Aus: Ausgabe vom 12.02.2009, Seite 15 / Natur & Wissenschaft
Pionierwerk
Von Frank Ufen
1994 grub der deutsche Archäologe Klaus Schmidt auf dem
südostanatolischen Göbekli Tepe, einem Hügel im
Hochland zwischen den Oberläufen von Euphrat und Tigris. Er
stieß auf Überreste einer monumentalen steinernen
Tempelanlage, mit deren Bau man vor 11600 Jahren begonnen hatte.
Das bedeutet, daß die Geschichte der menschlichen
Zivilisation mit diesen Monumentalbauten angefangen hat – zu
einer Zeit, als Ackerbau und Viehzucht noch völlig unbekannt
waren. Jagen und Sammeln war die einzige Methode, sich
Nahrungsmittel zu beschaffen. Einige Indizien sprechen dafür,
daß die Architekten der Kultstätte von Göbekli Tepe
außerdem die Bilder- oder Hieroglyphenschrift erfunden haben.
In Anatolien haben Menschen auch erstmals das Wildbeuterleben
aufgegeben und sich auf die landwirtschaftliche Produktionsweise
umgestellt. Hier wurde die älteste Stadt der Welt aus dem
Boden gestampft, das erste Hochzeitsbild gemalt, der erste
Friedensvertrag geschlossen. Hethiter und die Hurriter errichteten
mächtige Reiche, die Griechen revolutionierten die
Wissenschaften. Michael Zicks Buch ist eine packende Rekonstruktion
der zehn Jahrtausende türkischer Geschichte bis zum Untergang
Milets. Ein exzellent illustriertes Pionierwerk.
* Michael Zick: »Türkei – Wiege der Zivilisation«, Theiss Verlag, Stuttgart 2008, 176 S., 32 Euro
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