das Land«. Von seinem Vater, entgegnete der Konservative, woraufhin Gaitán nachfragte, woher dieser es bekommen habe. »Von dessem Vater«, sagte der Gegenkandidat wahrheitsgemäß. Gaitán soll die gleiche Frage mehrere Male wiederholt haben, bis sein Gesprächspartner schließlich eingestand: »Wir haben es von den Ureinwohnern genommen.« Daraufhin habe Gaitán gesagt: »Sehen Sie, wir haben genau das Gegenteil vor: Wir wollen das Land den Ureinwohnern zurückgeben«.
Tatsächlich war die Landreform einer der wichtigsten Programmpunkte, als der damals 45jährige Jorge Eliécer Gaitán sich 1948 um die Präsidentschaft bewarb. Zu diesem Zeitpunkt hatte er eine steile politische Karriere in der Liberalen Partei hinter sich. Er war Bildungs- und Arbeitsminister gewesen. 1933 war er aus Protest gegen die elitäre Politik der Liberalen Partei (die sich mit den Konservativen in Kolumbien traditionell die Macht teilt) zuvor ausgetreten, um eine Gruppierung mit dem Namen »Linksrevolutionäre Union« zu gründen. Nach Verhandlungen trat er zwei Jahre später aber wieder ein.
Gaitán war ein unnachgiebiger Kritiker der postkolonialen Ordnung in Südamerika. Er unterschied zwischen einem »politischen« und einem »nationalen« Kolumbien. Das politische Land sei das der Oligarchie, das nationale das des Volkes. Auch den zu Beginn des Kalten Krieges massiv zunehmenden Einfluß der USA in der Region kritisierte er scharf.
Gaitáns Ermordung wurde nie aufgeklärt. Die US-Botschaft hatte ihn zuvor aber in einer Memo nach Washington als einen der gefährlichsten Politiker des Landes bezeichnet. Nach seinem Tod kam es zu einem spontanen Volksaufstand in der Hauptstadt Bogotá, der in einen zehnjährigen Bürgerkrieg mündete. In dieser Zeit entstand die Guerilla, die bis heute besteht.
(hneu)
Tatsächlich war die Landreform einer der wichtigsten Programmpunkte, als der damals 45jährige Jorge Eliécer Gaitán sich 1948 um die Präsidentschaft bewarb. Zu diesem Zeitpunkt hatte er eine steile politische Karriere in der Liberalen Partei hinter sich. Er war Bildungs- und Arbeitsminister gewesen. 1933 war er aus Protest gegen die elitäre Politik der Liberalen Partei (die sich mit den Konservativen in Kolumbien traditionell die Macht teilt) zuvor ausgetreten, um eine Gruppierung mit dem Namen »Linksrevolutionäre Union« zu gründen. Nach Verhandlungen trat er zwei Jahre später aber wieder ein.
Gaitán war ein unnachgiebiger Kritiker der postkolonialen Ordnung in Südamerika. Er unterschied zwischen einem »politischen« und einem »nationalen« Kolumbien. Das politische Land sei das der Oligarchie, das nationale das des Volkes. Auch den zu Beginn des Kalten Krieges massiv zunehmenden Einfluß der USA in der Region kritisierte er scharf.
Gaitáns Ermordung wurde nie aufgeklärt. Die US-Botschaft hatte ihn zuvor aber in einer Memo nach Washington als einen der gefährlichsten Politiker des Landes bezeichnet. Nach seinem Tod kam es zu einem spontanen Volksaufstand in der Hauptstadt Bogotá, der in einen zehnjährigen Bürgerkrieg mündete. In dieser Zeit entstand die Guerilla, die bis heute besteht.
(hneu)
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