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Aus: Ausgabe vom 01.09.1997 / Ausland

Algerischer FIS-Führer: Bereitschaft zum Ende der Gewalt

Aufruf soll ernsthaften Dialog einleiten. Erneut Mordanschläge

Die verbotene Islamische Heilsfront (FIS) hat sich am Sonnabend bereit erklärt, zu einem sofortigen Ende der Gewalttaten in Algerien aufzurufen. FIS-Führer Abassi Madani unterbreitete dieses Angebot in einem Schreiben an UN-Generalsekretär Kofi Annan.

Die FIS ist seit März 1992 verboten. Damals begann der Bürgerkrieg in dem nordafrikanischen Land, bei dem seither nach westlichen Schätzungen mehr als 60 000 Menschen getötet wurden.

In dem Brief heißt es, der Aufruf solle der Beginn »zur Eröffnung eines ernsthaften Dialogs« sein. Auf Anfrage bestätigte Madani in Algier, daß er der Autor des Schreibens sei. Veranlaßt habe ihn dazu die jüngste Serie von Massakern. Madani war am 15. Juli nach sechs Jahren Haft auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen worden. Ihm wurde jegliche politische Betätigung verboten. Die FIS hatte bereits mehrfach die Massaker an Zivilisten verurteilt und sie der Bewaffneten Islamischen Gruppe (GIA) oder Sicherheitskräften der Regierung zugeschrieben.

Bei den ersten freien Parlamentswahlen 1991 hatte sich nach dem ersten Durchgang der Wahl ein deutlicher Sieg der FIS abgezeichnet. Daraufhin annullierte die Staatsführung den zweiten Wahlgang und verbot im März 1992 die FIS.

Bei neuen Bombenanschlägen und einem Massaker sind am Wochenende in Algerien erneut insgesamt neun Menschen getötet worden. Das berichtete die algerische Presse am Sonntag. Danach explodierten in Tlemcen im Westen des Landes in der Nacht zum Samstag drei Sprengsätze im Abstand von wenigen Minuten. Zwei Menschen wurden getötet, mehrere verletzt. In der Nähe von Tiaret südwestlich von Algier wurden am Freitag sechs junge Schäfer mit durchschnittenen Kehlen gefunden. In Zedine, ebenfalls südwestlich von Algier, wurde ein Mensch ermordet, wie die Zeitung Liberté berichtete.

(AFP/AP/jW)