Udo Weinrich
Der Rentenversicherung fehlen bis zu 10 Milliarden DM, Bundesregierung, Koalitionsfraktionen und die alternativen Standortkommandanten von der Opposition wetteifern darin, den abhängig Beschäftigten und 17 Millionen Rentnern und Rentnerinnen weitere Opfergaben abzupressen. Ursprünglich wollte die Bonner Koalition ihr Rentenkonzept ab 1999 in Kraft setzen. Damit sollen u.a. durch schrittweise Senkung des Rentenniveaus und Abstriche bei den Invalidenrenten künftige Lasten durch den höheren Anteil alter Menschen an der Bevölkerung gemildert werden. Verwirrung stifteten bereits die Äußerungen der Politiker zum Beitragssatz. Schon längst ist klar geworden, daß die für 1998 prognostizierte Entspannung bei der Rentenversicherung nicht eintreten und die versprochene leichte Beitragssenkung um 0,3 Prozentpunkte ausbleiben wird.
Koalition und SPD wollen den Beitragssatz und die Mindereinnahmen durch Steuererhöhungen ausgleichen. Die SPD favorisiert die Erhöhung der Mineralölsteuer. Die Koalition will lieber die Mehrwertsteuer heraufsetzen. Dem müßte jedoch die SPD über den Bundesrat zustimmen. Zwar wehrt sich die SPD nicht grundsätzlich gegen die Anhebung der Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt; sie knüpft ihre Zustimmung aber an die Bedingung, daß die erwarteten Mehreinnahmen von 15 Milliarden DM eingesetzt werden, um die versicherungsfremden Leistungen (Fremdrenten, Anerkennung von Ausbildungs- und Studienzeiten) zu finanzieren. Herz-Jesu-Marxist Blüm möchte den Bundeszuschuß ohne diese »Zweckbindung« erhöhen, weil er damit rechnet, daß diese Ausgaben schon in wenigen Jahren sinken werden.
Im Vermittlungsverfahren zur Steuerreform sah die Koalition plötzlich eine Chance, die Zustimmung der SPD für eine Mehrwertsteuererhöhung zugunsten der Rentenkassen zu gewinnen. Rasch beschloß sie Anfang August im Bundestag mit ihrer Mehrheit in einem Entschließungsantrag, Rentenreform und Beitragsentlastung schon ab 1998 in Kraft zu setzen. Diese Rechnung war jedoch ohne die SPD gemacht. Die lehnt nämlich nicht nur die Rentenreformpläne der Koalition ab. Sie will außerdem zur Beitragsentlastung bei den Renten die Mineralölsteuer erhöhen und das Aufkommen aus einer höheren Mehrwertsteuer dafür verwenden, die Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung um jeweils einen Prozentpunkt zu senken.
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vom 13.09.1997