Aus: Ausgabe vom 30.12.2008, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft
Lesetips
Debatte über Arbeitszeit
»Arbeitszeit: Wieviel vom Leben gehört dem Boß?« Das ist der Schwerpunkt der Dezember-Ausgabe des von der Hans-Böckler-Stiftung herausgegebenen Magazins Mitbestimmung. Ein Feature der Berliner Journalistin Petra Welzel beschäftigt sich mit der Rolle der Arbeitszeit in der Tarifpolitik von ver.di. Die Autorin macht eine »diffuse Unzufriedenheit« an der Basis der Dienstleistungsgewerkschaft aus. Diese zeigte sich im Nachklang zum Anfang 2008 bei Bund und Kommunen erzielten Tarifabschluß. Obwohl das Ergebnis wegen der relativ guten Einkommenssteigerung mehr Lob eingefahren hat als die allermeisten von ver.di unterschriebenen Verträge, hat es doch einen gravierenden Makel: In den westdeutschen Kommunen wurde die wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 auf 39 Stunden unbezahlt verlängert.Die von Welzel beschriebene Stimmung bei der üstra Hannoversche Verkehrsbetriebe AG ist womöglich exemplarisch. Auch hier habe während der Tarifauseinandersetzung zunächst die Forderung nach deutlichen Lohnerhöhungen im Vordergrund gestanden. »Doch erst jetzt merken sie, was die Mehrarbeit bedeutet. Die Schmerzgrenze war für viele schon vor der Tarifrunde erreicht.« Nach jahrelanger Arbeitsintensivierung und Arbeitszeitverlängerung steht in ver.di eine Debatte darüber an, wie die Gewerkschaft in dieser Frage wieder in die Offensive kommen kann.
(dab)
Mitbestimmung – Das Magazin der Hans-Böckler-Stiftung 12/2008. Bund-Verlag, Frankfurt/Main, 74 Seiten, Jahresabo: 50 Euro, www.magazin-mitbestimmung.de
Gewerkschaften in der Forschung
Einen Überblick über die wissenschaftliche Literatur der vergangenen fünf Jahre haben Wolfgang Schroeder und Dorothea Keudel von der Uni Kassel zusammengetragen. Zwar ist die Zahl gewerkschaftsbezogener Untersuchungen und Dissertationen seit Mitte der 1980er stark zurückgegangen. Aktuell belebt sich jedoch auch an hiesigen Hochschulen das Interesse an den vielfach als »Dinosaurier« gescholtenen Großorganisationen wieder ein wenig. Die Ergebnisse der aktuellen Arbeiten werden anhand einer Kategorisierung von Gewerkschaften als Solidarverbände, als arbeitsmarktpolitische und als politische Akteure dargestellt. Zudem erläutern die Autoren, wo sie weiteren Forschungsbedarf sehen.(dab)
Wolfgang Schroeder/Dorothea Keudel: Strategische Akteure in drei Welten. Die deutschen Gewerkschaften im Spiegel der neueren Forschung. Edition Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf, 108 Seiten, 12 Euro. ISBN: 978-3-86593-107-8
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