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Aus: Ausgabe vom 04.07.2009, Seite 14 / Leserbriefe

»Der Hinweis auf die ›Rache‹ der Wähler läßt aus Erfahrung keine Angst bei den Kandidaten der bürgerlichen Parteien aufkommen.«

Zu kurz

Zu jW vom 27./28. Juni: »Wir leben in einer Diktatur auf Abruf«

Mit Brillanz und Impetus schildert J. Ditfurth wesentliche Erscheinungen des Kapitalismus, spart allerdings die Ökonomie fast gänzlich aus. Da gibt es im Text nichts zum Thema jetzige Produktivkräfte, Produktionsweise, tendenzieller Fall der Profitrate, die Rolle des Finanzkapitals, der sonstigen Monopole sowie das Verhältnis des bürgerlichen Staates zu ihm und ihnen. Die gigantische Verschleuderung von Staatsgeldern zwecks Sanierung der gefährdeten Profite bleibt gleichfalls außen vor, und auch der Sozialabbau, vor allem nach den Wahlen, kommt zu kurz. So haben wir es denn mit der Darstellung diverser Aspekte des Überbaus zu tun, nicht jedoch eine Basisbewertung, auf dem doch letzten Endes der Überbau fußt. Somit ist eine materialistische Unterfütterung nicht eindeutig erkennbar.

Auch Wege zur Überwindung des Kapitalismus allgemein sowie zur Bekämpfung der Weltwirtschaftskrise sucht man ziemlich vergebens; statt dessen der eher schemenhafte Hinweis auf irgendwelche Gruppen, die gegen das bestehende Desaster ankämpfen. Dabei kann es sich jedoch meist nur um Regionalgruppen handeln, oft sind es zudem Randgruppen, die zersplittert und unsystematisch vor sich hin werkeln bzw. ziemlich wirkungsarm agieren. Hinzu kommt da noch mancherlei Hobbyismus und Illusionismus, so daß uns keineswegs eine hoffnungsvolle Perspektive offeriert wird. Zwar gibt es Widerstand in der linken Arbeiterbewegung vorerst nur rudimentär, dennoch wäre genau dort der Hebel anzusetzen, schon weil maßgeblich in der Produktion, der Stätte der Mehrwertbildung, wirklicher Druck auf Kapital und Staat ausgeübt werden kann.

Sonstige Überbaubereiche spielen zwar auch eine nicht zu unterschätzende Rolle, doch letztlich sind diese eher flankierender Art. Möglich, daß meine genannten Einwände im neuen Buch von ihr auftauchen, das Interview jedenfalls läßt eine entsprechende diesbezügliche Mutmaßung entstehen.

Peter Hörsel, per E-Mail

Nicht hörbar

Am 2. Juli hatten u. a. die Gewerkschaft ver.di, die Volkssolidarität und Sozialverbände zur Protestkundgebung auf dem Platz der Republik gegen die Rentenpolitik der bürgerlichen Parteien CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP aufgerufen. Lediglich die Partei Die Linke hatte vor kurzem im Bundestag mit 17 Anträgen Rentengerechtigkeit gefordert. So war erfreulich festzustellen, daß einige Bundestagsabgeordnete, z.B. Dr. Gesine Lötzsch, Katja Kipping und Elke Reinke, die Kundgebungsteilnehmer unterstützten. Da die Kundgebung weitab und nicht hörbar vom Kanzleramt und Bundestag stattfand, konnten sich die »Volksvertreter« ihren Milliardensubventionen an Banken und anderen »Pleitegeiern« im Wege der Verschleuderung von Steuermitteln störungsfrei widmen. Offensichtlich ist auch den zukünftigen Rentnerinnen und Rentnern ihre drohende Verarmung im Alter durch den Renteneintritt ab 67 und ständige Realeinkommensverluste bisher nicht ins Bewußtsein gedrungen.

Die Fahnen der ver.di-Kolleginnen und -Kollegen und der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Volkssolidarität ließen zeitweilig den Gedanken der Zusammenarbeit von linken Organisationen aufkommen. Vermißt wurden die 7000 Berliner Mitglieder der Partei Die Linke, einschließlich ihrer Regierungsmitglieder und Vertreter im Abgeordnetenhaus von Berlin. Fahnen der Arbeiterpartei DKP waren ebenfalls nicht zu sehen. Obwohl die Gewerkschaften Vertreter des Ostdeutschen Kuratoriums von Verbänden (OKV) in gemeinsamen Aktionsgruppen ausgegrenzt haben, waren Mitglieder aus den angeschlossenen Vereinen zahlreich zu sehen.

Daß aufgrund der zu erwartenden Menschenmenge die Zugangsstraßen nicht gesperrt waren und die Buslinien nicht behindert wurden, verwunderte die Teilnehmer in Anbetracht der Zahl der Demonstranten nicht. Die »staatstragenden« Parteien und die Bundesregierung können aus der Beteiligung leicht den Eindruck gewinnen, daß die statistisch ausgewiesenen etwa 1388000 Rentnerinnen und Rentnern in Berlin und Brandenburg mit ihrer Situation durchaus zufrieden sind. Für die Abgeordneten kann aus dieser Erfahrung die Angleichung des Rentenwerts Ost an den Rentenwert West und die Aufhebung der Strafrenten für Verantwortungsträger in der DDR der biologischen Lösung überlassen werden. Der Hinweis einiger Rednerinnen und Redner, darunter die Landesvorsitzende der Volkssolidarität, Dr. Inge Rosberg, und die ver.di-Landesleiterin Susanne Stumpenhusen, auf die »Rache« der Wählerinnen und Wähler bei der kommenden Bundestagswahl im September läßt aus Erfahrung keine Angst bei den Kandidaten der bürgerlichen Parteien aufkommen.(...)

Gert Julius, Vorsitzender des BüSGM

Der Aufmerksamkeit entgangen

Zu jW vom 1. Juli: »Treffen mit seinesgleichen«

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