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Aus: Ausgabe vom 04.11.2010, Seite 13 / Feuilleton

Gespenst in Ungarn

In Budapest soll die Zentralbibliothek nicht mehr nach Ervin Szabó benannt sein. Das fordert Staatssekretär Géza Szöcs, der sich damit willfährig zum Sprachrohr nationalkonservativer, aber nicht sonderlioch prominenter Historiker macht, die mit einer solchen Forderung mehr Aufmerksamkeit erheischen wollten. Szabó war noch nicht einmal Kommunist – die ungarischen KP gründete sich 1918 zwei Monate nach seinem Tod. Szabó war linker Sozialdemokrat und stand anarchosyndikalistischen Ideen nahe. Darüber hinaus hat er Konzeptionen für Biobliotheken entwickelt. Aber er hat das Vorwort zu einer ungarischen Ausgabe des »Kommunistischen Manifests« geschrieben.

In der Neuen Zürcher Zeitung vom Mittwoch scheibt György Dalos: »Ein Gespenst geht um in Ungarn – das Gespenst des nachträglichen und deshalb risikofreien Antikommunismus. Offensichtlich ist dies ein gesamtosteuropäisches Phänomen, wenn man die sarkastische Bemerkung des rumäniendeutschen Schriftstellers Richard Wagner in Betracht zieht, der zufolge entsprechend es in Rumänien inzwischen fast ebenso viele Antikommunisten gibt, wie es unter Ceausescu Genossen gab.« (jW)

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