Aus: Ausgabe vom 15.11.2008, Seite 16 / Aktion
So weit die Schweißfüße tragen
Von Dietmar KoschmiederEinen Tag später kündigt Die Welt schon auf Seite eins unter der Überschrift »Antiisraelische Parolen in Berlin« einen weiteren Bericht zur Demo an. Aufgebrachte Schüler haben im Rahmen der Protestaktionen die Humboldt-Universität gestürmt und dabei auch eine Ausstellung zu jüdischen Unternehmen in der Nazizeit beschädigt. »Jüdische Ausstellung in Berliner Humboldt-Uni schwer beschädigt«, titelt Spiegel online. Die Ausstellungstafeln seien mittlerweile mit Klebeband wieder notdürftig hergerichtet. Das Internetportal meldet außerdem »Sozialismus-Vorwürfe gegen die Organisatoren«. Der Vorsitzende des Bayrischen Realschullehrerverbandes, Anton Huber, fürchte, die Jugend werde von linken Kräften instrumentalisiert, um über das Bildungssystem die Gesellschaftsordnung zu ändern.
Es ist immer falsch, eine aufklärerische Ausstellung zu beschädigen. Auch wenn das im Gerangel und in ungezieltem Wutausbruch geschah, man hätte es sofort unterbinden müssen. Aber wieso regen sich gerade jene auf, die Schweißfüße der Wehrmachtsnachfolger wichtiger finden als die Sorgen Zigtausender Schülerinnen und Schüler? Und wieso macht man alle gleich zu Linksextremen, die von Rechtsextremen nicht zu unterscheiden seien? Die Erklärung ist einfach: Wer weltweite Kriegseinsätze in Ordnung findet, den interessieren Beschädigungen an einer Ausstellung über jüdische Unternehmen nur insofern, als daß man damit Aktivisten für demokratische und soziale Rechte diffamieren kann. Denn nicht die Beschädigungen, sondern der große Erfolg der Schülerdemo ist es, der so manchen Medienhäusern Sorge bereitet. Auch Auszubildende und Beschäftigte könnten anfangen, sich um Verbote und Maßregelungen einen Dreck zu scheren. Und auf der Straße und in den Betrieben für ihre Rechte zu kämpfen. Mit Erfolg kann dies nur organisiert gelingen, weshalb immer linke Organisatoren dahinter stecken müssen. Man kann also nicht früh genug damit anfangen, diese zu diffamieren.
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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
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