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Aus: Ausgabe vom 10.10.2008, Seite 13 / Feuilleton

Nobelpreis für Weltflucht

Der Literatur-Nobelpreis geht in diesem Jahr an den Franzosen Jean-Marie Gustave Le Clézio (68). Einen Schriftsteller »der Erforscher einer Menschlichkeit außerhalb und unterhalb der herrschenden Zivilisation« will die Schwedische Akademie damit ehren, wie sie am Donnerstag in Stockholm erklärte. Nach Anfängen im Bereich des »nouveau roman« habe sich Le Clézios Werk »mehr und mehr in Richtung einer Erforschung der Welt seiner Kindheit und eigenen Familiengeschichte verlagert«. Besonders sein Vater habe ihm in dieser Hinsicht zu schaffen gemacht.

Le Clézio hat bisher mehr als 50 Bücher veröffentlicht, eine bunte Palette, von leicht morbiden Erzählsammlungen wie »Das Fieber« (1965) oder »Die Sintflut« (1966), bis zu ökologisch bewegten Romanen wie »Terra amata« (1967) oder »Der Krieg« (1970). Für seinen 1989 erschienenen Roman »Wüste« erhielt er den höchstdotierten Literaturpreis Frankreichs, den Prix Paul Morand. Zuletzt erschien auf Deutsch ein Roman mit dem etwas zuviel versprechenden Titel »Revolutionen« (2006).

Zwar lebt der Autor mit seiner Familie in Albuquerque im US-Bundesstaat New Mexico, geboren aber wurde er in der Bretagne. Das ist in diesem Zusammenhang wichtig. Als gebürtiger US-Amerikaner hätte er den Nobelpreis möglicherweise nicht erhalten.

Sigrid Löffler sprach am Donnerstag im MDR von einer »einigermaßen bizarren Wahl«. Le Clézio sei ein »sehr verspäteter Romantiker« mit einem »ausgeprägten Hang zu Irrationalismus«. »Gesellschaftlichen Befindlichkeiten« lägen ihm eher fern. Anders als bei seinem Landsmann Jean-Paul Sartre kann man bei Le Clézio jedenfalls davon ausgehen, daß er sich artig für das Preisgeld bedankt.

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