Aus: Ausgabe vom 22.12.2009, Seite 13 / Feuilleton
Berliner Humor. Gewalt, Niveau und Sinnkrise
Die Gewalt im Berliner öffentlichen Nahverkehr stagniert auf
hohem Niveau, berichtet die Berliner Zeitung (Montagausgabe). In
diesem Jahr gab es von Anfang Januar bis Ende November 597
Übergriffe auf Menschen, die für die Berliner
Verkehrsbetriebe (BVG) arbeiten: Dazu zählen unter anderem
Prügelattacken, Ansprucken und Bedrohen mit Waffen. »Die
gute Nachricht lautet: Seit 2008 ist es zumindest nicht schlechter
geworden«, bilanzierte die Sprecherin des Landesunternehmens,
Petra Reetz.
Fortschritte gibt es dagegen bei der Philosophie der städtebaulichen Gewalt. Nachdem eine Front aus Kleingeistern, Hobbymonarchisten und Kalten-Vorstadt-Kriegern den Palast der Republik so lange kleingearbeitet hat, bis er tatsächlich verschwunden war, hat man jetzt mal wieder die Bescherung – die mangelnde internationale Anerkennung der eigenen Provinzialität. In der neuen Ausgabe des Kunstmagazins Metropol wirft der der britische Architekt David Chipperfield der Stadt Konzeptlosigkeit im Umgang mit der architektonischen Vergangenheit vor. Chipperfield, der für den Wiederaufbau des Neuen Museums verantwortlich war, kritisiert das Festhalten am Stadtschloß-Entwurf des Architekten Franco Stella. Dessen »seltsame Kombination aus imitierter historischer Schloßfassade und einem modernen Gebäude dahinter« hält Chipperfield für nicht überzeugend. Der Fehler habe aber bereits in der Ausschreibung gelegen, die mit der Festlegung auf die barocke Fassade jegliche Offenheit habe vermissen lassen: »Es war so, als hätte man den Architekten ein Kreuzworträtsel in die Hand gegeben, das bereits gelöst ist.« Den Vorschlag Berliner Politiker, das Viertel rund um das Rote Rathaus in den Dimensionen einer mittelalterlichen Altstadt wieder aufzubauen, kritisierte er: Berlin sei heute »eine fragmentierte und gebrochene Stadt« – das sei Teil seiner Qualität. »Es wieder zu dem zu machen, was es einmal war, ist sinnlos«, betonte Chipperfield. (jW)
Fortschritte gibt es dagegen bei der Philosophie der städtebaulichen Gewalt. Nachdem eine Front aus Kleingeistern, Hobbymonarchisten und Kalten-Vorstadt-Kriegern den Palast der Republik so lange kleingearbeitet hat, bis er tatsächlich verschwunden war, hat man jetzt mal wieder die Bescherung – die mangelnde internationale Anerkennung der eigenen Provinzialität. In der neuen Ausgabe des Kunstmagazins Metropol wirft der der britische Architekt David Chipperfield der Stadt Konzeptlosigkeit im Umgang mit der architektonischen Vergangenheit vor. Chipperfield, der für den Wiederaufbau des Neuen Museums verantwortlich war, kritisiert das Festhalten am Stadtschloß-Entwurf des Architekten Franco Stella. Dessen »seltsame Kombination aus imitierter historischer Schloßfassade und einem modernen Gebäude dahinter« hält Chipperfield für nicht überzeugend. Der Fehler habe aber bereits in der Ausschreibung gelegen, die mit der Festlegung auf die barocke Fassade jegliche Offenheit habe vermissen lassen: »Es war so, als hätte man den Architekten ein Kreuzworträtsel in die Hand gegeben, das bereits gelöst ist.« Den Vorschlag Berliner Politiker, das Viertel rund um das Rote Rathaus in den Dimensionen einer mittelalterlichen Altstadt wieder aufzubauen, kritisierte er: Berlin sei heute »eine fragmentierte und gebrochene Stadt« – das sei Teil seiner Qualität. »Es wieder zu dem zu machen, was es einmal war, ist sinnlos«, betonte Chipperfield. (jW)
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