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Diesner-Prozeß fortgesetzt

Neonazi schoß auch noch nach dem Polizistenmord weiter

Der Berliner Rechtsextremist Kay Diesner (24) hat auch nach den tödlichen Schüssen auf einen 34jährigen Polizeiobermeister aus Eutin im Februar noch mehrfach von seiner Schußwaffe Gebrauch gemacht. Übereinstimmend sagten am Freitag drei der an der Fahndung beteiligte Polizisten vor dem Lübecker Landgericht aus, sie hätten gesehen und gehört, wie auf sie geschossen worden sei. Während seiner Flucht von dem Autobahnparkplatz an der A 24 Hamburg - Berlin am 23. Februar versuchte Diesner, seine Verfolger durch gezielte Schüsse aus seiner halbautomatischen Schrotflinte abzuschütteln.

In Lauenburg/Elbe hatte Diesner seinen Wagen quer gestellt und sein Gewehr auf den nachfolgenden Streifenwagen angelegt. »Ich sah seine Waffe im Anschlag und warf mich halb auf den Beifahrersitz«, sagte ein Beamter aus. »Danach hörte ich es zweimal knallen - später fand ich im Blech der Motorhaube ein Geschoß.«

Auf der Bundesstraße 209 zwischen Lauenburg und Schwarzenbeck wurde Diesner schließlich gestellt. Auch dort soll er, nachdem er sich aus der Beifahrertür seines langsam ausrollenden Wagens geworfen hatte, noch mehrmals auf die Beamten geschossen haben. »Ich sah ihn aus der Beifahrertür rollen und gleich wieder aufstehen«, bewertete ein 32jähriger Polizist diese Aktion als »professionell«. Dann, so schilderte der Zeuge, habe er sich in einen Graben geschmissen. »Über meinem Kopf hat es dann zweimal gepfiffen.« Wenig später habe er Diesner rufen gehört: »Ich gebe auf!«

Der Prozeß wird am Donnerstag und Freitag kommender Woche fortgesetzt. Dann werden unter anderen die Mutter des Angeklagten und zwei seiner Bekannten gehört.