Bonn: Selbstlob im Überfluß
Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt ist fast zufrieden. Am Mittwoch wurde dem Kabinett in Bonn ein Bericht des Ministers vorgelegt, in dem er eine Zwischenbilanz des Anfang 1996 von der Regierung aufgelegten »Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung« zog. In dem Bericht heißt es, daß mittlerweile »fast alle angekündigten Maßnahmen umgesetzt beziehungsweise eingeleitet« worden seien. Die Liste seiner Erfolgsmeldungen ist lang. Wichtige Investitionshemmnisse und Überregulierungen seien beseitigt worden. Weitere, die Wirtschaft entlastende Maßnahmen sind nach dem Bericht die »Entlastung« der gesetzlichen Krankenversicherung, die Verminderung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall - allein durch diese Maßnahme hätten sich für die Unternehmen »Entlastungen in zweistelliger Milliardenhöhe« ergeben - und die Aufweichung des Kündigungsschutzes. Wenn man die Umsetzung des Programms »fair« betrachte, könne man feststellen, daß schon »unerhört viel erreicht« worden sei, so Rexrodt. Nur ein Wermutstropfen mischt sich in den Sekt, ausbleibende neue Arbeitsplätze. Rexrodts Staatssekretär Klaus Bünger räumte dann auch ein, daß Erfolge auf dem Arbeitsmarkt mit dem Programm bislang nicht hätten erzielt werden können. Schuld daran sind für Bünger die Globalisierung der Wirtschaft, die ausbleibende Konjunktur und vor allem die SPD. Die habe nämlich mit der Steuer- und Rentenreform die wichtigsten Teile des Aktionsprogramms blockiert.
Die Bilanz, zumindest die Aussagen betreffs der gestiegenen Unternehmergewinne und der ausbleibenden Beschäftigungswirkung, kann Claus Eilrich, Pressesprecher der IG Metall, durchaus bestätigen. Erleichterungen bei den Kündigungen und Verminderung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall könne man durchaus als Erfolg feiern, wenn man nur steigende Aktienkurse und Unternehmensgewinne im Kopf habe. Hätte man sich dagegen soziale Gerechtigkeit und Beseitigung der Arbeitslosigkeit auf die Fahnen geschrieben, dann hätten die Maßnahmen »nichts und wieder nichts« gebracht. Im Gegenteil erwarte man für den heutigen Donnerstag aus Nürnberg wieder einmal die höchsten Arbeitslosenzahlen seit 1945. Das läge nicht zuletzt daran, daß dieses Programm von der Bundesregierung »aus dem Hut gezaubert« und die Gewerkschaft nicht daran beteiligt worden sei, so Claus Eilrich.
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