Aus: Ausgabe vom 15.03.2011, Seite 3 / Schwerpunkt
Hintergrund: AKW Fukushima kaum zu beeinflussen
Die drei Reaktoren des japanischen Atomkraftwerks Fukushima I, in
denen auch nach Einschätzung der Regierung eine Kernschmelze
droht, können laut Experten fast nur noch sich selbst
überlassen werden. »Es bestehen aus technischer Sicht
kaum Möglichkeiten, den Unfallablauf noch irgendwie zu
beeinflussen«, sagte der ehemalige Geschäftsführer
der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit Lothar
Hahn am Montag in Berlin. Es gebe unterschiedliche
Einschätzungen, ob es bereits Leckagen gebe. Die Tatsache,
daß Mitarbeiter der Kernkraftwerke bereits in
Krankenhäuser behandelt würden, lasse Schlimmstes ahnen.
Der ehemalige Leiter für Reaktorsicherheit im
Bundesumweltministerium Wolfgang Renneberg sagte: »Es
bestehen ganz große Risiken, daß auch die
Sicherheitshüllen (um die Brennstäbe) beschädigt
werden.« Er sagte: »Dann liegt das ganze Inventar
frei.« Dieses hochradioaktive Material sei größer
als in Tschernobyl, wobei dort noch Feuer dazugekommen sei. Das sei
in Fukushima nicht zu erwarten. Die letzte verbleibende
Möglichkeit sei es, die Sicherheitsbehälter zu fluten und
zu kühlen, sagte Renneberg. Dabei könne Wasser mit der
Metallschmelze in Kontakt kommen. Die Bildung von Wasserstoff sei
die Folge. »Es kann abgelassen werden. Es kann aber auch
sein, daß der Wasserstoff im Sicherheitsbehälter
explodiert.« Renneberg sagte: »Es bestehen ganz
große Risiken, daß auch die Sicherheitshülle
beschädigt wird.« Er warf der japanischen Regierung
Verharmlosung vor. »Jetzt noch zu behaupten, es bestehe keine
Gefahr, ist fahrlässig. Es sind im Moment noch keine Anzeichen
da, daß sich die Situation stabilisiert.« Das Szenario
eines ausfallenden Kühlsystems mit den Folgen von Fukushima
sei auch in Deutschland möglich, sagte Hahn. »Da gibt es
keine qualitativen Unterschiede.« Für den Fall einer
Beschädigung der Hülle sagte Renneberg: »Die
Behörden werden nicht umhinkommen, eine Sperrzone um die
Anlage zu legen.« Rund 30 Kilometer wie in Tschernobyl seien
vorstellbar. Alles andere sei eine Frage des Wetters. Japan,
Rußland und China könnten von erheblicher Belastung
betroffen werden. (dpa/jW)
Ähnliche:
- 15.03.2011
Es fehlt an allem
- 15.03.2011
Trugschlüsse
- 14.03.2011
Alle AKW abschalten!
Regio:
Mehr aus: Schwerpunkt
-
Trugschlüsse
vom 15.03.2011 -
Es fehlt an allem
vom 15.03.2011