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Aus: Ausgabe vom 23.07.2010, Seite 3 / Schwerpunkt

Hintergrund: Gefälligkeiten der CIA

(…) Von großem historischen Interesse ist ein Aktenstück vom 19. März 1958, ein Vermerk, in dem der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) der CIA mitteilt, daß sich Adolf Eichmann seit 1952 in Argentinien unter dem Decknamen ›Clemens‹ aufhalte. Tatsächlich war der Deckname ›Ricardo Klement‹, aber ansonsten stimmte der Hinweis. Wenn der BND diese Information hatte, so war sie auch der Bundesregierung bekannt. Schließlich hatte der Chef des BND, General Gehlen, engste Kontakte zum Chef des Bundeskanzleramtes, dem berüchtigten Hans Globke (Foto), Koverfasser des Kommentars zu den Nürnberger Rassengesetzen. Gehlen, im Zweiten Weltkrieg Leiter der Wehrmachtspionage ›Fremde Heere Ost‹, trat nach 1945 in den Dienst der Amerikaner, der in den fünfziger Jahren als BND von der Bundesrepublik übernommen wurde.

Wie zu erwarten, blieb die Bundesregierung in der Sache ›Ricardo Klement‹ ebenso untätig wie die amerikanische Seite. Angesichts dessen erweist sich im nachhinein der Entschluß des hessischen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer, die Information über den Aufenthaltsort Eichmanns in Argentinien unter Umgehung des Dienstweges an Israel weiterzuleiten, als völlig gerechtfertigt.

Die jetzt veröffentlichten Akten belegen nach Auskunft der Interagency Group auch eine Intervention des CIA-Chefs Allen Dulles, mittels derer er einen Hinweis auf Hans Globke in den ›Eichmann-Memoiren‹ unterdrückte, die von der amerikanischen Zeitschrift Life gekauft und gedruckt worden waren (…)


Daß solche Gefälligkeiten des CIA gegenüber der Bundesrepublik keine Ausnahmeerscheinung waren, zeigt der Fall Kurt Georg Kiesinger, von 1966 bis 1969 Bundeskanzler und vor 1945 erprobter Nazipropagandist. Wie in der BND-Studie ›Gegen Freund und Feind‹ von Peter F. Müller und Michael ­ Mueller nachlesbar, ließ CIA-Chef Helms Dokumente, die Kiesinger belasteten, verschwinden, indem er entsprechende Verzeichnisse bzw. Findbücher in den National Archives manipulierte (…)

Christian Semler am 8. Juni 2006 in der taz

(hd)

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