Grüne Front gegen Garzweiler II
Die nordrhein-westfälischen Grünen wollen den Tagebau Garzweiler II weiter »kompromißlos« bekämpfen und dabei auch ein Scheitern der rot-grünen Koalition in Düsseldorf in Kauf nehmen. Zum Abschluß ihres dreitägigen Landesparteitages am Sonntag im westfälischen Borken stimmten die knapp 300 Delegierten einmütig einem gemeinsamen Antrag von Realpolitikern und Parteilinken zu, in dem auch eine Verkleinerung des Abbaugebiets als möglicher Kompromiß mit dem Koalitionspartner SPD abgelehnt wird. Einzelne Grünen- Politiker, wie der umweltpolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Gerd Mai, hatten einen solchen Kompromiß zuvor als denkbaren Ausweg bezeichnet, um ein Scheitern der Koalition zu vermeiden. In einer Bilanz ihrer knapp zweijährigen Regierungsbeteiligung in Düsseldorf forderten die NRW-Grünen am Sonnabend ein Ende ihrer öffentlichen Flügelkämpfe und ein geschlossenes Auftreten gegenüber der SPD.
In dem kurz vor dem Parteitag von Vertretern aller Parteiflügel ausgehandelten Garzweiler-Antrag verzichten die Grünen auf die bisherige Drohung der Parteilinken mit einem automatischen Ausstieg aus der Koalition bei einer Genehmigung des Tagebaus. Statt dessen heißt es in dem bei drei Stimmenthaltungen verabschiedeten Papier, in einem solchen Fall würde die SPD »die Koalition aufkündigen« und damit auch die Verantwortung für das Scheitern des Bündnisses tragen. Die grüne Landesumweltministerin Bärbel Höhn betonte unter dem Beifall der Delegierten, ihre Partei stehe beim Projekt Garzweiler II »für eine Politik für die Menschen und für die Natur«. Die NRW-Grünen hätten »in der Vergangenheit Nein zu Garzweiler gesagt, sie sagen es jetzt, und sie werden es auch in Zukunft sagen«.
Am Sonnabend hatten die Delegierten mit großer Mehrheit einen Bilanz-Antrag der Landesparteispitze verabschiedet, in dem Fraktion und Partei ihren Willen zu größerer Geschlossenheit gegenüber dem Koalitionspartner SPD bekunden. Seit Unterzeichnung des Koalitionsvertrages Anfang Juli 1995 hätten die Grünen »viel bewegt«; der von ihnen angestrebte ökologische »Kurswechsel« sei jedoch von der nordrhein- westfälischen SPD bislang »blockiert« worden. Dies gelte vor allem für die Verkehrs- und Wirtschaftspolitik, für die im Düsseldorfer Kabinett Wolfgang Clement (SPD) verantwortlich zeichnet.
Zugleich richtete der Landesparteitag eine deutliche Warnung an die Landes-SPD: »Wenn in grundlegenden Fragen vom Koalitionspartner eine Richtung eingeschlagen und gegangen wird, die uns ein Weitermachen nur unter Aufgabe der eigenen Identität ermöglicht, dann müssen wir diese Koalition verlassen.« Der Chef der grünen Landtagsfraktion, Roland Appel, betonte, Rot-Grün sei »nicht als reine Mehrheitsperspektive lebensfähig, sondern nur als gesellschaftliches Reformprojekt«. Die NRW-Grünen seien »keine Sklaven einer Bonner Perspektive.« Die Bonner Grünen- Fraktionsprecherin Kerstin Müller forderte, das rot-grüne Bündnis in Düsseldorf müsse »ökologisch-sozialen Aufbruch signalisieren und nicht mühseligen Machterhalt«.
AFP/jW
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