Aus: Ausgabe vom 26.05.2009, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft
Lesetips
Gescheiterte Strategie
Gerade in der aktuellen Krise der Automobilindustrie lohnt es sich für Gewerkschafter, auf die Erfahrungen in den nordamerikanischen Autokonzernen zu blicken. Der derzeitige Kahlschlag bei General Motors (GM), Ford, Chrysler und unzähligen Zulieferern bleibt ohne jegliche Gegenwehr seitens der US-Gewerkschaft UAW. Doch das ist lediglich der vorläufige Tiefpunkt einer Entwicklung, die Sam Gindin im aktuellen Express beschreibt. Seit Ende der 1970er Jahre verfolgt die einstmals kämpferische UAW eine Politik des »Concession Bargaining«, bei der die Beschäftigten Zugeständnisse bei Löhnen und Arbeitszeiten im Tausch für vermeintliche Beschäftigungssicherung machen. Dennoch wurden Tausende Stellen gestrichen. Die Folge: Allein bei GM sank die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder von 450000 auf 64000. Gindins Fazit: »30 Jahre Konzessionen und ein 90prozentiger Verlust an Jobs. Wenn es jemals eine gescheiterte Strategie für Arbeiter gab, dann war es diese.« Der ehemaliger Berater des Vorstands der kanadischen Automobilarbeitergewerkschaft CAW argumentiert zudem, daß die Politik kampfloser Zugeständnisse »eine Gefahr darstellen für das Vertrauen der Arbeiter in kollektive Aktionen – die Arbeiter und ihre Gewerkschaften gehen so desorientiert und geschwächt in die Zukunft«. (jW)Express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, Nr. 4/2009, 16 Seiten 3,50 Euro
Brachliegende Ressource
Mit Tarifabweichungen in der Metall- und Chemieindustrie beschäftigt sich eine Studie von Thomas Haipeter von der Uni Duisburg-Essen, die in der Mai-Ausgabe der Zeitschrift Mitbestimmung vorgestellt wird. Als »kritische Größe« bei Verhandlungen zur Unterschreitung von Tarifstandards auf Betriebsebene sieht Haipeter die Beschäftigten. Denn diese lehnten die Konzessionen mehrheitlich ab und müßten von den Betriebsräten daher »von der Richtigkeit des eingeschlagenen Weges erst überzeugt« werden. »Erfolgreich waren diese Bemühungen vor allem dann, wenn es den Betriebsräten gelang, sich in konfliktorientierten Strategien als Verteidiger der Beschäftigteninteressen gegen die Zumutungen der Unternehmensleitungen zu positionieren«, so der Autor. Allerdings sei in weniger als einem Drittel der untersuchten Fälle eine solche konfliktorientierte Strategie eingeschlagen worden. Eine »wichtige Ressource der Handlungslegitimation für die Betriebsräte« liege damit noch weitgehend brach. (jW)Mitbestimmung. Das Magazin der Hans-Böckler-Stiftung, Nr. 5/2009, 74 Seiten. Jahresabo: 50 Euro. www.magazin-mitbestimmung.de
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