Aus: Ausgabe vom 12.11.2010, Seite 13 / Feuilleton
Schwachsinn von Udo Lindenberg
In Berlin-Neukölln wird zur Zeit das Musical »Hinterm
Horizont« eingeübt, das Mitte Januar im Theater am
Potsdamer Platz Premiere haben soll. Die Rock-Operette von Ulrich
Waller und Thomas Brussig soll als das Vermächtnis von Udo
Lindenberg vermarktet werden. Ausgangspunkt ist das Lindenberglied
»Mädchen aus Ostberlin« von 1973. Die
Musical-Handlung geht so: Udo Lindenberg lernt 1983 bei seinem
berühmt gewordenen Auftritt im Palast der Republik eine
gewisse Jessy kennen, die als Kind linientreuer Eltern in einem
FDJ-Chor singt. Da nimmt sich das Ministerium für
Staatssicherheit nicht nur des Mädchens, sondern gleich des
gesamten Phänomens Udo an. Jessy wird zu Spitzeldiensten
gezwungen– sie wollte Udo heimlich einen Liebesbrief zukommen
lassen, wofür ihr Bruder im Gefängnis landet. Parallel
hat innerhalb des MfS bereits das Casting für einen
»Super-Udo« aus der DDR begonnen, der dem Westvorbild
Konkurrenz machen soll. Stasi-Chef Mielke läßt
darüber hinaus Lindenbergs Wirkung auf die ostdeutschen
Jugendlichen wissenschaftlich untersuchen. Daß
zwischenzeitlich ein »kleiner Udo« in Jessy
heranwächst, wird der Bühnen-Udo erst viele Jahre
später erfahren, als ihm sein Sohn »livehaftig«
gegenübersteht. Weitere Pointe: Die Stasi findet einen
perfekten Udo Nummer zwo; der hält sich sogar selbst für
den Panikrocker, ist aber Insasse der Irrenanstalt Herzberge. Als
er Minister Erich Mielke (Rainer Brandt) beschimpft, ist seine
Karriere beendet, noch ehe sie beginnt. Das Projekt scheitert. Wie
die ganze DDR. Doch nach dem Mauerfall soll es ein Wiedersehen
zwischen Udo und Jessy geben.
(dapd/jW)
(dapd/jW)
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