75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Sa. / So., 16. / 17. November 2024, Nr. 268
Die junge Welt wird von 2983 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Aus: Ausgabe vom 18.11.2010, Seite 3 / Schwerpunkt

Der Euro macht Probleme

Von Herbert Wulff
Ein trotz des aktuellen Absatzbooms kritisches Bild der bundesdeutschen Wirtschaftsentwicklung zeichnete Professor Gustav Horn vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung. Die von Teilen der Politik gefeierten Exportüberschüsse Deutschlands zögen gravierende Ungleichgewichte und schmerzliche Anpassungsprozesse nach sich, argumentierte der Ökonom bei einer IG-Metall-Tagung, die am Mittwoch in Frankfurt am Main zu Ende ging. So seien die Leistungsbilanzdefizite anderer europäischer Länder die Kehrseite des deutschen Exporterfolgs. Dabei sei es kein Zufall, daß die hohen Überschüsse im bundesdeutschen Außenhandel insbesondere seit Einführung des Euro zu verzeichnen seien. Vorher konnten derartige Ungleichgewichte durch die Auf- und Abwertung nationaler Währungen zumindest teilweise ausgeglichen werden. »Dieser Korrekturmechanismus über die Wechselkurse ist seit der Euro-Einführung weg«, sagte Horn.

»Bei strukturellen Ungleichgewichten im Außenhandel geraten Defizitländer irgendwann an die Grenze ihrer Kreditwürdigkeit«, so der IMK-Experte mit Verweis auf die Entwicklungen in Griechenland, Irland und anderen Staaten. Das sei aber nicht nur das Problem dieser Länder, sondern schlage auch auf die deutsche Volkswirtschaft zurück. Als eine der Ursachen für das dauerhafte Exportplus sieht Horn den unterdurchschnittlichen Anstieg der Lohnstückkosten in der Bundesrepublik. Diesen wiederum führt er auf die schwache Entwicklung der Effektivlöhne zurück, die Produktivität habe sich hierzulande hingegen etwa so entwickelt wie im restlichen Euro-Raum.


Horns Schlußfolgerung: Das außenwirtschaftliche Gleichgewicht müsse wiederhergestellt werden – u.a. durch eine Steigerung der Löhne und Gehälter. Aus volkswirtschaftlicher Sicht seien jährliche Einkommensverbesserungen von drei bis 3,5 Prozent sinnvoll. Der Wissenschaftler verwies darauf, daß das Produktionsniveau aus der Zeit vor der Krise noch längst nicht erreicht sei. Prognosen zufolge werde dies erst Ende kommenden Jahres der Fall sein. Wie nachhaltig die Entwicklung ist – und ob die Eliten aus der Krise gelernt haben – müsse sich also erst noch erweisen.

Mehr aus: Schwerpunkt