Aus: Ausgabe vom 15.07.2010, Seite 3 / Schwerpunkt
Hintergrund: Modearzt am Anfang des 19.Jahrhunderts
Samuel Hahnemann (1755–1843) konnte noch keine Ahnung haben
von mikrobiologischen Krankheitserregern– Bakterien und Viren
wurden erst Jahrzehnte nach seinem Tod als solche
nachgewiesen–, so daß sein Verständnis von
Krankheitsursachen und -verläufen zwangsläufig falsch
war. Dieses falsche Krankheitsverständnis führte ihn zu
einer gleichermaßen falschen Behandlungsmethode: der
Verabfolgung magisch-rituell zubereiteter, letztlich aber
wirkstoffloser Zuckerkügelchen. Die Homöopathie wurde
alleine deshalb zur gefeierten Medizin des frühen 19.
Jahrhunderts, weil sie sich als Alternative darstellte zu der zu
Hahnemanns Zeiten üblichen Form der Behandlung praktisch jeder
Krankheit, einschließlich Syphilis, Cholera und Pocken,
mittels Aderlaß respektive der Verabfolgung sogenannter
Drastika, hochgiftiger Substanzen wie Bleiacetat oder
Quecksilberchlorid, denen, wie man heute weiß, mehr Menschen
zum Opfer fielen, als der jeweiligen Krankheit selbst. Hahnemann
konnte als schlagkräftigen Beleg für die vermeintliche
Wirksamkeit seiner Methode die geringere Sterberate seiner
Patienten vorweisen, was ausreichte, ihn in Zeiten medizinisch
weitgehender Ahnungslosigkeit zum Modearzt avancieren zu
lassen.
Hahnemanns Lehre basiert auf dem sogenannten Simile-Prinzip: »Ähnliches möge mit Ähnlichem geheilt werden«. Er war im Jahre 1790 durch einen Selbstversuch auf dieses Prinzip gestoßen: Bei ihm hatte die Einnahme von Chinarinde, wie sie aus der Behandlung von Malaria bekannt war, scheinbar zu malariaartigen Fieberzuständen geführt.
Das Simile-Prinzip, tragende Säule der Homöopathie, gilt längst als widerlegt. Schon Hahnemann selbst war mit seinem Chinarinden-Experiment einem Irrtum aufgesessen: Chinin, der Wirkstoff der Chinarinde, ruft keineswegs Fieber hervor, sondern, ganz im Gegenteil, senkt die Körpertemperatur. Hahnemann hatte offenbar eine allergische Reaktion erlebt, die ihn zu seinem Trugschluß verleitete. Für das Auffinden geeigneter Therapeutika ist die Simile-Regel völlig unbrauchbar: Beispielsweise können Eisenpräparate zwar eine Eisenmangel-Anämie beseitigen, rufen aber in höherer Dosis keine Anämie hervor. Dagegen kann Blei eine Anämie hervorrufen, ohne zur Therapie geeignet zu sein.
Der Hahnemannschen Behandlungsform der Homöopathie auch heute noch anzuhängen, heißt, den naturwissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt der zurückliegenden 200 Jahre komplett zu ignorieren.
(cg)
Hahnemanns Lehre basiert auf dem sogenannten Simile-Prinzip: »Ähnliches möge mit Ähnlichem geheilt werden«. Er war im Jahre 1790 durch einen Selbstversuch auf dieses Prinzip gestoßen: Bei ihm hatte die Einnahme von Chinarinde, wie sie aus der Behandlung von Malaria bekannt war, scheinbar zu malariaartigen Fieberzuständen geführt.
Das Simile-Prinzip, tragende Säule der Homöopathie, gilt längst als widerlegt. Schon Hahnemann selbst war mit seinem Chinarinden-Experiment einem Irrtum aufgesessen: Chinin, der Wirkstoff der Chinarinde, ruft keineswegs Fieber hervor, sondern, ganz im Gegenteil, senkt die Körpertemperatur. Hahnemann hatte offenbar eine allergische Reaktion erlebt, die ihn zu seinem Trugschluß verleitete. Für das Auffinden geeigneter Therapeutika ist die Simile-Regel völlig unbrauchbar: Beispielsweise können Eisenpräparate zwar eine Eisenmangel-Anämie beseitigen, rufen aber in höherer Dosis keine Anämie hervor. Dagegen kann Blei eine Anämie hervorrufen, ohne zur Therapie geeignet zu sein.
Der Hahnemannschen Behandlungsform der Homöopathie auch heute noch anzuhängen, heißt, den naturwissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt der zurückliegenden 200 Jahre komplett zu ignorieren.
(cg)
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vom 15.07.2010